Tumultartige Szenen

Festnahmen bei Demozug gegen Akademikerball

Wien
07.03.2025 21:58

Für den umstrittenen Akademikerball am Freitagabend in Wien, bei dem sich deutschnationale Burschenschafter und prominente Vertreter der internationalen Rechten treffen, wurden mehrere Gegendemonstrationen angekündigt. Auf der Gästeliste stand auch der FPÖ-Nationalratspräsident und Burschenschafter Walter Rosenkranz. Am Stephansplatz wurden Demonstranten festgenommen. 

Unter dem Motto „Feuer und Flamme dem Patriarchat: Kampf dem Sexismus in Hofburg und Staat“ haben sich am Freitagnachmittag hunderte Gegnerinnen und Gegner des FPÖ-Akademikerballs bei der Wiener Hauptuni versammelt. Von dort starteten die Demonstrierenden ihren Protestmarsch über den Ring zum Stephansplatz. Dort fand um kurz nach 19.30 Uhr die Abschlusskundgebung statt. Die Polizei steht die ganze Nacht mit mehreren hundert Kräften im Großeinsatz.

Dabei kam es kurz zu tumultartigen Szenen, als eine kleine Gruppe vermummter Demonstrantinnen und Demonstranten während der Abschlusskundgebung versuchte, die Innenstadt ohne Konsequenzen für ihre Vermummung zu verlassen. Es folgte ein Katz-und-Maus-Spiel mit der Polizei.

Die Beamten kesselten die Teilnehmerinnen und Teilnehmer letztlich ein, einige von ihnen wurden auf der Flucht niedergerungen. Es kam zu Identitätsfeststellungen aufgrund des Vermummungsverbots. Ein Sprecher der Landespolizeidirektion sprach von vier Festnahmen aufgrund des Widerstands gegen die Staatsgewalt. Insgesamt dürften sich heuer deutlich weniger Menschen an der Demo beteiligt haben als in den Vorjahren. 

„Die Demonstration setze heuer einen Schwerpunkt auf den Kampf gegen Sexismus“, erklärt Mitorganisator Axel Magnus von der „Offensive gegen Rechts“. Man nehme den Ball am Vorabend des Internationalen Frauentags zum Anlass, um auf das rückständige Frauenbild völkischer Burschenschaften hinzuweisen. Auch die FPÖ habe in gescheiterten Regierungsverhandlungen gezeigt, dass sie Frauen zurück an den Herd drängen wolle. Zudem solle – wie jedes Jahr – ein Zeichen gegen den von Kritikern als Vernetzungstreffen Rechtsextremer bezeichneten Ball gesetzt werden. „Einen solchen Ball wollen wir nicht in der Hofburg“, so Magnus.

Polizeisperrungen in der Innenstadt
Seitens der Polizei wurde ein Platzverbot im Bereich des Heldenplatzes verordnet, das seit Freitag um 17 Uhr gilt. Am Abend war auch aus diesem Grund in der Innenstadt mit Verkehrsbehinderungen und Polizeisperrungen zu rechnen. Der Fahrzeugverkehr zwischen Operngasse und Wipplingerstraße wurde ringförmig gesperrt. Zudem kam es zu kurzfristigen Sperren und Umleitungen im Versammlungsbereich sowie in angrenzenden Straßen.

Besucher des Akademikerballs vor der Hofburg. (Bild: APA/TOBIAS STEINMAURER)
Besucher des Akademikerballs vor der Hofburg.
Rund um die Sperrzone der Wiener Hofburg zieht ein Demozug durch Wien. (Bild: APA/MAX SLOVENK)
Rund um die Sperrzone der Wiener Hofburg zieht ein Demozug durch Wien.

Demonstranten wurden getrennt
Im innerstädtischen Bereich waren neben der Marschkundgebung mehrere Standkundgebungen angemeldet. Das „Antifaschistische Bündnis Ballhausplatz“ – ein Zusammenschluss der Jüdischen österreichischen HochschülerInnen (JöH), der „Omas gegen Rechts“, der Grünen Jugend und weiterer Gruppen – hatte im Vorfeld des Balls am Michaelerplatz eine Kundgebung um 19 Uhr angesetzt.

In der „Offensive Gegen Rechts“ seien Gruppen „involviert mit denen wir als jüdische AktivistInnen insbesondere seit dem 7. Oktober nicht zusammenarbeiten können“, sagte JöH-Präsident Alon Ishay mit Verweis auf unterschiedliche Positionierungen zum Krieg im Gazastreifen.

„Das sind leider derzeit Sachen, die uns trennen“, sagte Magnus dazu. „Das Thema Gaza hat aber nichts mit dieser Demonstration zu tun“, so der Mitorganisator. Er stamme selbst aus einer jüdischen Familie, deren männliche Urgroßelterngroßgeneration während der Shoah ermordet worden sei und fände es „berechtigt, jeden Staat auf der Welt zu kritisieren“, antwortete Magnus auf Antisemitismusvorwürfe von Kritikern.

Friedliche zweite Kundgebung
Der zweite Protest neben der etablierten Demo durch die Innenstadt fand schließlich um 19 Uhr am Michaelerplatz statt. Dort versuchten lediglich einige in Faschingskostümen verkleidete Ball-Gegnerinnen Gäste des Balles abzupassen und mit Gästen in Gespräche zum „Kakademikerball“, wie eine verkleidete Demonstrantin nannte, zu kommen. Ansonsten verlief die Kundgebung am Michaelerplatz friedlich.

Die JöH sorgte im Vorfeld mit einer Videoprojektion eines „Countdowns bis zum Nazi-Ball“ am äußeren Burgtor für Aufmerksamkeit. Laut einer Aussendung der Jüdischen Hochschülerschaft vom Freitag habe die Polizei die Projektion am Vorabend des Balls nach einer Anzeige wegen Verhetzungsverdachts entfernt.

Heftige Proteste in der Vergangenheit
Der Ball wurde in der Vergangenheit immer wieder von zum Teil heftigen Protesten begleitet. Insbesondere im Jahr 2014 kam es zu zahlreichen Sachbeschädigungen und auch zu einer erheblichen Anzahl an verletzten Demonstranten und Polizisten. In den Jahren danach beruhigte sich die Situation aber deutlich.

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Für die Menschenrechtsstadt Wien ist es beschämend, dass der sogenannte ‘Akademikerball‘ der Wiener FPÖ nach wie vor im Herzen Wiens stattfindet.

Niki Kunrath, Menschenrechtssprecher der Wiener Grünen

Der Unmut der Demonstranten richtete sich stets vorwiegend gegen deutsch-nationale Burschenschafter, die bereits seit 1952 die Veranstaltung ausrichteten und prägten. Bis 2012 wurde die Veranstaltung vom Wiener Korporationsring (WKR) organisiert. Nach Differenzen mit der Wiener Hofburg übernahm die FPÖ Wien die Organisation, die ihn dann in „Akademikerball“ umtaufte.

Teils rechtsextreme Gäste beim Ball
Niki Kunrath, Menschenrechtssprecher der Wiener Grünen, sprach am Freitag in Bezug auf den Veranstaltungsort in der Hofburg von einem „fatalen Zeichen“, das hier ausgesendet werde. Auch heuer werden wieder zahlreiche hochrangige Gäste aus der Freiheitlichen Partei erwartet, unter anderem der blaue Nationalratspräsident Walter Rosenkranz sowie der Wiener FP-Chef Dominik Nepp.

Die weitere Gästeliste hatte in der Vergangenheit stets für Aufsehen gesorgt. Zuletzt schwang Martin Sellner, ehemaliger Kopf der vom Verfassungsschutz als rechtsextrem eingestuften „Identitären Bewegung“ das Tanzbein in der Hofburg, 2012 besuchte die französische Rechtsnationalistin Marine Le Pen den Ball. Der Ball sei ausverkauft, sagte der Ballveranstalter und Wiener Gemeinderat Udo Guggenbichler (FPÖ) im Vorfeld.

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