ÖBB verzweifeln

Obdachlose lassen täglich S-Bahn-Züge ausfallen

Wien
12.03.2025 06:00

Wärmestuben, Schlafstellen, Unterkünfte: Zwei psychisch beeinträchtigte Obdachlose schlagen all diese Angebote in Wien aus und haben sich stattdessen zum Schrecken für ÖBB-Fahrgäste entwickelt. Ein Lokführer schildert gegenüber der „Krone“ seine Erlebnisse mit „Läusemartin“ und „Elefantenfuß“.

Man sei vor allem im Wiener Schnellbahnverkehr ja „so einiges gewöhnt“, meint ein ÖBB-Lokführer, der sich unter der Zusicherung der Anonymität an die „Krone“ wandte, in seinem Hilferuf – aber zwei bestimmte Obdachlose stellen alles andere an „normalen“ Problemen mit Betrunkenen und Randalierern in den Schatten: Die beiden sind schon so bekannt, dass alle ÖBB-Bediensteten aus der Region sofort wissen, wer gemeint ist, wenn von „Läusemartin“ oder „Elefantenfuß“ die Rede ist.

„Bestialischer“ Gestank
„Läusemartin“, der eine der beiden, leidet unter extremem Läusebefall. Immer wieder mussten S-Bahn-Garnituren aus dem Verkehr gezogen werden, weil er mitgefahren war – die „Krone“ berichtete. Nicht minder problematisch ist es, wenn „Elefantenfuß“ einen Zug besteigt. Er hat seinen Spitznamen wegen einer verheerenden chronischen eitrigen Entzündung seines Beins, die laut dem Lokführer „bestialisch nach Verwesung stinkt“ – so sehr, dass es sogar im Führerstand zu riechen ist, wenn er in den Triebwagen einsteigt. Umso mehr schlägt er die Fahrgäste im Waggon in die Flucht.

Alle Angebote, ihm zu helfen, schlägt der Obdachlose aus. (Bild: obblokfuhrer, Krone KREATIV)
Alle Angebote, ihm zu helfen, schlägt der Obdachlose aus.

„Täglich fallen Züge wegen ihm aus. Er belästigt seit Jahren andere Fahrgäste“, verzweifelt der Lokführer an dem ungebetenen Gast – und zeigt doch Mitgefühl: „Es ist mir bewusst, dass er eine arme Seele ist.“ Er habe auch oft genug versucht, ihm zu helfen, aber: „Wenn wir ihn ansprechen, dann beleidigt er uns. Er möchte sich nicht helfen lassen. Einmal wollte er mir nachlaufen, was ihm aber aufgrund seines Beines nicht möglich war. Ohne die Polizei steigt er nur selten aus.“

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Oft kontaktieren uns Fahrgäste über die Notsprechstelle oder sprechen uns auf ihn an. Viele Kollegen sind mit der Situation überfordert, es ist eine nervliche Belastung für uns. Wir sollten uns aufs Fahren konzentrieren und nicht auf ihn.

Der ÖBB-Lokführer gegenüber der „Krone“

Ein Kampf gegen Windmühlen
Für die Exekutive und die ÖBB ist es ein Kampf gegen Windmühlen: Wenn der Obdachlose – mit entsprechendem Aufwand, entsprechenden Verspätungen und entsprechendem Ärger der Fahrgäste – aus dem Zug entfernt wird, steigt er wenig später in einen anderen ein. Die ÖBB stehen nach Zwischenfällen mit ihm nur vor der Wahl, einen Zug einzuziehen – das bedeutet eine Lücke im Fahrplan und noch mehr Ärger der Fahrgäste – oder weiterzufahren: also bleibende Geruchsbelästigung und auch so Ärger der Fahrgäste.

Gegen die beiden Obdachlosen, die bis in die ÖBB-Chefetage hinauf bekannt sind, wurde schon vor Jahren ein Hausverbot erlassen, das sie jedoch nicht beachten. Die Bahn spricht von einem mindestens so ernsten psychosozialen wie hygienischen Problem. Man habe schon über die Exekutive, Hilfsorganisationen, Gemeinden und Gerichte versucht, für die beiden Betreuung zu erreichen. Gegen ihren Willen ist das aber nur möglich, wenn Lebensgefahr oder eine unmittelbare ernste Gesundheitsgefährdung vorliegt.

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