Am Mittwochabend wurde in Graz das Elevate Festival eröffnet, das heuer unter dem Motto „Trust Issues“ die Vertrauenskrise zum Thema macht. Das Duo Navaridas/Deutinger lieferte mit der Eröffnungsperformance „Bounce“ einen ersten Festival-Höhepunkt.
Vertrauen Sie der Politik? Vertrauen Sie Ihrem Chef? Vertrauen Sie mir? Es sind große Fragen, die Moderatorin Lori Baldwin in einer poetischen Tirade bei der Eröffnung des heurigen Elevate Festivals im Grazer Orpheum in den Raum wirft. Freilich sind es keine neuen Fragen, seit Jahren herrscht (neben oder wegen all der anderen Krisen) eine Vertrauenskrise – und genau dieser will sich das heurige Elevate mit dem Motto „Trust Issues“ zuwenden.
Da war es nur passend, dass Festival-Leiter Bernhard Steirer bei der Eröffnung auch die aktuelle Vertrauenskrise zwischen heimischer Kulturszene und Politik zum Thema gemacht hat: Lange Zeit hätte man sich als Veranstalter auf eine vertrauensvolle Beziehung zu den Fördergebern verlassen können. „Doch dieses Verhältnis ist getrübt, der Umgangston hat sich geändert und das ist schade. Ich appelliere dafür, zum guten Stil zurückzukehren“, sagt er in Anspielung auf die jüngsten Kürzungen im Budget und die übereilte Umbesetzung des Kulturkuratoriums. Es war Kritik, die die politischen Verantwortlichen vielleicht erwartet hatten – und nicht hören wollten: Kulturlandesrat Karlheinz Kornhäusl jedenfalls war „verhindert“.
Sprungseil als Taktgeber
Zum Glück nicht verhindert war das Grazer Duo Deutinger/Navaridas, das mit „Bounce“ eine eigene Konzert-Performance für die Eröffnung entwickelt hatte, die viele sprachliche Bilder der aktuellen Vertrauenskrise aufgriff: Der Boden, auf dem sich die Performer (Bruna Diniz, Matteo Haitzmann, Marta Navaridas) in „Bounce“ bewegen, ist hypersensibel. Jeder kleine Schritt löst eine akustische Schockwelle aus, die von den Musikern (Eduardo Raon und Manuel Riegler) aufgegriffen werden kann. Die Frage ist: Findet man einen gemeinsamen Rhythmus, kann man in einen geteilten Resonanzraum eintreten, oder stolpert man nebeneinander her?
Sprungseile werden in „Bounce“ zum Taktgeber für eine kraftvoll-rohe Auslotung des Miteinanders. Die Performer hüpfen bis zur Ekstase und weit darüber hinaus. Denn erst nach der völligen Verausgabung, so scheint es, hat man die Kraft für poetische Innovation. Damit liefern Alex Deutinger und Marta Navaridas nicht nur einen ersten Festival-Höhepunkt, sondern auch eine perfekte Übersetzung dessen, wofür das Elevate steht: Ekstase in der Disco und Innovation im Diskurs.
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