Aggressives Verhalten

Spitalsmitarbeiter lernen Patienten zu beruhigen

Gesund
15.03.2025 06:00

Viele Patienten, die ein Krankenhaus betreten, sind nervös. Hin und wieder ufern solche Situationen auch aus und die Aggression steigt. Daher erlernen Spitalsmitarbeiter des Ordensklinikums Linz in einem Deeskalationskurs, wie sie richtig mit aggressiven Menschen umgehen.

„Wir warten schon Stunden. Wann kommen wir endlich an die Reihe?“ oder „Ich habe nicht ewig Zeit, arbeitet hier überhaupt jemand?“ sind typische Aussagen, die durch die Gänge einer Ambulanz schallen.

Ganz klar, viele Patienten und ihre Angehörigen sind beim Besuch eines Spitals nervös. Leider ufern jedoch Situationen hin und wieder auch aus, und die Aggression steigt. Zu verbalen Auseinandersetzungen kommen im schlimmsten Fall auch körperliche Drohgebärden hinzu. Kein angenehmer Umstand für alle Anwesenden. Gewusst wie, lassen sich aufgeregte Personen jedoch gut beruhigen – das können Mitarbeiter bereits in mehreren Krankenhäusern in sogenannten Deeskalationskursen erlernen.

Wie entstehen brenzlige Situationen überhaupt, und mit welchen Maßnahmen lassen sie sich entschärfen? „Zusätzlich zur jeweiligen Grundstimmung des Patienten – meist ist er, wie erwähnt, angespannt – gesellen sich noch Faktoren wie Wartezeiten, nüchtern bleiben, Angst vor Ungewissheit, familiäre Themen usw. hinzu“, berichtet Mag. Christine Haas, Bereichsleitung Pflege Intensivstationen und Herzkatheter-Labor sowie eine von mehreren Deeskalationstrainerinnen am Ordensklinikum Linz, OÖ.

Wie man sich einen aggressiven Patienten vom Leib hält, kann man üben. (Bild: Ordensklinikum Linz)
Wie man sich einen aggressiven Patienten vom Leib hält, kann man üben.

Auseinandersetzungen gibt es in fast jeder Gesundheitseinrichtung, am häufigsten in Akutkrankenhäusern. Das Risiko für körperliche Gewalt ist jedoch erwiesenermaßen in der Notaufnahme am höchsten. Zurück zu einem Beispiel: Ruft ein ungeduldiger Mensch in der Ambulanz „Ich warte jetzt schon eine Stunde, arbeitet denn hier überhaupt jemand?“, würden wohl die meisten versuchen, sich sofort zu rechtfertigen. Das wäre eine falsche Reaktion!

Keine Erklärungen in der „heißen“ Phase
„Statt etwas zu erklären oder Rechenschaft abzulegen, ist es besser, dieser Person sinngemäß zu sagen: ,Ich sehe, die Wartezeit ist schon sehr lang für Sie‘“, zeigt Mag. Haas jene Technik auf, die sie bereits vielen Schulungsteilnehmern nähergebracht hat. Diese Form der Gesprächsführung heißt „Widerspiegeln“, so die Expertin, „dabei kann man wortwörtlich Gesagtes, das gezeigte Verhalten oder die sichtbare Emotion widerspiegeln. Diese Technik erscheint allen Kursteilnehmern am Anfang sehr ungewohnt, wenn man aber seinen eigenen Stil gefunden hat, ist sie sehr hilfreich. Auf die Aussage der einschreitenden Person wird der wartende Patient mit ,Ja‘ antworten. Er fühlt sich gesehen und in seiner subjektiven Not wahrgenommen, was den ersten Schritt für eine Deeskalation bedeutet.“

Sollten die Beschwerden damit nicht enden, braucht es mitunter einen zweiten Anlauf des Widerspiegelns. Meistens lässt sich danach aber eine normale Gesprächsbasis herstellen, versichert die Deeskalationstrainerin. „Dann kann man dem Gegenüber auch die Fakten erklären, z. B. dass die Station unterbesetzt ist und es deshalb zu längeren Wartezeiten kommt oder es eine Reihung nach Dringlichkeit gibt.“

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Hochaufgebrachte Personen lassen sich nicht durch sachliche Informationen beruhigen.

(Bild: Ordensklinikum Linz)

Mag. Christine Haas, Deeskalationstrainerin, Ordensklinikum Linz

Warum klappt es nicht, dem Wütenden sofort die Lage zu erklären? Mag. Haas: „Hochaufgebrachte Personen lassen sich nicht durch sachliche Informationen beruhigen. Menschen in emotionalen Ausnahmesituationen sind kognitiv gar nicht in der Lage, diese Information zu verarbeiten.“

Hinter der Aggression verbergen sich oft Sorgen des Patienten: „Manchmal ist gar nicht die Wartezeit an sich das Problem, sondern der hilfsbedürftige Partner, der zu Hause ausharrt. Auch der Wunsch nach einem Glas Wasser, das er sich nicht zu holen traut, aus Angst, den Termin zu verpassen, kann hinter seinem Verhalten stecken“, gibt die Trainerin zu bedenken.

So weit sollte es gar nicht erst kommen. Im Notfall helfen Lösetechniken. (Bild: stock.adobe.com null)
So weit sollte es gar nicht erst kommen. Im Notfall helfen Lösetechniken.

Körperliche Übergriffe abwehren
Wenn es nicht gelingt, eine Gesprächsbasis herzustellen und das Gegenüber körperlich übergriffig wird, lernen die Kursteilnehmer, Abstand zu gewinnen, sich aus der Situation zu entfernen und Hilfe zu holen. Manchmal reicht auch ein lautes „Stopp“, um zu zeigen, dass die persönliche Grenze überschritten wurde. Hält der Angreifer den Spitalsmitarbeiter etwa an der Kleidung fest, nützen Lösetechniken.

Für Momente wie diese erlernen die Kursteilnehmer die „ALFI-Technik“ (Abwehr-, Flucht- und Lösetechnik). Dabei geht es um den Schutz des Mitarbeiters, aber auch um die Sicherheit des Angreifers. „Wir schulen keine Selbstverteidigung, weil diese ja auch eine Verletzung des Wütenden in Kauf nehmen würde“, so Mag. Haas. Die Trainings sind Teil des Projekts „Achtsamkeit zeigt Wirkung“. Dessen Ziel ist Gewaltprävention sowie ein gelingender Umgang mit Gewalt und Aggression im Ordensklinikum Linz.

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