Auch wenn sich Washington optimistisch zeigt, dass sich bei den Gesprächen am heutigen Dienstag zwischen den USA und der Ukraine in Saudi-Arabien konstruktive Ergebnisse ergeben und ein paar Schritte Richtung Waffenstillstand getan werden, dämpft Bundesheer-Experte Brigadier Roland Vartok die Hoffnungen.
„Wladimir Putin ist derzeit nicht an einem Waffenstillstand interessiert“, so der Leiter der Direktion Verteidigungspolitik und Internationale Beziehungen im Verteidigungsministerium. Zu Russlands hybrider Kriegsführung merkte er an: „Wir befinden uns bereits im Kriegszustand.“
Im russischen Staatsfernsehen gebe es ständig Drohungen mit russischen Atomangriffen auf europäische Städte, damit solle Druck auf die Bevölkerung in Europa erhöht werden, sich gegen Waffenlieferungen an die Ukraine auszusprechen. Zudem befeuere Russland gezielt die Migration nach Europa, indem Migranten gezielt an die Grenze von Belarus und Polen gebracht würden, führte Vartok bei einer Diskussion des Austria Institut für Sicherheitspolitik am Montagabend in Wien weiter aus. Putin kümmere sich auch nicht um die hohen Verluste, vielmehr würden desertierende russische Soldaten gezielt getötet.
Gezielte Angriffe auf ukrainische Infrastruktur solle nicht nur den Wehrwillen der Ukrainer brechen, sondern Städte und Dörfer unbewohnbar machen. Das könnte wiederum weitere Flüchtlingswellen Richtung Westeuropa auslösen. „Putin hat strategische Geduld und hält uns Europäer für schwach“, konstatiert der Bundesheer-Brigadier daher. Zwar seien die Ukrainer kriegsmüde, sie wüssten aber, „dass ihnen keine Option offenbleibt, außer zu kämpfen.“
„Westliche Staaten hochkant hinausgeflogen“
Der westliche Einfluss würde, wo immer möglich, verringert. So sei dies Putin etwa in der Sahelzone gelungen, wo alle westlichen Staaten „hochkant aus der Region“ geflogen seien. Außerdem sei der russische Präsident stark daran interessiert, den westlichen Zusammenhalt zu untergraben, am besten gelinge das aufgrund des Einstimmigkeitsprinzips bei außenpolitischen Fragen in der Europäischen Union durch russlandfreundliche Regierungen in EU-Staaten.
Ein Frieden sei derzeit kaum absehbar, so Vartok, denn Putin sei derzeit nicht an einem Waffenstillstand interessiert. Verhandlungen ohne die Ukraine liefen außerdem auf einen Diktatfrieden hinaus, den Putin nur als Atempause nützen würde, um in sechs Monaten wieder anzugreifen. Angesichts dieser düsteren Prognosen betrachtet Vartok das von der EU beschlossene Verteidigungspaket von 800 Milliarden Euro als viel zu klein.
Ex-OSZE-Sondergesandter: „Keine Garantie“
Der ehemalige Sondergesandte der OSZE, Martin Sajdik, betonte, dass es keine Garantie dafür gebe, dass Russland das Nachbarland nicht mehr angreife, auch wenn es ein Friedensabkommen geben sollte. In dieser Hinsicht sei die Ukraine bereits ein „gebranntes Kind“. So sei der Ukraine beim Budapester Memorandum 1994 die Unverletzbarkeit seiner Grenzen zugesichert worden, wenn es im Gegenzug alle Atomwaffen an Russland übergebe. Nun, die Atomwaffen sind weg, die Russen sind aber da.
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