„Krone“-Interview

Julian Le Play will „suchen, finden und loslassen“

Adabei Österreich
09.03.2025 06:20

Während seiner aktuellen Unplugged-Tour plauderte Julian Le Play mit der „Krone“ über den therapeutischen Effekt seiner Konzerte, wieso sich so eine Tour manchmal wie eine Schullandwoche anfühlt und warum er Backstage immer umdekoriert...

„Krone“: Warum ist es eine Unplugged-Tour und nicht eine „normale“ Tour geworden?

Julian Le Play: Na ja, ich gehe ein bisschen zurück in der Timeline – ich mache das ja jetzt auch schon 13 Jahre. Die letzten beiden Alben sind eigentlich immer expressiver, schneller, lauter geworden. Ich hatte einfach voll Lust, Grenzen auszuloten und das habe mit dem letzten Album („Tabacco“) ziemlich auf die Spitze getrieben. Und als dann damals die letzten Konzerte vorbei waren, war cool, aber ich habe gemerkt, dass es mich wieder zurückzieht - back to the roots. Ich habe Lust, wieder ruhigere Sachen zu machen und meine letzten fünf Alben mal wieder zu zelebrieren, nicht nur mein neues. Da war schnell klar, dass ich eine Unplugged-Tour spielen möchte, mit Streichern und Bläsern. Deswegen war die Vorbereitung diesmal auch ein bisschen anders.

Inwiefern?

Es sollte eben keine „normale“ Tour werden, wo wir einfach die Lieder runterspielen. Ich war auf der Suche nach einem Konzept, einem inhaltlichen Rahmen, weil wir doch in Theatern spielen. Und ich habe etwas gefunden, das für mich ein bisschen bahnbrechend war, nämlich den Abend in drei Teile zu teilen, und zwar in drei Kapitel: Suchen, Finden und Loslassen. Egal, was ich bisher erlebt habe, ich war immer in einer der drei Phasen. Mir ist aufgefallen, dass egal, was wir als Menschen tun, unsere Emotionen immer von diesen drei Kapiteln geprägt sind – ob es in der Liebe ist, ob es Orte sind, Freunde, Eltern, Kinder.

Wie haben dann die Vorbereitungen ausgesehen?

Ich bin dagesessen und habe meine Lieder angehört und bin draufgekommen, dass wirklich jedes einzelne, das ich je geschrieben habe, in eines dieser drei Kapitel passt. Das war eigentlich die Vorbereitung – dass ich meine fünf Alben durchgehört habe und jeden Song in eine in einer Kategorie zugeordnet und dann auch innerhalb der Kapitel einen Bogen gespannt habe. Plötzlich hatte ich die Setliste aus 20 Liedern, die sich wie von selbst ergeben hat.

Proben, proben, proben: Für seine Unplugged-Tour schlägt Julian Le Play wieder leisere Töne an – mit Bläsern und Streichern. (Bild: KIERBERGER & HAIDER)
Proben, proben, proben: Für seine Unplugged-Tour schlägt Julian Le Play wieder leisere Töne an – mit Bläsern und Streichern.

Beim Publikum scheint es jedenfalls sehr gut anzukommen…

Das Konzept dieser drei Kapitel, „Suchen, Finden, Loslassen“, war schon auch mit dem Ziel, die Leute ein bisschen herauszufordern. Und das mache ich auch. Zu fragen: „Wo befindet ihr euch gerade?“ „Was suche ich gerade?“ „Was habe ich schon gefunden?“ „Was muss ich loslassen?“ Und das ist, das kann ich jetzt vorweggreifen, tatsächlich so, dass deswegen die Konzerte um Hundert Prozent emotionaler sind. Nicht nur die Leute öffnen sich, sondern ich mich auch.

Das klingt sehr therapeutisch…

Ja, ist es auch. Ich kriege von Leuten teilweise elendslange Nachrichten nach Konzerten. Eine ist etwa alleine auf das Konzert gekommen, nachdem sie von ihrem Mann verlassen wurde. Und sie hat sich zuerst nicht getraut, aber in dieser Gemeinschaft ging das „Loslassen“ dann plötzlich einfacher. Also durch dieses sich öffnen, hat es tatsächlich fast etwas Therapeutisches. Für mich aber auch.

Wahrscheinlich mit ein Grund, warum die Unplugged-Tour komplett ausverkauft ist…

Es gab immer wieder Touren, die gut waren, aber so, dass jeder Termin ausverkauft ist – da weiß ich gar nicht, ob ich das schon mal hatte. Es ist ganz verrückt. Ich freue mich gerade sehr, vor allem, weil es sich ganz richtig anfühlt, nach 13 Jahren diese fünf Alben mal hochleben zu lassen - auch für mich selber. Und jetzt habe ich meinen Booker angerufen und gesagt: „Hey, ich will nicht, dass das vorbei ist!“ Also ja, wir machen nächstes Jahr eine Unplugged-Tour Numero Zwei, wo wir uns dann wahrscheinlich sogar noch mehr trauen. Also das Brucknerhaus in Linz ist schon fix, dann werden wir auf der Burg Finkenstein in Kärnten spielen, in den Kasematten in Graz. Also teilweise wird es auch Richtung Open Air gehen. Für alle die aber traurig sind, dass sie für heuer keine Ticktes bekommen haben, wir machen eine Special Christmas Show am 18. Dezember im Wiener Konzerthaus. Irgendwann ist mir nämlich die Idee gekommen, dass ich gerne in meiner Heimatstadt einmal im Jahr eine fixe Show für mein Publikum spielen möchte – egal, ob ich gerade ein Album draußen habe oder nicht und egal ob es gerade gut oder schlecht läuft. Einmal im Jahr möchte ich eine Adventsshow spielen – mit Streichern, unplugged.

Wie sieht der Touralltag abseits der Bühne aus?

Es sind diesmal viele neue Leute dabei diesmal dabei, also vom Team her. Ein Großteil der Leute sind Menschen, mit den ich das erste Mal auf Tour bin. Das ist eine Schicksalsgemeinschaft quasi. Wir spulen mit dem Tourbus sehr viele Autobahnkilometer runter und es ist ehrlicherweise total bezaubernd. Wir hören viel Musik, plaudern über das Leben, auch viel übers „Suchen, Finden, Loslassen“. Jeder hat dann begonnen, von seinen letzten Jahren zu erzählen.

Die Tour ist ein voller Erfolg: Julian Le Play im ausverkauften Posthof in Linz. (Bild: Paula Spitzauer)
Die Tour ist ein voller Erfolg: Julian Le Play im ausverkauften Posthof in Linz.

Klingt ein bisschen wie Schullandwoche…

Tatsächlich. Die Nächte nach den Konzerten gehen oft noch noch bis vier oder fünf in der Früh, weil wir alle so inspiriert und so aufgeganselt sind, dass wir nicht schlafen gehen wollen. In Berlin sind wir noch von Pub zu Pub oder in Köln haben wir noch am Zimmer irgendwie bis fünf, sechs in der Früh getrunken und geplaudert. Oft sind wir mit eineinhalb Stunden Schlaf wieder in den Bus gestiegen und haben dann dort weiter gelabert und Musik gehört. Also wir wollten uns gar nicht aus den Armen lassen, wie wir jetzt ein paar Tage Pause gemacht haben. Deswegen ist es nur schön, dass es dann auch wieder weitergeht. Also es ist schon sehr wie eine Schullandwoche.

Wer oder was muss auf so einer „Schullandwoche“ unbedingt dabei sein?

Ich kann das jetzt ganz banal oder zwischenmenschlich beantworten. Zwischenmenschlich vielleicht zuerst: Am wichtigsten sind für mich Leute, die positiv sind – auf und neben der Bühne. Wenn man aus dieser Musikbranche kommt, dann hat man es schnell mal auch mit grantigen, destruktiven Menschen zu tun und davon habe ich mich in den letzten Jahren komplett befreit. Ich suche mir echt so positive, spielerische Leute, die einfach auf der Bühne stehen und sagen: „Was ist das für ein verrücktes Artistenleben, das wir da führen?“ Und das war so der Life-Music-Hack schlechthin, weil das einfach alles befeuert, auch das Publikum. Das ist für mich das Wichtigste.

Und die banale Antwort?

Ohropax und Schlafmaske für die Nacht, damit man sich auch im Bus wegzoomen kann. UND – und das ist wirklich ein Gamechanger – einfach einen Bluetooth-Lautsprecher für den Backstagebereich. Wenn du da hinter der Bühne einfach Musik aufdrehst und das Licht schön machst, dann ist das hundert zu eins, wie wenn das totenstill ist und einfach das Licht grausig ist. Ich gehe dann immer wirklich zehn Minuten herum und trage Lampen von Raum zu Raum. Generell kann man sagen, es steht alles wahrscheinlich unter dem Motto Wohlfühlen.

Im Umkehrschluss: Was darf, abgesehen von den grantigen, destruktiven Menschen, nicht mit auf Tour?

Sorgen, To-do-Listen und das ganze Zeug. Es ist wirklich so: In dieser Zeit vergisst du alles. Es ist wie eine Parallelwelt.

Eine Parallelwelt, in der man eben auch von einer großen Menschenmenge angefeuert wird und nach einem Konzert voller Adrenalin ist. Was hilft dabei, runterzukommen und, blöd gesagt, schlafen gehen zu können?

Ehrlicherweise hilft es mir dann schon, mit den Leuten noch etwas zusammenzusitzen, ein Bier zu trinken, Musik zu hören, über den Abend zu reden, über das Erlebte. Nicht allein zu sein damit. Da kannst du noch so gute Freunde haben, die jetzt in Wien sitzen – mit denen darüber zu reden, die das nicht gerade auch erlebt haben, das ist was ganz anderes. Das ist so, wie wenn du Leuten von irgendeinem Roadtrip erzählst, die nicht dabei. Ich gehe meistens auch wirklich zwei Stunden zum Merch-Stand und warte, bis der letzte Gast nach Hause geht. Das ist auch schon mal voll schön, weil da natürlich ganz viel kommt und Leute was erzählen. Dann trinkt man noch gemeinsam etwas, lässt den Abend ausklingen und dann bricht immer so einer nach dem anderen weg, bis am Schluss nur mehr drei, vier übrig sind. Und dann sagt man irgendwann: So, in zwei Stunden fahren wir, also noch kurz zu schlafen. Schullandwoche eben.

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