Angst und Hoffnung

Mensch oder Maschine? Wer gewinnt das Match?

Menschen
10.03.2025 10:35

Übertrumpft die Technologie bald den Menschen und macht ihn überflüssig? Wie soll er sein, der „neue Mensch“? Ganz entscheidende Fragen, welchen sich unsere Gesellschaft mehr denn je stellen muss.

Die Angst davor, von Maschinen ersetzt zu werden, geistert schon lange herum. Doch sie war wohl noch nie so berechtigt wie jetzt. Die Welt steht an einem Scheidepunkt. Grund genug für die Arbeiterkammer Vorarlberg, im Rahmen der Vortragsreihe „Wissen fürs Leben“ die renommierte österreichische Philosophin Lisz Hirn nach Feldkirch einzuladen. Eine zentrale Frage ihrer Arbeit ist: „Wie muss er sein, der neue Mensch“? In ihrem Vortrag diskutierte Hirn die Auswirkungen der technologischen Entwicklung auf unser Selbstverständnis und betonte die Notwendigkeit, das Menschsein neu zu denken. Klingt sehr philosophisch? Ist es auch, aber die Thematik hat einen ganz realen und greifbaren Hintergrund. Denn viele politische Entwicklungen gehen gerade in eine bedenkliche Richtung, was sich zum Teil auch in einem neuen Verständnis von Technologie widerspiegelt. Der Mensch soll optimiert werden – die Vision vom Übermenschen, der fehlerfrei und perfekt ist, ist salonfähig geworden.

Die Vision vom verbesserten Menschen
Der Begriff Transhumanismus beschreibt das Streben, die Grenzen menschlicher Möglichkeiten durch technologische Verfahren zu erweitern. Ziel ist es, die menschliche Evolution zu steuern und die Lebensqualität nach individuellen Wünschen zu verbessern. „Das klingt eigentlich sehr reizvoll. Dahinter steckt aber unter anderem auch, bereits pränatal ins menschliche Genmaterial einzugreifen, um eine Auswahl zu treffen, wie denn mein Kind enhanced (Anm.: verbessert) werden könnte“, so Hirn. Zusatz: „Das ist verlockend und beängstigend zugleich.“ Die sogenannten Posthumanisten versuchen, den Menschen sogar ganz zu überwinden, sie wollen Übermenschliches schaffen.

 „Zurecht denkt man dabei sofort an jene Phantasien, die aus dem Silicon Valley zu uns dringen.“ Bereits Friedrich Nietzsche beschrieb den Übermenschen, wurde jedoch mit seinen Thesen oft missverstanden. Heute ist Nietzsche wieder modern, Persönlichkeiten wie etwa US-Vizepräsident JD Vance beziehen sich immer wieder auf ihn. Das Hauptproblem für Hirn: „Übermenschliches zu schaffen, sollte nicht Aufgabe von Einzelnen sein, sondern von allen in der Gesellschaft. Es stellt sich die Frage, ob wir nicht schon damit angefangen haben, uns selbst zu überwinden.“

Wird der Mensch zum Spielball der Technik?
Die Philosophin will den technischen Fortschritt keineswegs verteufeln – „die moralische Integrität darf dabei aber nicht auf der Strecke bleiben“. Was auch heißt: Es geht nicht zuletzt um die Haltung jener, die den technischen Fortschritt vorantreiben. Zur besseren Veranschaulichung zitiert Hirn ein Beispiel aus der modernen Mythologie, nämlich die berühmte Spiderman-Parabel: „Spiderman, ein schüchterner, aber integrer junger Mann, wird durch den Biss einer Spinne zum Superhelden. Sein Gegner, der Kobold, ein intelligenter, machthungriger Wissenschaftler, flößt sich seine Superkraft durch Technik und Forschung ein. Der Punkt ist, dass bei dem einen die Superkraft moralisch gesichert ist, beim anderen nicht.“

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Übermenschliches zu schaffen, sollte nicht Aufgabe von Einzelnen sein, sondern von allen in der Gesellschaft. Es stellt sich die Frage, ob wir nicht schon damit angefangen haben, uns selbst zu überwinden.

(Bild: Inge Prader )

Lisz Hirn, Philosophin

Niemand wird bestreiten, dass Technik den Menschen unterstützen soll. Die zentrale Frage lautet aber: Sollen wir tatsächlich alles tun, was wir tun können? Und inwieweit verlernen wir durch den hemmungslosen Einsatz von Technologien, Mensch zu sein? Nur wenn wir uns radikal selbst reflektieren, bleiben wir letzten Endes auch gegen autoritäre und antidemokratische Strömungen wehrhaft. Folgen wir aber blind der Technologie, so könnte dieser Weg in die Selbstversklavung führen. Und wie muss er nun sein, der neue Mensch? Hirn plädiert für eine neue Bescheidenheit: „Der neue Mensch wird neben Bescheidenheit auch Verantwortung übernehmen müssen. Die Sorge um andere und die Sorge um sich selbst wären ganz wesentliche Definitionspunkte für uns Menschen.“

Viele Fragen, die man sich auch selbst stellen sollte
Hirn wünscht sich eine Gesellschaft, die sich ihrer Grenzen bewusst ist und technologische Entwicklungen kritisch reflektiert. „Wie weit wir gehen, welche Entwicklungen wir zulassen und wer überhaupt entscheidet, was kommen soll, sind Fragen, die uns als gesamte Zivilgesellschaft beschäftigen müssen. Das sind zwar zweifellos ethische, politische und gesellschaftliche Entscheidungen, im Grunde aber auch individuelle Gewissensfragen. Muss ich beispielsweise alles auf dem Smartphone tun, muss ich tatsächlich jedem innovationsverheißenden Trend, jedem Hype folgen?“

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