2021 war auf einen Tiefbauer aus Niederösterreich in einer Künette ein Rohr gefallen. Seitdem ist der junge Mann querschnittsgelähmt. Aber eine Entschädigung für sein Leid blieb aus. Auch, weil in seinem Prozess vom Gericht viel Geld für die Erstellung von Gutachten ausgegeben wurde.
Michael Neubauer sitzt – in seinem Rollstuhl – in einem Gastgarten in Niederösterreich. Sein Vater hat ihn dorthin gebracht, wegen der vielen Schwellen, Stufen, die am Weg dorthin zu überwinden sind.
„Mich draußen alleine fortzubewegen, geht nur, wenn ich dabei keine Hindernisse zu bewältigen habe“, sagt der 29-Jährige, während er versucht, die Kaffeetasse, die vor ihm steht, an den Mund zu führen und daraus zu trinken.
Er wurde unter einem Rohrteil begraben
Nein, er will nicht, dass ihm dabei geholfen wird: „Denn ich muss so selbstständig wie möglich bleiben.“ In seinem Schicksal, querschnittsgelähmt zu sein. „Ab dem Brustbereich bis in die Zehenspitzen spüre ich nichts“; die Funktion seiner Arme und Hände – ebenfalls stark eingeschränkt.
Seine Behinderungen: die Folge eines Arbeitsunfalls. Geschehen am 25. November 2021. Der Tiefbauer war damals – „wie schon Tausende Male davor“ – in einer Künette gestanden, um ein Rohr zu verlegen; als ein Baggerfahrer es zu ihm brachte, kam das Fahrzeug ins Kippen, das Teil stürzte ab, Michael Neubauer wurde darunter begraben. „Danach weiß ich nichts mehr...“
Nie hatte mir einer meiner Chefs gesagt, dass ich abgesichert sein müsse, wenn ich einer Künette stehe. Ich habe das daher nie getan – und meine Kollegen auch nicht.
Michael Neubauer
Bild: Martina Prewein
Bis er – später, viel später – auf der Intensivstation des Sankt Pöltener Spitals aufwachte und von Ärzten erfuhr, dass der Nervenstrang zwischen seinem 6. und 7. Halswirbel massiv beschädigt sei. „Aber ich verlor nie meinen Lebensdrang.“
Der Prozess zog sich über Jahre dahin
Beinahe ein Jahr hindurch war der junge Mann dann stationär in Rehakliniken. Um zu lernen, mit seinem Drama umzugehen. Körperlich und seelisch.
Seine Eltern bauten in der Zwischenzeit einen Bereich ihres Hauses behindertengerecht um, „sie und meine Partnerin standen mir immer extrem bei“. Und auch der Staat kümmere sich um ihn, „ich habe Heimhilfen, ich bekomme eine Rente – und weitere Therapien bezahlt“.
Viele teure Anschaffungen muss die Familie allerdings aus eigener Tasche begleichen, etwa kürzlich ein Zuggerät für seinen Rollstuhl, das ihm mehr Eigenständigkeit gibt, das 8000 Euro gekostet hat.
Beträge, die der junge Mann, wie er zunächst gedacht hatte, bezahlen würde können – mit ihm zustehenden Schmerzensgeld. Zwei Jahre dauerte der diesbezügliche Prozess, unzählige Gutachten wurden dabei eingeholt, Versicherungs-Deckungssummen damit verbraucht, zusätzliche nicht frei gemacht, „denn das Gericht kam letztlich zu dem Schluss, dass ich fahrlässig gehandelt hätte.“
Ich vertrete Herrn Neubauer erst seit Kurzem – als die Kosten seines Verfahrens bereits explodiert waren. Ohne seine Schuld.
Anwältin Astrid Wagner
Bild: Zwefo
Weil er ungesichert in der Künette gestanden sei. „Nie hatte mir einer meiner Chefs gesagt, dass das anders sein sollte. Alle meine Kollegen und ich haben stets auf diese Weise gearbeitet.“ Fazit: Obwohl sich Michael Neubauer seine – folgenschweren – Verletzungen in der Ausübung seines Berufs zugezogen hat, bekommt er dafür keine Entschädigung.
Nun wurde für ihn ein Spendenkonto eingerichtet: Dornbirner Sparkasse; IBAN: AT39 2060 2030 0003 3377. Kennwort: „Michael“.
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