Die seit Monaten anhaltenden Proteste gegen die serbische Regierung sind am Montag im Parlament in Belgrad vollends eskaliert. Bei der Verkündung der Tagesordnungspunkte stürmten mehrere Oppositionspolitiker auf Parlamentspräsidentin Ana Brnabic zu und lieferten sich eine Schlägerei mit Sicherheitskräften. Zudem wurden Rauchbomben und Tränengas abgefeuert. Auch Eier und Wasserflaschen flogen herum. Laut serbischen Medien gibt es zwei Verletzte.
Eine ältere Abgeordnete erlitt dem Vernehmen nach einen Herzinfarkt und schwebt in Lebensgefahr. Bei der anderen Verletzten handelt es sich um eine Parlamentarierin, die im achten Monat schwanger ist.
Parlamentspräsident an Protestierende: „Schämt euch!“
Parlamentspräsidentin Brnabic entschloss sich jedoch, die Sitzung nicht zu unterbrechen. Die Reden der Politiker wurden anschließend immer wieder von lauten Parolen und Trillerpfeifen gestört. Die Redner mussten wegen Hustenanfällen mehrmals Pausen einlegen. Zeitweise ähnelte die Sitzung einem Fußballmatch in einem ausverkauftem Stadion. Die Parlamentschefin versicherte: „Ihr werdet die Arbeit des Parlaments nicht blockieren. Ihr seid eine Bande von Terroristen. Schämt euch!“
62 Punkte, darunter zahlreiche Gesetzesentwürfe, standen am Dienstag auf dem Programm. Die Versammlungsführerin beschuldigte die Opposition, für die Tumulte verantwortlich zu sein. Erst nach Annahme aller Gesetzesvorschläge soll das Parlament den bereits am 28. Jänner eingereichten Rücktritt von Premier Milos Vucevic zur Kenntnis nehmen.
Opposition: „Regierung hat keine Legitimität mehr“
Die Opposition möchte, dass das Parlament nur einen Gesetzesentwurf behandeln soll, durch welchen mehr Finanzmittel für staatliche Universitäten gesichert würden. Dies ist eine der Forderungen der bereits seit Monaten anhaltenden Studentenproteste. Die Regierung habe keine Legitimität mehr und könne keine Gesetze mehr vorschlagen, meinte Marinika Tepic von der oppositionellen Partei Freiheit und Gerechtigkeit (SSP) im Hinblick auf den Rücktritt des Premiers.
Seit Bahnhofsunglück steckt Land in politischer Krise
Studenten, die seit Ende November alle staatlichen Universitäten unter Blockade halten, haben sich kurz vor Mittag vor dem Parlament zu 15 Gedenkminuten versammelt. Damit wird täglich an die 15 Todesopfer des Einsturzes des Bahnhofvordachs in Novi Sad am 1. November 2024 erinnert. Die Studenten und die Opposition, aber auch die breite Öffentlichkeit sehen den Grund für den Unfall in der Korruption. Seit dem Unfall steckt Serbien in einer politischen Krise. Staatspräsident Aleksandar Vucic macht „ausländische Einmischung“ zum Teil für die Proteste verantwortlich.
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