EU-Rückkehrzentren

„Willige Drittstaaten“ zu finden, ist sehr schwer

Außenpolitik
12.03.2025 12:02

Das von EU-Kommissar Magnus Brunner am Dienstag vorgestellte EU-Rückführungsgesetz soll künftig Abschiebungen schneller und effizienter gestalten, besonders von illegal eingereisten Zuwanderern. Doch Experten dämpfen die Erwartungen, denn „willige Drittstaaten“ zu finden, sei alles andere als eine einfache Aufgabe.

„Papier ist geduldig, gerade in Brüssel“, formuliert Migrationsforscherin Judith Kohlenberger, die Umsetzung der präsentierten Pläne sei dagegen umso schwieriger. Denn es sei eine Sache, wenn die Europäische Union nun stärker Rückführungen durchführen wolle, eine andere sei aber die Tatsache, dass man die Herkunftsländer der Personen nicht in die Pflicht nehmen könne. Für diese gelte schließlich das Unionsrecht nicht.

Judith Kohlenberger von der Wirtschaftsuniversität Wien (Bild: Christian Lendl (www.dchr.is))
Judith Kohlenberger von der Wirtschaftsuniversität Wien

„Das gelingt in der Praxis selten“
Die Konsequenz daraus sei nun die Suche nach Staaten, mit denen die Mitgliedsstaaten Abkommen für die Einrichtung von Rückkehrzentren schließen können. Das sei aber schwierig laut Kohlenberger: „Deshalb hat man diese Maßnahme wohl auch den Mitgliedsstaaten überlassen: Mit der Verordnung wird die Grundlage geschaffen, dass sie Vereinbarungen mit Drittstaaten selbst abschließen können.“ Was in der Praxis selten gelingen werde, prognostiziert die Expertin. 

„Auch wenn die Menschen beispielsweise nach Ruanda geflogen werden, wie es Großbritannien zu tun beabsichtigte, bedeutet das nicht, dass sie über Libyen und den Seeweg über das Mittelmeer nicht wieder nach Europa kommen könnten“, gibt die Forscherin von der Wirtschaftsuniversität Wien zu bedenken. Man könne die Menschen schließlich nicht dauerhaft gegen ihren Willen festhalten. 

Zeitpunkt des Vorschlags „strategisch klug“
Das Timing der Rückkehr-Verordnung überrascht Kohlenberger nicht. Es sei ein Thema, das angesichts der Wahlergebnisse verschiedenster nationaler Wahlen auf der Hand läge und nun „strategisch klug eingesetzt“ werden könne, weil es „wenig Dissens dazu gibt“. Jede EU-Kommission habe sich in der Vergangenheit die Verbesserung des Migrationspolitik durch höhere Effizienz und Schnelligkeit von Abschiebungen an die Fahnen geheftet. Der österreichische EU-Migrationskommissar würde daran nur anknüpfen. 

EU-Migrationskommissar Magnus Brunner stellte am Dienstag ein „effizienteres, kohärenteres Rückführungssystem“ mit „in ganz Europa vereinheitlichten Regeln“ vor.  (Bild: RONALD WITTEK)
EU-Migrationskommissar Magnus Brunner stellte am Dienstag ein „effizienteres, kohärenteres Rückführungssystem“ mit „in ganz Europa vereinheitlichten Regeln“ vor. 

Kritik an Merz-Modell
Ein Vorgehen wie jenes, das die deutsche CDU/CSU nun plant, sieht Kohlenberger kritisch. „Dass Deutschland Migranten und Asylbewerber notfalls auch ohne Zustimmung der Nachbarländer an den deutschen Grenzen abweisen will, verlagert das Problem nur auf die Nachbarländer und in letzter Konsequenz wieder an die europäische Peripherie“, sagt die Migrationsforscherin. Als Lösungsansätze sieht die Forscherin – neben der Einhaltung des geltenden Rechts – einerseits eine faire, rechtsstaatliche und „halbwegs schnelle“ Abwicklung von Asylverfahren. Andererseits brauche es eine „ menschenwürdige Unterbringung“ der Asylsuchenden. Aktuell gebe es hierbei aber vielmehr einen „Wettbewerb nach unten“, wo die EU-Staaten versuchen, möglichst unattraktiv zu gestalten.

Lukas Gahleitner-Gertz von der Asylkoordination Österreich gab sich am Dienstagabend in der ORF-Sendung „ZiB 2“ ebenfalls äußerst skeptisch. „Wenn wir das nicht einmal im Rahmen der Europäischen Union schaffen, wie soll das mit Drittstaaten funktionieren?“, wies er im Gespräch mit Moderator Armin Wolf auf das Problem hin, dass in der EU selbst die Aufteilung von Migranten nicht funktioniere und jedes Mitgliedsland „sein eigenes Süppchen“ koche.

Loading...
00:00 / 00:00
Abspielen
Schließen
Aufklappen
Loading...
Vorige 10 Sekunden
Zum Vorigen Wechseln
Abspielen
Zum Nächsten Wechseln
Nächste 10 Sekunden
00:00
00:00
1.0x Geschwindigkeit
Loading
Kommentare
Eingeloggt als 
Nicht der richtige User? Logout

Willkommen in unserer Community! Eingehende Beiträge werden geprüft und anschließend veröffentlicht. Bitte achten Sie auf Einhaltung unserer Netiquette und AGB. Für ausführliche Diskussionen steht Ihnen ebenso das krone.at-Forum zur Verfügung. Hier können Sie das Community-Team via unserer Melde- und Abhilfestelle kontaktieren.

User-Beiträge geben nicht notwendigerweise die Meinung des Betreibers/der Redaktion bzw. von Krone Multimedia (KMM) wieder. In diesem Sinne distanziert sich die Redaktion/der Betreiber von den Inhalten in diesem Diskussionsforum. KMM behält sich insbesondere vor, gegen geltendes Recht verstoßende, den guten Sitten oder der Netiquette widersprechende bzw. dem Ansehen von KMM zuwiderlaufende Beiträge zu löschen, diesbezüglichen Schadenersatz gegenüber dem betreffenden User geltend zu machen, die Nutzer-Daten zu Zwecken der Rechtsverfolgung zu verwenden und strafrechtlich relevante Beiträge zur Anzeige zu bringen (siehe auch AGB). Hier können Sie das Community-Team via unserer Melde- und Abhilfestelle kontaktieren.



Kostenlose Spiele
Vorteilswelt