Die Staats- und Regierungschefs der EU haben sich am Donnerstagabend in Brüssel darauf geeinigt, deutliche Summen für die Wiederaufrüstung Europas zu mobilisieren. Die weitere finanzielle und militärische Unterstützung für die Ukraine wurde hingegen nur von 26 der 27 EU-Länder beschlossen. Ungarn war laut Diplomaten nicht dabei.
In einer Erklärung nahmen die Staats- und Regierungschefs den geplanten Vorschlag der EU-Kommission zur Kenntnis, einen Rüstungsfonds in Höhe von 150 Milliarden Euro zu schaffen.
„Existenzielle Herausforderung“
„Der russische Angriffskrieg gegen die Ukraine und seine Auswirkungen auf die europäische und globale Sicherheit in einem sich wandelnden Umfeld stellen eine existenzielle Herausforderung für die Europäische Union dar“, heißt es weiter in der Gipfelerklärung.
Die EU werde „ihre allgemeine Verteidigungsbereitschaft erhöhen, ihre strategischen Abhängigkeiten verringern, ihre kritischen Fähigkeitslücken schließen und die europäische verteidigungstechnologische und -industrielle Basis in der gesamten Union entsprechend stärken.“
„Europäisches Weißbuch für Verteidigung“
Die Kommission wird in der Erklärung aufgefordert, rasch konkrete Vorschläge und Projekte zur Stärkung der Verteidigungsbereitschaft auszuarbeiten und umzusetzen. Die EU-Chefs unterstreichen auch „in Anbetracht der Bedrohungen an den übrigen Grenzen der EU die Bedeutung ihrer Verteidigung“. Bereits bei der nächsten Tagung des EU-Gipfels in zwei Wochen in Brüssel wird das Thema wieder ganz oben auf der Agenda stehen. Die Kommission wird bis dahin ein „Europäisches Weißbuch für Verteidigung“ mit weiteren Vorschlägen und Optionen präsentieren.
Von der Leyen hatte im Vorfeld eine Lockerung der EU-Schuldenregeln vorgeschlagen und weitere Anreize zur Steigerung der nationalen Verteidigungsausgaben.
800 Milliarden Euro im Kampf gegen Russland
Insgesamt will sie bis zu 800 Milliarden Euro zur Verteidigung gegen Russland mobilisieren. Hintergrund ist das vorläufige Aus für die US-Militärhilfen an die Ukraine sowie die Annäherung von US-Präsident Donald Trump an Kreml-Chef Wladimir Putin.
Ukraine-Unterstützung ohne Ungarn beschlossen
Unterdessen haben die EU-Staats- und Regierungschefs weitere Unterstützung der Ukraine ohne Ungarn beschlossen. Der Text sei zu 26 angenommen worden, teilten Diplomaten mit. In der Erklärung sagen die EU-Staaten der Ukraine weitere finanzielle und militärische Hilfen zu. Auch wird in Hinblick auf den US-Kurswechsel zugunsten Russlands betont, dass nicht über die Ukraine hinweg entschieden werden dürfe.
Orbans gute Kontakte zu Putin als Problem für EU
Ungarn hatte bereits im Vorfeld wieder einmal gedroht, beim Gipfel ein Veto gegen die Unterstützung der Ukraine einzulegen. Ministerpräsident Viktor Orbán pflegt trotz des Ukraine-Krieges weiter gute Kontakte zum russischen Präsidenten Wladimir Putin und hat zudem ein freundschaftliches Verhältnis zu Trump.
Stocker sichert Selenskyj Unterstützung zu
Österreich wird beim Gipfel erstmals von Kanzler Christian Stocker (ÖVP) vertreten, der erst seit Montag im Amt ist. Eine freie souveräne Ukraine sei im Interesse Europas und der USA, betonte Stocker. Er unterstrich zugleich die Neutralität, die in Österreich im Verfassungsrang stehe. Der neue österreichische Regierungschef traf am Rande des Gipfels zu einem Gespräch mit Selenskyj zusammen.
Norwegen erhöht Hilfe für Ukraine um mehr als das Doppelte
Norwegen erhöht seine finanzielle Unterstützung für die Ukraine in diesem Jahr übrigens auf 7,2 Milliarden Euro. Das teilte die Regierung in Oslo mit. Bisher waren für 2025 Hilfsleistungen an das von Russland angegriffene Land in Höhe von knapp drei Milliarden Euro geplant. Norwegen grenzt im hohen Norden auf 198 Kilometern Länge an Russland. Das Land ist Gründungsmitglied der NATO, aber anders als seine Nachbarn Finnland und Schweden kein Mitglied der EU.
„Europa muss mehr tun“
Jens Stoltenberg, norwegischer Finanzminister und ehemaliger NATO-Generalsekretär, schrieb auf X: „Europa muss mehr tun. Ich freue mich über die einstimmige Unterstützung dieser Entscheidung durch das norwegische Parlament.“
Der norwegische Ministerpräsident Jonas Gahr Støre sagte: „Wir befinden uns in der für Norwegen schlimmsten Sicherheitslage seit dem Zweiten Weltkrieg. Dies ist ein solider norwegischer Beitrag für Frieden und Stabilität in der Ukraine und in Europa.“
Kommentare
Liebe Leserin, lieber Leser,
die Kommentarfunktion steht Ihnen ab 6 Uhr wieder wie gewohnt zur Verfügung.
Mit freundlichen Grüßen
das krone.at-Team
User-Beiträge geben nicht notwendigerweise die Meinung des Betreibers/der Redaktion bzw. von Krone Multimedia (KMM) wieder. In diesem Sinne distanziert sich die Redaktion/der Betreiber von den Inhalten in diesem Diskussionsforum. KMM behält sich insbesondere vor, gegen geltendes Recht verstoßende, den guten Sitten oder der Netiquette widersprechende bzw. dem Ansehen von KMM zuwiderlaufende Beiträge zu löschen, diesbezüglichen Schadenersatz gegenüber dem betreffenden User geltend zu machen, die Nutzer-Daten zu Zwecken der Rechtsverfolgung zu verwenden und strafrechtlich relevante Beiträge zur Anzeige zu bringen (siehe auch AGB). Hier können Sie das Community-Team via unserer Melde- und Abhilfestelle kontaktieren.