Während ein plötzliches Versagen der Nieren rasch entdeckt wird, macht sich ein chronischer Verlauf mitunter erst bemerkbar, wenn ein Großteil der Funktion schon verloren ist. Anlässlich des Weltnierentages am 13. März klärt ein Experte über Risikofaktoren und Früherkennung auf.
Zwar sind die Dunkelziffern hoch, doch wird angenommen, dass weltweit jeder zehnte Erwachsene betroffen ist. „International sind sowohl Nierenerkrankungen als auch die dadurch bedingte Sterblichkeit im Steigen. Nach Schätzungen wird erwartet, dass chronische Nierenerkrankungen bis 2040 die fünfthäufigste Todesursache sein könnten“, berichtet Univ.-Prof. Dr. Erich Pohanka, Facharzt für Innere Medizin, Nephrologie, Endokrinologie und Stoffwechsel vom Health Center Vienna Airport Ärztezentrum.
Nach Schätzungen wird erwartet, dass chronische Nierenerkrankungen bis 2040 die fünfthäufigste Todesursache sein könnten.
Univ.-Prof. Dr. Erich Pohanka, Health Center Vienna Airport Ärztezentrum
Bild: Erich Pohanka
Chronische Nierenerkrankungen werden von den Betroffenen oft nicht wahrgenommen und entwickeln sie sich dann langsam schleichend weiter. Ein rechtzeitiges Erkennen der Nierenkrankheit kann nur durch Bluttests und Harnuntersuchungen erfolgen.
„Symptome können erst dann auftreten, wenn bereits 80 bis 90 Prozent der Nierenleistung verloren gegangen ist. Die Aufgaben der Nieren beschränken sich dabei nicht nur auf die Harnproduktion und die Ausscheidungsfunktionen. Sie steuern den Blutdruck, regulieren den Mineralhaushalt sowie das Säure- und Basengleichgewicht im Blut und Gewebe und stimulieren die Bildung der roten Blutkörperchen“, so Prof. Pohanka.
Könnte ich betroffen sein?
Bluthochdruck und Diabetes mellitus sind die wichtigsten Risikofaktoren für ein Nierenleiden. „Beide Erkrankungen können nach jahrelangem Verlauf und schlechter Einstellung schwere Schäden verursachen bis zum völligen Funktionsverlust der Nieren, wobei eine Kombination beider Krankheitsbilder nicht selten ist. Andere Ursachen sind genetische und immunologische Erkrankungen sowie chronische Entzündungen“, so der Experte.
Da die Nierenerkrankung in verschiedenen Stadien auftritt und die frühe Phase ohne Symptome nicht wahrgenommen werden kann, empfehlen österreichische Spezialisten bei hohem Risiko ein regelmäßiges Screening durch Messung von Albumin im Harn.
Weil die Nieren Einfluss auf zahlreiche Körperfunktionen haben, sind auch die Symptome für eine Schädigung sehr unterschiedlich:
Herz und Nieren schädigen sich gegenseitig
Vielen ist nicht bewusst, wie eng die Gesundheit der Nieren mit jener des Herzens zusammenhängt. Denn über hohen Blutdruck und andere Faktoren können Mechanismen entstehen, die das Herz schon früh schädigen. Und dies sogar bereits dann, wenn die Entgiftungsfunktion der Nieren noch intakt ist und keine Symptome verursacht. Umgekehrt kann ein vorgeschädigtes Herz die Nieren schädigen, sodass ein Teufelskreis entsteht, der langfristige Folgen hat.
Prof. Pohanka: „Etwa vier von zehn Patienten mit Herzerkrankung erleiden auch eine Nierenschwäche. Umgekehrt entwickelt einer von vier Patienten mit chronischer Niereninsuffizienz auch ein Herzproblem. Gemeinsamer Risikofaktor ist oft Diabetes mellitus. Rund jeder zweite Diabetiker erleidet eine Herzschwäche.“
Störung des Salz- und Säurehaushalts
Der menschliche Körper verfügt über empfindliche Sensoren, die ständig die Elektrolyte (Mineralstoffe, Salze) kontrollieren, die sich durch Nahrungsaufnahme, körperliche Leistungen oder Umwelteinflüsse verändern können. Gesunde Nieren reagieren prompt und gleichen mögliche Schwankungen aus, die durch salzreiche Kost einerseits oder Verlust durch starkes Schwitzen bei Arbeit oder Sport in Hitze entstehen können.
Prof. Pohanka: „Bei fortgeschrittener Niereninsuffizienz können aber bestimmte Salze nicht effizient eliminiert werden, was bis zu schweren Herzrhythmusstörungen führen kann. Störungen des Mineralstoffwechsels wiederum können zur hormonellen Dysbalance führen und den normalen Knochenumbau gefährden, während gleichzeitig die Blutgefäße frühzeitig verkalken.“
Besonders sensibel ist das Säure- und Basengleichgewicht. Die Regulierung erfolgt über die Atmung und Harnausscheidung. Störungen der Nierenfunktion führen zur Übersäuerung des Körpers, was dann durch Medikamente oder im Endstadium durch Dialyse ausgeglichen werden muss, so der Experte weiter.
„Doping“ für Nierenkranke
Das Hormon Erythropoetin (EPO) ist bekannt als Dopingmittel im Sport, um die Zahl der roten Blutkörperchen zu steigern, die den Sauerstoff von den Lungen ins Gewebe transportieren. EPO wird aber auch auf ganz natürliche Weise in den Nieren produziert. Können diese aufgrund einer Schädigung diese wichtige Funktion nicht erfüllen, kann es zur Anämie (Mangel an roten Blutkörperchen) kommen. „Die heute verfügbaren Präparate wurden entwickelt, um bei Nierenkranken dieses Hormon zu ersetzen, sodass deren Anämie gut behandelt werden kann“, erklärt Prof. Pohanka.
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