Kritik an „Naziball“

Friedlicher Protest endet mit Verhetzungsverdacht

Wien
07.03.2025 18:06

Wegen „Verhetzung“ stoppte die Polizei am Donnerstagabend eine Protestaktion der Jüdischen Hochschüler gegen den umstrittenen Wiener Akademikerball. Die Vereinigung JöH sieht in der Polizeimaßnahme einen gefährlichen Missbrauch eines Gesetzes, das eigentlich den Schutz von Minderheiten garantieren soll.

Der juristische Vertreter der Jüdischen österreichischen HochschülerInnen (JöH), Mag. Bini Guttmann, übt scharfe Kritik an den Behörden und bezeichnet die Auflösung der Demonstration als „absurd“. Die als „Verhetzung“ gewertete Protestaktion sei in Wahrheit „legitime politische Kritik“. Er sieht darin einen alarmierenden Präzedenzfall: Nicht die Demonstrierenden hätten Verhetzung begangen, sondern die Behörde habe den Tatbestand missbraucht, um unliebsame Kritik zu unterdrücken.

Eine Protestaktion der JöH wurde von der Polizei wegen „Verdachts auf Verhetzung“ unterbunden, wie in einem Video auf X zu sehen ist:

Zum diesjährigen Akademikerball organisierten die Jüdischen österreichischen HochschülerInnen (JöH) eine dreitägige Videoinstallation gegen rechtsextreme Burschenschaften am Burgtor. Projiziert wurde ein „Countdown bis zum Nazi-Ball“, begleitet von Kreidemalereien. Die ersten beiden Abende sollen friedlich verlaufen sein.

Die beiden ersten Kundgebungsabende sollen friedlich und ohne Interventionen der Polizei verlaufen sein, bis offenbar der Akademikerball-Organisator Udo Guggenbichler aufgetaucht sein soll. (Bild: JöH)
Die beiden ersten Kundgebungsabende sollen friedlich und ohne Interventionen der Polizei verlaufen sein, bis offenbar der Akademikerball-Organisator Udo Guggenbichler aufgetaucht sein soll.
Kurz darauf sollen dutzende Polizei-Einsatzkräfte eingetroffen sein, um die Videoinstallation zu unterbinden. (Bild: JöH)
Kurz darauf sollen dutzende Polizei-Einsatzkräfte eingetroffen sein, um die Videoinstallation zu unterbinden.

Videoinstallation wegen „Verhetzung“ verboten
Am dritten Tag, dem Vorabend des Balles, soll laut der Studierendenvereinigung plötzlich der FPÖ-Mandatar und Akademikerball-Organisator Udo Guggenbichler aufgetaucht sein. Gegen ihn liefen 2023 Ermittlungen wegen nationalsozialistischer Wiederbetätigung, die jedoch eingestellt wurden. Nachdem er die Kundgebung beobachtet haben soll und Anrufe getätigt hätte, sollen dutzende Polizeieinsatzkräfte eingetroffen sein, um die Videoinstallation zu stoppen. Grund sei die „Anordnung einer Juristin der Versammlungsbehörde” nach einer „Anzeige wegen Verhetzung”, wie auch Polizeisprecher Philipp Haßlinger bestätigt. 

Laut Polizei erfüllte die Bezeichnung des WKR-Balls als „Naziball“ diesen Tatbestand. Der zeitliche Verlauf ließe darauf schließen, dass die Anzeige direkt mit Guggenbichlers Beobachtung zusammenhängen könnte, wie die JöH vermutet. Dies würde die Frage aufwerfen, ob hier ein Politiker, gegen den selbst wegen Wiederbetätigung ermittelt wurde, ein Gesetz zum Schutz von Minderheiten gegen eine jüdische Organisation instrumentalisiert habe.

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Um diesen grotesken Polizeieinsatz zu rechtfertigen, wurde ein Gesetz missbraucht, das eigentlich uns Minderheiten schützen soll.

Alon Ishay, Präsident der Jüdischen österreichischen HochschülerInnen

JöH: Kritik an möglichem Missbrauch des Strafrechts
Alon Ishay, Präsident der Jüdischen österreichischen HochschülerInnen, zeigte sich fassungslos: Er erklärte, jüdische Studierende würden polizeilich verfolgt, weil sie den Ball jener Burschenschaften kritisierten, die sich besonders durch ihren Antisemitismus hervorgetan hätten – offenbar mit Unterstützung des Ball-Organisators. Um diesen skandalösen Polizeieinsatz zu rechtfertigen, sei ein Gesetz missbraucht worden, das eigentlich dem Schutz von Minderheiten diene.

Im Zuge des „Shutdowns“ sollen Poster beschlagnahmt worden sein, die zu der am Freitag stattfindenden Demo am Michaelerplatz aufriefen. Zudem seien Identitätsfeststellungen bei den Teilnehmern durchgeführt worden sein, da sie der „Verhetzung“ verdächtigt wurden. Einzelne Polizisten hätten zudem zeitweise versucht, die Ersatz-Projektion physisch zu verhindern, wären jedoch von ihrem Einsatzleiter zurechtgewiesen worden.

Die JöH reagierte am Freitag empört: Die Versammlungsfreiheit wurde offenbar „zugunsten rechtsextremer Burschenschafter eingeschränkt“, was aus ihrer Sicht „kritische Stimmen zum Schweigen“ bringen sollte.

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