120 Zeugen

Fahrlässige Tötung? Der Maradona-Prozess beginnt

Fußball International
08.03.2025 11:04

War es fahrlässige Tötung? Vor gut vier Jahren löste der Tod der Fußball-Legende Diego Maradona weltweit Trauer und Erschütterung aus – ab Dienstag stehen in San Isidro, einem Vorort der argentinischen Hauptstadt Buenos Aires, sieben Menschen vor Gericht, die sich in Maradonas letzten Tagen um dessen Pflege und medizinische Versorgung gekümmert hatten.

In dem Verfahren sollen rund 120 Zeugen befragt werden, darunter Angehörige, Freunde und frühere Ärzte des Ex-Fußballers sowie Gutachter. 

Das Verfahren soll etwa vier Monate dauern, den sieben Angeklagten drohen bei einer Verurteilung Haftstrafen zwischen acht und 25 Jahren. Diego Armando Maradona starb am 25. November 2020 im Alter von 60 Jahren wenige Wochen nach einer Hirn-OP wegen eines Blutgerinnsels. Schon vor dem Eingriff hatte Maradonas Gesundheitszustand Anlass zur Sorge gegeben. Er hatte jahrzehntelang mit Alkohol- und Kokainsucht und deren Folgen zu kämpfen.

(Bild: AP/AP1986)

Der Ex-Fußballer starb allein in seinem Krankenbett in einem Haus, das in einem exklusiven Viertel von Buenos Aires angemietet worden war. Dorthin war Maradona zwei Wochen nach seiner Hirn-OP gebracht worden, um sich von dem Eingriff zu erholen.

Lungenödem als Todesursache
Als Todesursache wurde ein schweres Lungenödem als Folge einer „sich erneut verschärfenden chronischen Herzinsuffizienz“ festgestellt. Zuvor hatte der Nachtpfleger nach eigenen Angaben einige „Warnsignale“ bei seinem prominenten Patienten beobachtet. Er sei aber angewiesen worden, Maradona „nicht aufzuwecken“, so dass dieser erst am nächsten Morgen tot in seinem Bett gefunden wurde.

Maradonas Tod inmitten der Corona-Pandemie löste in Argentinien und bei Fußball-Fans in aller Welt Trauer aus. Als sein Leichnam im argentinischen Präsidentenpalast aufgebahrt wurde, standen zehntausende Menschen Schlange, um persönlich Abschied zu nehmen.

Prozess wegen fahrlässiger Tötung
Vor Gericht stehen nun der Neurochirurg Leopoldo Luque, die Psychiaterin Agustina Cosachov, der Psychologe Carlos Díaz, die medizinische Koordinatorin Nancy Forlini, Pflege-Koordinator Mariano Perroni, der Arzt Pedro Pablo Di Spagna und der Pfleger Ricardo Almirón. Sie müssen sich wegen fahrlässiger Tötung verantworten. Krankenschwester Dahiana Gisela Madrid hat beantragt, dass ihr Fall getrennt vor einem Geschworenengericht verhandelt wird. Ihr Verfahren soll im Juli beginnen.

Die Staatsanwaltschaft wirft den Angeklagten eine „leichtsinnige“ und „mangelhafte“ Behandlung Maradonas vor. Der 60-Jährige sei vor seinem Tod während eines „ausgedehnten, qualvollen Zeitraums“ seinem Schicksal überlassen worden.

Ein von der Staatsanwaltschaft eingesetztes Gremium aus 20 medizinischen Experten war Mitte 2021 zu dem Schluss gekommen, dass Maradona bei einer angemessenen Behandlung in einer entsprechenden medizinischen Einrichtung „eine bessere Überlebenschance“ gehabt hätte. Richter Orlando Díaz, der über das Weiterverfolgen der Vorwürfe entschied, hob hervor, dass jeder der Angeklagten zu den tragischen Ereignissen beigetragen habe, die zu Maradonas Tod führten.

(Bild: AFP/JUAN MABROMATA)

Beschuldigte dementieren Behandlungsfehler
Die Angeklagten weisen jede Verantwortung für den Tod des Fußballstars zurück und verweisen auf ihre jeweils begrenzten Zuständigkeitsbereiche. Vadim Mischanchuk, Verteidiger der Psychiaterin Cosachov, etwa sagte der Nachrichtenagentur AFP, die Staatsanwaltschaft habe trotz intensiver Ermittlungen nicht mit Sicherheit nachweisen können, dass Maradonas Behandlungsteam dessen Tod verschuldet habe. Der Anwalt zeigte sich zuversichtlich, dass seine Mandantin freigesprochen werde, da sie vor allem für Maradonas psychische und nicht für seine körperliche Gesundheit zuständig gewesen sei.

Nach Angaben von Maradonas Angehörigen zeigen Audio- und Textnachrichten dagegen, dass den Angeklagten bewusst war, dass Maradona in akuter Lebensgefahr schwebte. Dem medizinischen Team sei es vor allem darum gegangen, dass die Angehörigen ihres prominenten Patienten nicht eingreifen, weil das medizinische Personal im Falle einer Entbindung von seinen Aufgaben auch „sein Geld verloren“ hätte, erklärte der Anwalt von Maradonas Sohn Dieguito, Mario Baudry.

Maradona wird in Argentinien mit zahllosen Wandgemälden, Statuen und Ausstellungen verehrt. Überdies soll er bald auf einem Tausend-Quadratmeter-Grundstück in Puerto Madero, einem Touristenviertel in Buenos Aires, ein Mausoleum erhalten. „Wir wollen, dass unser Vater nah bei der Liebe der Menschen ist“, sagte seine Tochter Dalma Maradona bei einer Video-Präsentation der künftigen Ruhestätte der Fußball-Legende. Es wird damit gerechnet, dass jährlich bis zu eine Million Menschen die eintrittsfreie Gedenkstätte besuchen.

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(Bild: KMM)
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