Wer übernahm nach dem Ende der Monarchie das Privatvermögen des letzten Kaisers? Worum ging es in der „Kronjuwelen-Affäre“? Wie ging die junge Republik mit dem ehemaligen Hofvermögen um und durfte der letzte Kaiser von Österreich Kronen und Schmuckstücke mit ins Exil in die Schweiz nehmen?
Bevor man eine exakte Definition erhält, was genau „Habsburgervermögen“ bedeutet, müssen zunächst einige grundsätzliche Fragen geklärt werde, unter anderem: Was gehörte eigentlich dem Kaiser persönlich? Was dem Hof? Und was dem Staat?
Diese unterschiedlichen Vermögensverhältnisse waren zwar schon zu Kaisers Zeiten genau festgelegt, doch was sich hinter so sperrigen Begriffen wie „Kronfideikommiss“, oder „Allerhöchster Versorgungsfonds“, hinter „Hofärar“ und „Allerhöchste Sammlungen“ verbarg, das war stets eine Wissenschaft für sich.
Wichtig war die Unterscheidung der verschiedenen Vermögensarten
Kurz und übersichtlich: Als „Hofärar“ wurde das „höfische“ Vermögen bezeichnet, auf das der regierende Monarch in seiner Eigenschaft als Staatsoberhaupt zugreifen konnte. Dazu zählten u.a. Schloss Schönbrunn, die Hofburg, das Mobiliar der verschiedenen Residenzen, die Hofgärten, aber etwa auch das Tafelsilber. Dieses Vermögen stand stets nur in der Verfügungsgewalt des regierenden Monarchen, es gehörte ihm aber nicht.
Privatvermögen besaßen die einzelnen Mitglieder der Habsburgerdynastie natürlich auch: Das war jenes Vermögen, das vorwiegend über Mitgift und Erbschaften in ihren Besitz kam und niemals dem Hofvermögen zugerechnet wurde; dieses konnte auch an die Kinder eines Kaisers vererbt werden.
Zusätzlich hielt das Haus Habsburg noch verschiedene „gebundene“ Vermögen, etwa den „Allerhöchsten Familienfonds“ – quasi das gemeinsame Familienvermögen der Habsburger –, aus dessen Zinserträgen jedem Familienmitglied jährlich ein aliquoter Anteil ausgeschüttet wurde, oder das „Kronfideikommiss“, das Kaiser Franz Joseph noch kurz vor seinem Tod für seinen Nachfolger Kaiser Karl errichtete. Und dann gab es noch die „Allerhöchsten Sammlungen“, zu denen etwa die Schatzkammer, die Gemäldesammlung und die Hofbibliothek gehörten.
Die Inventur des Vermögens war erst nach drei Jahren abgeschlossen
All das wurde ab 1918 in der jungen Republik Deutschösterreich entflochten, um eine klare Trennung zwischen Privat- und Staatsvermögen zu eruieren. Was Privatvermögen war, sollte Privatvermögen bleiben. Das Staatsvermögen blieb dafür in Händen des Staates. Und das Hofvermögen sollte – da es ja nun keinen Hof mehr gab – dem neuen Staat und seinen Bürgern zugeführt werden. Klingt einfach, war es aber keineswegs.
Es dauerte drei Jahre, bis die Inbesitznahme der ehemals kaiserlichen Hofämter, Kunstsammlungen und Schlösser abgeschlossen war, und es gestaltete sich enorm kompliziert.
Bei manchen Vermögensteilen gab es massive Probleme durch eine uneindeutige rechtliche Lage. Und es gab politische Entwicklungen, die entscheidende Änderungen nach sich zogen: Als etwa Kaiser Karl im Frühjahr 1919 kurz vor dem Übertritt über die Schweizer Grenze, wo er sein erstes Exil nahm, seine Verzichtserklärung vom November 1918 widerrief, erließ die neugewählte Regierung Deutschösterreichs die „Habsburgergesetze“.
Damit wurde der ehemalige Träger der Krone nicht nur zeit seines Lebens des Landes verwiesen, sondern auch sein – bis dato unangetastetes – Privatvermögen eingezogen. Der „Allerhöchste Familienfonds“ wurde sozialen Zwecken zugeführt und zum „Kriegsgeschädigtenfonds“ umgewidmet, dessen Erträge nun Kriegswitwen und -waisen zugutekamen – allerdings ließ die galoppierende Inflation seinen Bestand rasch dahinschmelzen.
Was sollte die junge Republik mit den ehemals kaiserlichen Schätzen tun?
Die neuen Herren der ehemals kaiserlichen Schlösser standen bald vor einem Problem: Was soll man mit den alten Residenzen tun? Wie sollte deren Erhalt gesichert werden? Im Schloss Schönbrunn wurden recht schnell Schauräume eröffnet. Als die Privaträume von Kaiser Franz Joseph der Öffentlichkeit zugänglich gemacht wurden, stürmten die Bürger das Schloss, das Interesse war riesig.
Auf besonderes Interesse jedoch stieß in der Öffentlichkeit – und zwar bis in die späten 1960er-Jahre – das mysteriöse Verschwinden der kaiserlichen Kronjuwelen aus der Schatzkammer: Am 30. Oktober 1918 entnahm der letzte offizielle kaiserliche Hüter den sagenhaften Juwelenschatz der Habsburger aus der legendären „Vitrine 13“ der Schatzkammer und brachte ihn in die Schweiz. Darunter befanden sich u.a. der „Florentiner“, einer der größten Diamanten der Geschichte, und der außergewöhnliche Hausschmuck der Habsburger: Diademe und Colliers von Maria Theresia, Königin Marie Antoinette und Kaiserin Sisi sowie eine Damenkrone. Um diesen Schmuck entspann sich ein heftiger Streit zwischen den Juristen der neuen Regierung der Republik und jenen des ehemaligen Herrscherhauses.
Rein rechtlich hatte Kaiser Karl den Schmuck entnehmen dürfen, denn zu diesem Zeitpunkt war er noch Kaiser, er verzichtete ja erst im November 1918 auf die Regierungsgeschäfte. Er hätte die Juwelen aber nie ausführen dürfen, argumentierte dagegen die Republik, da er selbst ein Gesetz erlassen hatte, das die Ausfuhr von Kulturgütern strengstens untersagte. Diese „Kronjuwelen-Affäre“ beschäftigte noch die Zweite Republik – und ist eine von vielen komplexen und geklärten Fragen zum Schatz der Habsburger.
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