Unbezahlte Überstunden, Zwölf-Stunden-Dienste, Kündigungen im Krankenstand – um die Sicherheitsbranche steht es schlecht in Österreich. Eine Untersuchung der Arbeiterkammer (AK) und der Gewerkschaft vida kommt zu einem ernüchternden Ergebnis. Ihre Analyse bestätige einige „systematische Missstände“.
„Die Beschäftigten im Bewachungsgewerbe finden keineswegs sichere und zuverlässige Arbeitsbedingungen vor“, kritisieren Arbeiterkammer (AK) und vida.
Die Branche hat mit einem starken Preiskampf zu kämpfen, der an die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer weitergegeben wird – in Form von langen Diensten, kurzfristiger Einsatzplanung, schwierigen Arbeitsbedingungen und Einsparungen bei Ausbildung und Personalplanung.
Bewacherinnen und Bewacher seien zum Beispiel bis zu fünf Tage in Folge zwölf Stunden am Stück im Dienst. Das sei „höchst riskant“, so vida-Experte Gernot Kopp.
Bewacherinnen und Bewacher sind bis zu fünf Tage in Folge zwölf Stunden am Stück im Dienst. Das ist höchst riskant.
vida-Experte Gernot Kopp.
Lohnabrechnung meist unfair
Und auch bei der Lohnabrechnung laufe nicht immer alles fair ab: „In 36 Prozent der Fälle wurden Überstunden nicht oder nicht korrekt bezahlt. Das reichte von kleinen Differenzen bis hin zu Extrembeispielen, bei denen 300 Überstunden samt Zuschlägen unterschlagen wurden“, zeigen sich die Arbeitnehmervertreter fassungslos.
Kündigung bei zweitem Krankenstand
Ein Krankenstand kann in der Sicherheitsbranche schwere Folgen haben. „Der Umgang mit kranken Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern lässt zu wünschen übrig und ein klares Muster erkennen: Bereits der zweite Krankenstand in einem Arbeitsverhältnis kann für die Beschäftigten zum Problem werden, viele werden gekündigt – oftmals sehr formlos über WhatsApp“, bemängeln AK und vida.
Konflikte werden oft außergerichtlich gelöst
Dominiert werde der Markt von G4S, Securitas, Siwacht und ÖWD. Sie machten mehr als die Hälfte des Marktes aus, wobei alle vier Firmen einen Betriebsrat haben. Dadurch würden arbeitsrechtliche Konflikte häufig außergerichtlich gelöst werden.
Trotzdem führte die AK Wien von Jänner 2023 bis November 2024 rund 700 Beratungsgespräche mit Personen aus der Branche. „Das ist in Anbetracht der vergleichsweise kleinen Branche eine bemerkenswerte Zahl an Fällen. Insbesondere weil sich nur ein Teil der von Unrecht betroffenen Beschäftigten an die AK wendet und die Dunkelziffer immer höher ist“, gibt die Arbeiterkammer zu bedenken.
Mehr als ein Drittel ohne österreichische Staatsbürgerschaft
Jährlich sind rund 12.700 Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer im Bewachungsgewerbe tätig. Rechne man kurzfristig Beschäftigte für bestimmte Anlässe dazu, steige die Anzahl auf bis zu 16.000. „Der Frauenanteil beträgt bundesweit 40 Prozent. Mehr als ein Drittel der Beschäftigten in Wien hat keine österreichische Staatsbürgerschaft“, rechnen AK und vida vor.
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