Meilenstein in der Migrationspolitik? Der Vorschlag des EU-Kommissars soll einfachere und raschere Abschiebungen ermöglichen. Die FPÖ übt Kritik und vermisst echte Verschärfungen. Den Grünen gehen Brunners Pläne bereits zu weit.
In den vergangenen Monaten wurde es ruhig um Österreichs ehemaligen ÖVP-Finanzminister. Gestern war Magnus Brunners erste große Stunde auf europäischer Ebene aber gekommen. Im EU-Parlament in Straßburg legte der mittlerweile für Migration zuständige Kommissar – wie berichtet – seinen Vorschlag für ein neues EU-Rückführungsgesetz vor. Die innenpolitischen Reaktionen könnten nicht unterschiedlicher ausfallen.
Was der FPÖ zu wenig ist, ist den Grünen zu viel
Nicht weit genug gehen die Maßnahmen den Freiheitlichen. „Keine Festung Europa, keine Durchsetzung der Dublin-Regeln, kein Abstellen von Pull-Faktoren, optionale Rückführungszentren und keine Sanktionen gegen rücknahmeunwillige Länder“, kritisieren die Blauen.
„Wo Verschärfung draufsteht, ist ein ,Weiter wie bisher‘ drin. Es braucht einen kompletten Systemwechsel statt der üblichen Flickschusterei. Weniger als jeder Fünfte illegale Asylant, der einen negativen Asylbescheid samt Rückführungsanordnung erhalten hat, wird tatsächlich abgeschoben, während gleichzeitig tagtäglich Tausende neue illegale Einwanderer ungehindert nach Europa strömen. Dieses katastrophale System zieht Europa vom Sicherheits- bis hin zum Sozialbereich in den Abgrund und daran wird auch eine völlig unzureichende Rückführungslinie nichts ändern“, meint FPÖ-Chef Herbert Kickl.
Zu weit geht der Vorschlag den Grünen. Thomas Waitz, Delegationsleiter der Grünen im EU-Parlament, kritisiert: „Die EU-Kommission lässt sich von rechten Hetzparolen antreiben und macht Showpolitik ohne Probleme anzugehen. Abschiebezentren in Drittstaaten sind mit den EU-Menschen- und Grundrechten nicht vereinbar und stehen somit rechtlich auf wackeligen Beinen. Der Vorschlag der Kommission wird die echten Probleme nicht lösen und macht die EU auch noch anfälliger für Erpressung durch Drittstaaten, die flüchtende Menschen als Druckmittel nutzen. Die EU braucht ein sicheres, faires und effizientes Rückkehrsystem, das auf Rechtsstaatlichkeit basiert.“
Rückführungsbescheide sollen EU-weit gelten
Das Maßnahmenpaket soll zu einem Meilenstein in der EU-Migrationspolitik werden. „Effizienter und einheitlicher“ soll aus allen 27 Mitgliedsstaaten künftig rückgeführt werden dürfen. Von einem EU-Land erlassene Abschiebebescheide sollen künftig etwa auch in den anderen Mitgliedstaaten automatisch gelten. Bislang sind selbige nur für das jeweilige Land gültig.
Eine „EU-Rückführanordnung“ soll darüber hinaus dafür sorgen, dass aufgegriffene illegale Migranten direkt aus dem EU-Land zurückgeschickt werden können, in dem sie zuletzt aufgegriffen wurden. Dadurch soll verhindert werden, dass Illegale erneut „untertauchen“. Rückzuführende sollen in Zukunft zudem enger mit den Behörden kooperieren müssen. Tun sie dies nicht, drohen Konsequenzen wie die Streichung von Leistungen. Probleme bereitet derzeit noch die Definition des „sicheren Drittstaates“, in den ja rückgeführt werden darf, und ob dieser die Betroffenen überhaupt aufnimmt.
Eine härtere Gangart gilt bald auch für jene, die straffällig geworden sind. Für Personen, die etwa von den Mitgliedsstaaten als Sicherheitsrisiko eingeschätzt werden, können künftig etwa sogar gesonderte Haftgründe gelten. Auch die umstrittenen Rückkehrzentren sollen in Fällen möglich werden, für die bereits ein Rückführbescheid erlassen sei. Es werde aber auch „Garantien für Grundrechte“ geben, geht der Kommissar auf die Kritik daran von NGOs und Menschenrechtsorganisationen ein. Gültig ist Brunners Vorschlag ohnehin noch nicht. Der Vorschlag muss zuvor noch vom EU-Parlament und dem Rat der Mitgliedstaaten angenommen werden.
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