„Krone“-Analyse

EU wird unfreiwillig von Zuseher zu Mitspieler

Außenpolitik
07.03.2025 06:00

Europa verlässt den Zuschauerrang, von dem aus es in den vergangenen Jahren der Ukraine enthusiastisch applaudiert hat, und muss gezwungenermaßen selbst aufs Spielfeld. Es geht darum, den von Donald Trump angestrebten Diktatfrieden für die Ukraine zu verhindern. Für Europa steht vieles auf dem Spiel.

Russlands Präsident Wladimir Putin will seine Vormachtstellung auf dem europäischen Kontinent ausbauen. Es geht ihm nicht um die Ukraine alleine. Das ist nur der Anfang. Ein klares Indiz dafür: Russland baut seine Streitkräfte weiter massiv auf, produziert Waffen und rekrutiert 10.000 zusätzliche Soldaten pro Monat. Osteuropäische Länder wie Polen sowie die Skandinavier und Balten, die eine Grenze zu Russland haben, haben das schon längst erkannt und rüsten auf. Polen bereitet sich sogar ernsthaft auf einen militärischen Konflikt vor.

Russland will USA raus aus Europa
„Russland hat eine doppelte strategische Vision: Die USA raus aus Europa – diesen Gefallen kündigt Donald Trump gerade ohne russisches Zutun an – und in der Folge eine politische Dominanz am europäischen Kontinent. Um das zu erreichen, wird man auch weiterhin sämtliche Mittel der hybriden Kriegsführung wie Desinformation, Manipulation von Wahlen, Beeinflussung politischer Randgruppen, bis hin zur Zerstörung virtueller und physischer kritischer Infrastruktur einsetzen“, sagt Brigadier Berthold Sandtner, Leiter des Institutes für Höhere Militärische Führung an der Landesverteidigungsakademie, zur „Krone“.

Brigadier Berthold Sandtner (Bild: Bissuti Kristian)
Brigadier Berthold Sandtner

Im Osten herrscht Angst vor Russland
Viele ehemalige Ostblock-Länder sehen die Gefahr, dass sie Putin wieder in den Schuss von Mütterchen Russland holen will. Sie sind noch viel stärkeren hybriden Attacken aus Russland ausgesetzt als der Westen. Ihre ohnehin instabilen politischen Systeme werden weiter destabilisiert. Beispiele dafür sind Bulgarien und Rumänien.

Eklat im Oval Office hat einige aufgeweckt
Seit dem Eklat zwischen dem ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj, Trump und seinem Vize JD Vance sind auch im restlichen Europa einige aufgewacht. Man sieht sich direkt der von Russland ausgehenden Gefahr ausgesetzt. Die USA stehen mit ihrem Nuklear-Schutzschirm nicht mehr dazwischen. Das zeigt der heutige Krisen-Gipfel deutlich und die Reaktion Norwegens, das ein NATO-Gründungsmitglied, aber kein EU-Land ist.

Das Land hat seine finanzielle Unterstützung für die Ukraine in diesem Jahr auf 7,2 Milliarden Euro erhöht. Bisher waren für 2025 Hilfsleistungen an das von Russland angegriffene Land in Höhe von knapp drei Milliarden Euro geplant. Norwegen grenzt im hohen Norden auf 198 Kilometern Länge an Russland. Der norwegische Ministerpräsident Jonas Gahr Støre sagte: „Wir befinden uns in der für Norwegen schlimmsten Sicherheitslage seit dem Zweiten Weltkrieg. Jens Stoltenberg, norwegischer Finanzminister und ehemaliger NATO-Generalsekretär, schrieb in einem Beitrag auf der Plattform X: „Europa muss mehr tun.“

Selenskyj mit dem norwegischen Ministerpräsidenten Støre   (Bild: AP)
Selenskyj mit dem norwegischen Ministerpräsidenten Støre  

Europa hat zu lange gezögert
Die europäischen Staats- und Regierungschefs waren in den vergangenen drei Jahren oft zu zögerlich, man ist den Entwicklungen hinterhergehinkt. Anstatt sich ständig in Empörung und Schrecken zu üben, wäre beispielsweise eine sofortige Zusage der bisher verweigerten Lieferung von weitreichenden deutschen Taurus-Raketen ein starkes Signal gewesen.

Trump überlässt Putin „Spielwiese Europa“
Donald Trump ist wild entschlossen, über die Köpfe Europas hinweg, die Ukraine in die Knie zu zwingen, um den von versprochenen, schnellen „Frieden“ zu bringen. Welchen Preis die Ukraine und Europa dafür zahlen müssen, ist für ihn irrelevant. Putin betrachtet Europa als seine Spielweise und Trump überlässt sie ihm, ohne mit der Wimper zu zucken.

Ungarn schert aus
Neben der fehlenden Wehrfähigkeit hat Europa auch mit Problemkindern wie Ungarn zu kämpfen. Ministerpräsident Viktor Orbán stimmte der Unterstützung für die Ukraine beim Gipfel nicht zu. Er pflegt lieber weiter gute Kontakte zum russischen Präsidenten Putin und hat zudem ein freundschaftliches Verhältnis zu Trump.

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