Eine „Secret Sauce“, eine Art Zaubertrank soll es sein, was VWs künftigen Kleinststromer erfolgreich machen soll. Nach viel „Quatsch mit Soße“, dem Bruch mit Renault und der Brüderschaft mit Rivian hat Volkswagen nun endlich den ID.1 als Concept Car präsentiert.
ID.Every1 heißt das schicke, kleine Elektroauto, dessen Serienversion in weniger als drei Jahren zu Preisen ab rund 20.000 Euro die Massen elektrisieren und den Namen Volkswagen wieder mit Sinn erfüllen soll.
Schon vor zwei Jahren hat VW-Chef Thomas Schäfer versprochen, dass 2026 oder 2027 so ein Einstiegs-E-Auto kommen wird, ohne im Entferntesten zu wissen, wie die Herausforderungen zu lösen sein würden, wie er im „Krone“-Gespräch offen zugab. Aber natürlich kann man das Feld der Brot- und Butter-Stromer nicht der Konkurrenz überlassen. Wie so oft wird VW nicht der Erste sein, doch wieder könnte sich zeigen, dass, wer später kommt, vielleicht sogar einen Vorteil hat.
Volle Breitseite
Und VW meint es ernst mit der Breitseite auf die Massen – im Wortsinn: Der ID.Every1 fällt in seinen Proportionen vor allem durch die Breite auf: 1,82 Meter ohne Außenspiegel lassen ihn bullig dastehen, zumal mit seinen wuchtig ausgestellten Radhäusern und den 19-Zoll-Rädern (die um 20.000 Euro sicher nicht zur Serienausstattung gehören werden).
Denn mit 3,88 Meter Länge übertrumpft er zwar den bis 2023 gebauten up! um satte 28 Zentimeter, im Verhältnis zur Breite ist er aber dennoch extrem kurz. Und mit 1,49 m auch relativ flach.
Zum Vergleich: Der Hyundai Inster ist 3,83 Meter lang, aber nur 1,61 Meter breit, dafür 1,58 m hoch. So hat der ID.1 das Zeug, dem Mini Cooper Electric den Rang als coolster Elektro-Kleinwagen (diesseits der aktuellen Retrokracher von Renault) abzulaufen. Dessen Abmessungen (3,86 m lang, 1,76 m breit, 1,46 m hoch) sind noch am ehesten vergleichbar. Der Preis nicht: Der Mini fängt bei rund 30.000 Euro an.
Jedenfalls tut die neue Designlinie, die mit dem ID.2all (der 2026 ab 25.000 Euro als ID.2 auf den Markt kommt) eingeführt wurde, der Marke richtig gut. Die Grinsegesichter der bisherigen ID-Fahrzeuge scheinen wieder Charakterfronten zu weichen.
Erinnert der ID.2 noch an den Golf 1 (obwohl er Polo-Format hat), denkt man beim ID.1 (wir lassen das „Every“ jetzt weg) mehr an einen Polo (trotz up!-Format). Beim Heck des Concepts will Chefdesigner Andreas Mindt mit der schwarz umrandeten Heckscheibe aber gleichermaßen den VW up! wie den ersten Golf GTI zitieren. Die breite C-Säule ist ganz klar ein Golf-Insigne.
Chic, sympathisch, pragmatisch
Trotz der geringen Größe bietet der ID.1 Platz für vier Personen und 305 Liter Gepäck. Da dürften die Wolfsburger die Möglichkeiten der neuen Plattform voll ausgenutzt haben. Die neue Electric Urban Car Family steht auf dem neuen modularen E-Antriebs-Baukasten mit Frontantrieb. Es wird also auch hier keinen Frunk geben, dafür einen großen Kofferraum.
Antrieb perfekt für Stadt und Speckgürtel
Die Studie wird von einer neu entwickelten E-Maschine mit 70 kW/95 PS angetrieben, die mit dem noch nicht näher bezeichneten Akku „mindestens 250 Kilometer“ weit kommen soll. Völlig ausreichend für den Einsatz als Stadt- oder Pendler-Fahrzeug. Die Höchstgeschwindigkeit beträgt 130 km/h.
Was ist nun die „Secret Sauce“?
Eigentlich macht eine geheime Sauce einen Döner einzigartig. In diesem Fall meint Andreas Mindt aber einen Design-Kniff, der den VW ID.1 unverwechselbar machen soll: Das Dach ist in der Mitte eingezogen, also abgesenkt (ohne die Kopffreiheit innen einzuschränken). In der Vertiefung sitzt die dritte Bremsleuchte und die Seiten werden über den Heckabschluss hinausgezogen. Dieses „Flying Roof Concept“ ist ebenso gut für die Optik wie für die Aerodynamik.
Funktionaler Innenraum mit Boom-Box
Das Interieur wurde bei der Weltpremiere noch nicht gezeigt, so weit sind sie noch nicht mit dem Concept. Aber VW verspricht, dass es von angenehmen Materialien und einem zentralen Touchscreen auf einem horizontal orientierten Armaturenbrett bestimmt wird. Darunter angeordnet sind Taster für Innenraumtemperatur, Sitzheizung und Audiolautstärke. Variabel konzipiert haben die Designer die Beifahrerseite. Hier kann auf einer Schiene zum Beispiel ein Tablet eingeklinkt werden. Ebenso lässt sich eine Ablage einhängen, die als Tisch genutzt werden kann. In der Armaturenmitte sind die digitalen Instrumente integriert.
Das Zweispeichen-Multifunktionslenkrad ist oben und unten abgeflacht. Die quadratische Form der Tastenfelder im Lenkrad wird an anderen Stellen wieder aufgenommen – etwa im Taster für die Außenspiegeleinstellung in der Fahrertür oder für einen kleinen, illuminierten und herausnehmbaren Bluetooth-Lautsprecher zwischen Fahrer und Beifahrer.
Feature wie im ID.Buzz
Besonders kreativ waren die Designer auch bei der Konsole zwischen den Vordersitzen. Ähnlich wie im ID.Buzz dient sie nicht nur als klassische Mittelarmlehne, sondern ist -auf einer Schiene bis in den Fond verschiebbar - ein multifunktionales Tool für alle Gäste an Bord. Nach vorn und hinten lassen sich verstellbare Ablagen herausziehen. Beifahrersitz und Rücksitze lassen sich mannigfaltig umklappen.
Wir sind gespannt, wie viel von alldem sich im Serienmodell wiederfinden wird. Stand jetzt ist VW etwas gelungen, was vielen anderen Herstellern offenbar schwerfällt (und in letzter Zeit auch VW selbst teilweise schwergefallen ist): ein modernes und doch zeitloses Auto zu bauen. Eigentlich eine Kernkompetenz der Marke.
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