Ein drohendes 220-Millionen-Euro-Sparpaket versetzt den Österreichischen Rundfunk in Aufruhr. Grund: Die neue Regierung plant, den ORF-Beitrag bis 2029 einzufrieren. ORF-General Roland Weißmann warnt: „Wir müssen jeden Stein umdrehen!“
Das Regierungsvorhaben, den ORF-Beitrag bis 2029 nicht erhöhen zu lassen, beschäftigt die Stiftungsräte des öffentlich-rechtlichen Medienhauses. Circa 220 Millionen Einsparbedarf von 2027 bis 2031 sieht ORF-Generaldirektor Roland Weißmann dadurch.
Doppelgleisigkeiten müssen eingestellt werden
Für Stiftungsrat Thomas Zach, Leiter des ÖVP-nahen „Freundeskreises“ und Vorsitzender des Finanzausschusses im Stiftungsrat, hat die ORF-Geschäftsführung gewissermaßen Erwartungen schon erfüllt, indem sie proaktiv eine Analyse der zu erwartenden Auswirkungen des Medienkapitels im Regierungsprogramm erstellt habe.
Möglichst viele Doppelgleisigkeiten müssten nun eingestellt werden, um durch Effizienzgewinne weiterhin den Programmauftrag bestmöglich zu erfüllen. Denn: „Der Maßstab ist bestmögliches Programm aus Publikumssicht“, sagt er im Vorfeld der am Donnerstag stattfindenden ORF-Stiftungsratsitzung. Idealerweise solle gar nicht im Programm gespart werden.
Zach: „Den Kopf nicht in den Sand stecken“
Wo der Sparstift letztlich angesetzt wird, ist noch nicht fixiert. Das werden die nächsten Woche und Monate zeigen, sagte Zach, der aber davon ausgeht, dass am Ende der nächsten Gebührenperiode weniger Menschen beim ORF arbeiten werden als bisher – was auch an natürlichen Abgängen liegt, die nicht nachbesetzt werden.
Soziale Härten sollten jedenfalls bestmöglich vermieden werden, sagt er mit Blick auf die ORF-Mitarbeiterinnen und -Mitarbeiter, die nicht zuletzt wegen äußerst niedriger Lohnabschlüsse in Hochinflationszeiten das Unternehmen auf „stabilem Kurs“ gehalten hätten. „Es geht um Rechtzeitigkeit und Fairness, aber auch darum, nicht den Kopf in den Sand zu stecken“, sagt Zach.
Lederer hält nichts von „Hyperaktivität“
Stiftungsrat Heinz Lederer, Leiter des SPÖ-nahen „Freundeskreises“ im Stiftungsrat, hält dagegen nichts von „Hyperaktivität“. Er rät der Direktion als „ruhige Kraft“ aufzutreten. Zwar werde schon etwas auf den ORF zukommen, doch: „Zu Tode gefürchtet, ist auch gestorben.“ Es handle sich soweit um ein Regierungsvorhaben, kein Gesetz, betont Lederer und berichtet von zahlreichen Personen aus der ORF-Belegschaft, die sich mit Sorge an ihn gewandt hätten.
Ohne zu wissen, wie ein allfälliges Gesetz aussehen werde, würden Mitarbeiter „in Angst und Panik“ versetzt, schüttelt der Stiftungsrat den Kopf. Die nächste Sparwelle werde förmlich „herbeigesehnt“, so der Eindruck Lederers.
Pilz sieht ORF am „Rand des Abgrunds“
Sigrid Pilz, die für den Grünen nahestehende Stiftungsräte spricht, hält das Regierungsvorhaben, den ORF-Beitrag nicht erhöhen zu lassen, für „völlig überzogen“. Die beinahe 220 Millionen Euro an Einsparvolumen würden den ORF „an den Rand des Abgrundes“ bringen.
„Es wird zur Erreichung dieses Ziels alles hinterfragt werden. Dem Personal wird der (nicht goldene) Handshake angeboten“, fürchtet die Stiftungsrätin. Zu befürchten sei zudem, dass die „üblichen Verdächtigen“ in Form von ORF-Radiosymphonieorchester (RSO) und FM4 in Bedrängnis geraten oder auch ein „katastrophaler Sparzwang“ für Ö1 drohe.
Sparstift bereits angesetzt
Der ORF spart schon heuer 80 Millionen Euro. 2026 sind 104 Millionen Euro vorgesehen. Kombiniert mit einer Nicht-Valorisierung des ORF-Beitrags, der derzeit 15,30 Euro pro Haushalt und Monat beträgt, blicke man auf das „größte Sparpaket, mit dem der ORF je konfrontiert war“, rechnete ORF-Chef Weißmann kürzlich vor.
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