Immer öfter werden die sieben Richterinnen am Landesgericht online verfolgt und bedroht. Deshalb wollen sie fortan nicht mehr auf Fotos zu sehen sein. Und auch ihre Namen sollen in der Berichterstattung fehlen.
Eine Frage an die verehrte Leserschaft: Irritiert es Sie auch, wenn Sie Bilder aus Gerichtssälen präsentiert bekommen, auf denen alle Menschen unkenntlich gemacht worden sind? Ja? Zurecht. Sinnloser können Fotos kaum sein, sie dienen lediglich dem Zweck zu dokumentieren, dass der Reporter eh brav vor Ort war. Richter zu sein, ist doch aller Ehren wert, oder?
Warum Richter verpixelt werden
Hinter dem sogenannten „Verpixeln“ der Gesichter steckt aber auch ein Sinn. Mutmaßliche Täter dürfen nicht am Nasenring durch die Zeitungslandschaft geführt werden, weil die Privatsphäre gewahrt werden muss. Gut so. Aber Richter? Staatsanwälte? Warum wollen sich die unbedingt verstecken lassen? Sie üben doch redliche Berufe aus!
Drohungen nach Prozessen
„Beschimpfungen über Social Media machen auch vor der Justiz nicht Halt“, sagt Bernhard Kolonovits, seit 1. Jänner Präsident am Landesgericht Eisenstadt. „Alleine in der vergangenen Woche kam es zu drei solchen Vorfällen, die unsere Richterinnen betrafen.“ Es gäbe eigene Homepages, auf denen private Details von Prozess-Vorsitzenden veröffentlicht würden. „Nicht selten kommt es zu unglaublichen Drohungen.“
Hass-Kommentare und Beschimpfungen im Internet nehmen immer mehr zu. Die kommen meist von Leuten, die Urteile nicht akzeptieren wollen. Der Schutz des Kollegiums hat absolute Priorität.
Bernhard Kolonovits, Präsident am Landes-gericht Eisenstadt
Bild: Harald Schume
Namen raus aus den Medien
Aus diesen Gründen haben sich die sieben Richterinnen am Landesgericht Eisenstadt, am vermutlich einzigen rein weiblichen Gericht der Welt, entschlossen, in der Öffentlichkeit unterzutauchen. „Wir möchten nicht, dass unsere Gesichter gezeigt werden. Und wir bitten die Medien zu akzeptieren, dass in den Berichten auch unsere Namen nicht mehr genannt werden“, sagt Magistra Birgit Falb, die an dieser Stelle letztmals als solche bezeichnet wird. Großes Ehrenwort!
Laut Präsident Kolonovits verschärft sich die Lage auch immer mehr durch Menschen, die nicht einmal davor zurückschrecken, bei Behördenstellen mündliche Drohungen auszusprechen und Vergeltung anzukündigen, weil sie mit gewissen Entscheidungen nicht einverstanden sind. „Die Tendenz ist definitiv steigend. Hier können wir allerdings relativ rasch einschreiten – im Gegensatz zum Internet, wo sich die Leute im anonymen Graubereich verstecken.“
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