Unbeeindruckt zeigt sich Kanzler Christian Stocker von der Kritik am scharfen Asylkurs der ÖVP. Das Thema sei den Menschen ein Anliegen und daher Maßnahmen notwendig. Dass man mit dem Stopp des Familiennachzugs einen Verstoß gegen europäisches Recht in Kauf nimmt, argumentierte der Jurist Stocker beinhart.
„Das Recht ist dazu da, um Lösungen zu ermöglichen und nicht zu verhindern.“ Wenn er als Rechtsanwalt nur Prozesse geführt hätte, von denen er überzeugt gewesen ist, sie zu gewinnen, hätte er seinen Mandanten nicht gedient, so Stocker am Freitag in einer ausführlichen Antrittspressekonferenz vor zahlreichen Journalisten.
„Gewisse Aspekte ändern“
„Selbstverständlich gibt es ein Risiko, dass die eine oder andere Maßnahme in einem Verfahren als nicht rechtskonform bezeichnet wird. In der Regel bekommt man in so einer Entscheidung aber auch gewisse Aspekte mit, warum das so ist und was allenfalls zu ändern wäre, damit man es trägt“, so Stocker. Diese rechtliche Anleitung könne man sich dann mitnehmen und das Recht entsprechend ändern.
„Wir werden den Rechtsrahmen so setzen müssen, dass wir in einer Problemlage, die in Europa und auch in Österreich für die Menschen eine sehr drückende ist, Lösungen zur Verfügung stellen“, so Stocker. Man stelle das Asylrecht nicht infrage, aber Missbrauch soll abgestellt werden.
Das zweite Schwerpunktthema der Regierung ist Wirtschaft und Budget. Kommende Woche findet die erste Arbeitsklausur der Dreier-Koalition statt, dort wird es um Wirtschaftspolitik gehen. Die Wirtschaftsforschungsinstitute Wifo und IHS sind mit Vertretern eingeladen, um die voraussichtliche Entwicklung darzustellen und Maßnahmen vorzuschlagen. „Wir werden bei dieser Regierungsklausur den Fokus darauf legen, wie wir den Arbeitsplan gestalten für die unmittelbare Zukunft, für die nächsten Wochen und Monate.“
Stocker betonte, dass die Regierung weiter am Ziel festhalte, ein EU-Defizitverfahren zu vermeiden. Angesichts der schlechten Wirtschaftslage schließt der Kanzler nicht aus, dass der derzeit geplante Einsparungsbedarf von 6,4 Milliarden Euro noch steigen könnte. Er hofft aber, dass die Verteidigungsausgaben aus dem Stabilitätspakt genommen werden. Das würde die Budgetsanierung erleichtern. Das wird derzeit in der EU diskutiert.
Neutralität schützt uns nicht vor Bedrohungen
Zur Neutralitätsdebatte hält Stocker einmal mehr fest, dass es für eine Abschaffung keine Mehrheit gibt. „Und selbst wenn man die Neutralität in der Sekunde abschaffen würde, hätte sich in unserer Sicherheitssituation wohl nichts geändert. Das heißt, die Neutralität ist kein Schutz vor Bedrohungen, sondern die Neutralität ist aus dem Staatsvertrag entstanden. Und wir haben sie immer als militärische Neutralität verstanden und nicht als Werteneutralität.“ Österreich trage wie alle EU-Länder und als Teil Europas zur Gesamtverteidigung bei.
Er will ein Kanzler für alle Österreicher sein und auch die FPÖ-Wähler mitnehmen, bekräftigte Stocker. In der Vergangenheit habe man in einer „Konfliktdemokratie“ gelebt, „aber es gibt, wie immer im Leben, Zeiten, die sind für Konflikt gemacht und es gibt Zeiten, die sind für Konsens gemacht. Ich glaube, die Zeit, die wir jetzt haben, ist für Konsens.“
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