Fünf Jahre nach dem Ausbruch der Corona-Pandemie in Österreich blicken Menschen aus ganz verschiedenen Lebensbereichen auf eine Zeit zurück, die sowohl persönliche als auch gesellschaftliche Umwälzungen mit sich brachte.
Die ersten Nachrichten über das Virus, das die Welt eroberte, kamen wie ein unheilvolles Murmeln aus der Ferne. Doch plötzlich war es da – greifbar, real, und auch in den entlegensten Tälern Kärntens angekommen. Der Lockdown kam schneller, als viele sich es vorstellen konnten. Eine Angst lag in der Luft, die nicht nur die Körper, sondern auch die Herzen lähmte.
„An den ersten Corona-Fall in Kärnten kann ich mich erinnern, als wäre es gestern gewesen. Eine Italienerin in Bad Kleinkirchheim. In unseren Köpfen war das der Patient Null – für uns in Kärnten. Dann ist sukzessiv die Infektionsrate nach oben gestiegen, und die Maßnahmen fingen an“, erinnert sich Andreas Brunner, diplomierter Gesundheits- und Krankenpfleger, der auch eine Stationsleitung im UKH Klagenfurt über hat.
„Wir nehmen die Krankheit mit nach Hause“
„Wir hatten alle Angst. Es waren existenzielle Ängste. Das ethische Dilemma, eine Verpflichtung der Hilfestellung der Bevölkerung und der Gesellschaft im Sinne einer adäquaten Gesundheitsvorsorge und gleichzeitig nicht zu wissen, was machen wir, wenn wir betroffen sind? Wir nehmen die Krankheit mit nach Hause zu unseren Kindern und Familienmitgliedern. Am Anfang haben wir nur von Todesfällen und Beatmungsgeräten gehört. Die Anfänge waren sehr schwer.“
Wir mussten uns aufrüsten mit Desinfektionsmittel, Isolierungsoveralls, mit FFP2 Masken, Isolierungseinrichtungen, Umzieh-Schleusen usw.
Andreas Brunner, diplomierter Gesundheits- und Krankenpfleger
Bei den Patienten sind die Maßnahmen teilweise auf Widerstand gestoßen. „Belächelnde oder abwertende Meinungen gab es immer wieder. Positiv Getestete verließen auch die Zimmer, Gott sei Dank nicht die Station. Ich habe in einem Gespräch versucht zu erklären, dass das Krankenhaus ein sensibler Bereich ist. Es gibt hier Patienten, die kein gesundes Immunsystem haben. Dann hab‘ ich an die Solidarität appelliert.“
„Wir sahen aus wie Marsmännchen“
Brunner, der auch Pflege und Gesundheitsmanagement studierte, stellte sich mit seinen Kollegen jeglichen Herausforderungen, was nicht immer einfach war. „Was mir sehr schwergefallen ist, war der Umgang mit Pflegeheimpatienten. Weil gerade diese Patienten einen erhöhten Schutz brauchen. In einem Pflegeheim sind großteils demente Patienten. Man kann sich vorstellen: Der arme alte Mensch stürzt, hat Stress, kennt sich nicht aus. Er kommt ins Krankenhaus und sieht kein normales Gesicht, spürt keine menschliche Berührung – sondern sieht uns nur adjustiert wie Marsmännchen herumlaufen. Das ist uns menschlich sehr schwergefallen. Emotional war das sehr schlimm, aber es ist nicht anders gegangen.“
Leere Säle für Schauspielerin
Die Straßen blieben leer, die Gespräche in den Cafés erloschen, die Bühnen blieben dunkel und die Menschen blickten unsicher in die Zukunft. Die bekannte Schauspielerin und Sprecherin Eva Maria Frank kann aus der Coronazeit doch etwas Positives mitnehmen.
„Ich hatte relativ viel Glück, da ich als Sprecherin gut gebucht war. Auch während Corona konnte ich arbeiten. Außerdem war ich auch gerade schwanger – ich hatte dann quasi meine Karenzzeit, wo eh sonst niemand gearbeitet hat“, erinnert sich die sympathische Kärntnerin.
Viel Zeit für Familie
„Wir waren viel spazieren und waren für uns. Das war das Gute an der Pandemie. Wir hatten viel Zeit für uns als Familie.“ Corona hatte für die Ehefrau von Otto Jaus aber auch einige unangenehme Momente: „Ich musste meinen Schwestern über Skype sagen, dass ich schwanger geworden bin, das war schon ein Horror, da war der erste Lockdown.“
Es war am Anfang, nach Corona, dann schon irgendwie komisch, die Leute wieder mit einem Bussi-Bussi zu begrüßen.
Eva Maria Frank, Schauspielerin
Die gebeutelte Kunst- und Kulturszene stand für lange Zeit still. „Es war unbegreiflich für die Leute, die auf der Bühne stehen, dass sie ihren Job nicht ausüben konnten, und das über eine lange Zeit. Leute mussten ihren Job wechseln, weil sie ihren Beruf nicht mehr ausüben konnten“, erinnert sich Frank. „Jetzt bin ich einfach nur froh, dass wir es los sind, dass es nicht mehr Thema ist.“ Aktuell dreht die gebürtige Krumpendorferin gemeinsam mit ihrem Mann den Film „Neo Nuggets“ (die Fortsetzung von „Pulled Pork“) und spielt in Wien Theater. Im Kinofilm „Pfau“, der gerade in den Kinos läuft, ist Frank auch mit dabei. „Den kann ich sehr empfehlen“, schmunzelt die quirlige Schauspielerin.
In den Dörfern und Städten begann die Stille zu wachsen. Menschen standen mit Masken in den Regalen der Supermärkte, als wäre die Welt in einem fremden Film. Der Geruch von Desinfektionsmittel stieg in die Nase und setzte sich in den Gedanken fest, als ob er nie mehr weichen würde. In dieser Zeit die Matura zu absolvieren, war mehr als eine Herausforderung. Nicht nur schulisch, sondern auch in einer Entwicklungsphase, wo Freundschaften immens wichtig sind.
„Der erste Lockdown-Tag, der 16. März, war tatsächlich an meinem 19. Geburtstag. Zuerst haben wir uns gedacht, es wird so zwei, drei Tage dauern, dann gehen wir eh wieder normal in die Schule. Nach einer Woche wurde uns dann bewusst, dass Corona doch ernster ist.“ Jeden Tag wurde auf neue Informationen gewartet. „Wir haben immer geschaut, was der Bildungsminister sagt, wie es mit der Matura weitergeht.“ Die Diplomarbeitspräsentation wurde ebenfalls abgesagt.
Zuerst haben wir uns gedacht, es wird so zwei, drei Tage dauern, dann gehen wir eh wieder normal in die Schule. Nach einer Woche wurde uns dann bewusst, dass Corona doch ernster ist.
Schülerin Anna Wachernig
Semesternote statt mündliche Matura
Aufgrund der Absage der mündlichen Matura wurde dann die Semesternote für das Maturazeugnis übernommen. „Für mich war's gut, weil mein Halbjahreszeugnis nicht so schlecht war. Andere wiederum spekulierten, dass sie bei der mündlichen Matura eine gute Note haben werden, was dann leider nicht möglich war. Die schriftliche Matura war dann relativ normal.“ Die Vorbereitung für die Matura fand online statt, ohne Kontakt mit ihren Schulkameraden. „Es war sehr schade. Gerade im letzten Jahr wusste man, dass man sich danach nicht mehr so viel sieht.“ Bei der Maturafeier wurde dann – streng kontrolliert – gefeiert. „Die Maturareise ist dann natürlich auch ins Wasser gefallen.“
„Ich finde es schade, dass wir keine mündliche Matura hatten, weil irgendwie will man sich natürlich auch beweisen. Für mich hat sich die Matura ein bisschen leicht verdient angefühlt.“ Vorurteile wegen der Corona-Matura findet Wachernig aber unangemessen. „Man muss sich später eh behaupten, da ist es dann egal, was man bei der Matura hatte.“
Vermisst hat die damalige Maturantin den Kontakt zu ihren Freunden, doch prinzipiell war der erste Lockdown doch irgendwie schön. „Meine Mama hat zu mir und meinen Geschwistern gesagt: ,Nützt die Zeit zu Hause mit der Familie aus – das werdet ihr nie wieder so lange haben.‘ Dadurch, dass wir ein großes Haus haben, war es dann sehr harmonisch.“
Die ersten Tage der Pandemie in Kärnten waren geprägt von einem Nebel aus Ungewissheit, Angst und einem Hauch von Hoffnung. Doch sie hinterließen eine unauslöschliche Erinnerung – die Erinnerung an eine Zeit, in der sich alles veränderte und die Welt nie wieder so war wie zuvor.
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