Der Anteil der Wahlberechtigten an der Wiener Bevölkerung sinkt seit Jahren kontinuierlich. Heuer ist ein neuer Rekordwert erreicht worden: Bei der Landtags- und Gemeinderatswahl am 27. April wird mehr als ein Drittel der Wienerinnen und Wiener mangels österreichischer Staatsbürgerschaft nicht abstimmen dürfen.
Waren in den 1980er-Jahren noch mehr als 90 Prozent der Volljährigen in Wien wahlberechtigt, sank der Anteil trotz Senkung des Wahlalters auf 16 Jahre bei der Wahl 2010 erstmals unter 80 Prozent. Bei der Gemeinderatswahl 2015 waren bereits mehr als ein Viertel der Wienerinnen und Wiener im Wahlalter vom Wahlrecht ausgeschlossen. Nur noch rund 70 Prozent der in Wien lebenden Menschen waren bei der Wiener Gemeinderatswahl vor fünf Jahren zur Stimmabgabe aufgerufen.
Mehr als ein Drittel der Nicht-Stimmberechtigten stammt aus der Europäischen Union. Die rund 260.000 in Wien lebenden EU-Bürgerinnen und -Bürger dürfen zwar an den Bezirksvertretungswahlen teilnehmen, aber anders als in anderen Gemeinden nicht für den Gemeinderat stimmen, weil dieser in Wien gleichzeitig der Landtag ist und die Teilnahme an Landtagswahlen gemäß Verfassung österreichischen Staatsbürgern vorbehalten ist.
Innerhalb Wiens ist der Anteil der Nicht-Wahlberechtigten ungleich verteilt: Im Bezirk Rudolfsheim-Fünfhaus ist er mit 45,9 Prozent am höchsten, dahinter folgen Favoriten (44,2) und die Brigittenau (44,4). Am anderen Ende des Spektrums liegt Wien-Hietzing mit 24,5 Prozent.
Wien auf dem Weg zur einer „halben Demokratie“
Warnungen, dass der steigende Anteil der Nicht-Wahlberechtigten ein demokratiepolitisches Problem darstellt, gibt es seit Jahren. Die Organisation SOS Mitmensch spricht davon, dass sich Wien auf dem Weg zu einer „halben Demokratie“ befinde, weil laut ihrer Prognose im Jahr 2050 nur noch jede zweite Person wahlberechtigt sein werde. Das Problem sieht die NGO, die im Vorfeld der Wien-Wahl erneut eine symbolische „Pass Egal Wahl“ veranstalten wird, nicht nur in der Einwanderung, sondern auch im restriktiven Zugang zur österreichischen Staatsbürgerschaft. Daran dürfte auch die neue Dreier-Koalition wenig ändern, laut Regierungsprogramm sollen die Anforderungen bei Deutschkenntnissen noch verschärft werden. Nur für Personen mit dringend benötigten Berufen soll es Erleichterungen bei den finanziellen Anforderungen geben.
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