Staat freigesprochen

Toter: Rekruten hätten nicht marschieren dürfen

Gericht
08.03.2025 12:29

Vor nun über sieben Jahren starb ein junger Niederösterreicher bei einem Bundesheermarsch in Horn (NÖ) – es hatte knapp 36 Grad Celsius. Eine strafrechtliche Aufarbeitung endete mit Verfahrenseinstellungen. Und nun sieht auch der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte die Republik nicht in der Verantwortung – die Mutter und ihr Anwalt stellten nun einen letzten Antrag.

„Rufen Sie endlich einen Arzt. Ich verbrenne“, flehte am 3. August 2017 ein Grundwehrdiener im niederösterreichischen Horn während eines Marsches. 20 Minuten wurde der Rekrut vom Gruppenkommandanten bei 35,9 Grad im Schatten regelrecht weiter geschliffen. Bis man ihn völlig überhitzt auf dem Kasernenboden in der prallen Sonne ablegte – erst eine halbe Stunde nach den ersten Beschwerden, als der 19-Jährige das Bewusstsein verlor, wurde die Rettung alarmiert. Der junge Mann starb im Krankenhaus.

„Hitzeerlass ist verletzt worden“
Es beginnt ein juristischer Marathon – angestrengt von der trauernden Mutter des Niederösterreichers und ihrem Rechtsanwalt Helmut Graupner. „Der Hitzeerlass ist in vielen Punkten verletzt worden“, so Graupner gegenüber der „Krone“. Das Verteidigungsministerium hält 2011 nämlich beispielsweise fest, dass extreme Temperaturen erreicht sind, wenn bereits um 12 Uhr 28 Grad im Schatten gemessen werden. Fußmärsche besonders in offenen und unbedeckten Gelände – wie es am 3. August 2017 der Fall war – sind zu vermeiden. Eine Teilnahme von ausgebildetem Sanitätspersonal ist im notwendigen Ausmaß sicherzustellen. Und mehr ...

Keine strafrechtlichen Konsequenzen
Die Staatsanwaltschaft Krems ermittelte gegen den Kasernenkommandanten und weitere Beteiligte – nicht aber gegen den unmittelbar mitmarschierenden Gruppenkommandanten. Das ernüchternde Ergebnis für die Angehörigen des verstorbenen 19-Jährigen: Es wurde zwar als Rechtsverstoß anerkannt, dass die Rettung nicht sofort gerufen wurde, das Verfahren wurde dennoch eingestellt. Das Verhalten der damals Beschuldigten hätte einen tödlichen Ausgang „lediglich“ von 20 auf 28 Prozent erhöht ...

Zitat Icon

Eine positive Entscheidung des EGMR wäre für die Mutter ein wichtiger Abschluss.

(Bild: Georg Wilke )

Anwalt Helmut Graupner

Rechnet man aber genau, ist das jedoch ein Zuwachs von 40 Prozent. Deswegen zogen die Mutter des jungen Niederösterreichers und ihr Anwalt mit der Causa 2021 vor den Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR). Der räumt jetzt Jahre später ein: Der Horner Hitzemarsch hätte nicht angeordnet werden dürfen. Für eine Verletzung des Grundrechts auf Leben reicht es aber nicht. 

Wieder ein Rückschlag für die Familie: „Es geht ihr wirklich nur um Gerechtigkeit“, so Graupner im Namen seiner Mandantin, die nun seit über sieben Jahren keine Kosten und Mühen scheut, um den Tod ihres Sohnes aufzuklären. Das letzte Ass im Ärmel des Anwalts: Ein Antrag an die große Kammer des EGMR. Hier entscheiden 17 Richter – und nicht nur über das Grundrecht auf Leben. Der Antrag umfasst auch die Prüfung einer unrechtmäßigen erniedrigenden Behandlung. 

Ob sich der Senat der Causa annimmt, entscheidet sich in den nächsten Monaten. Anwalt Helmut Graupner gegenüber der „Krone“: „Das wäre für die Mutter ein wichtiger Abschluss.“ Der nach den vielen Jahren wohl lang überfällig ist ...

Loading...
00:00 / 00:00
Abspielen
Schließen
Aufklappen
Loading...
Vorige 10 Sekunden
Zum Vorigen Wechseln
Abspielen
Zum Nächsten Wechseln
Nächste 10 Sekunden
00:00
00:00
1.0x Geschwindigkeit
Loading
Kommentare
Eingeloggt als 
Nicht der richtige User? Logout

Willkommen in unserer Community! Eingehende Beiträge werden geprüft und anschließend veröffentlicht. Bitte achten Sie auf Einhaltung unserer Netiquette und AGB. Für ausführliche Diskussionen steht Ihnen ebenso das krone.at-Forum zur Verfügung. Hier können Sie das Community-Team via unserer Melde- und Abhilfestelle kontaktieren.

User-Beiträge geben nicht notwendigerweise die Meinung des Betreibers/der Redaktion bzw. von Krone Multimedia (KMM) wieder. In diesem Sinne distanziert sich die Redaktion/der Betreiber von den Inhalten in diesem Diskussionsforum. KMM behält sich insbesondere vor, gegen geltendes Recht verstoßende, den guten Sitten oder der Netiquette widersprechende bzw. dem Ansehen von KMM zuwiderlaufende Beiträge zu löschen, diesbezüglichen Schadenersatz gegenüber dem betreffenden User geltend zu machen, die Nutzer-Daten zu Zwecken der Rechtsverfolgung zu verwenden und strafrechtlich relevante Beiträge zur Anzeige zu bringen (siehe auch AGB). Hier können Sie das Community-Team via unserer Melde- und Abhilfestelle kontaktieren.



Kostenlose Spiele
Vorteilswelt