Die Vorarlberger Gemeindewahlen am Sonntag taugen zwar nicht zum Thriller, Überraschungspotenzial gibt es aber sehr wohl. Was die Wahlen im Ländle aber auf jeden Fall sind: anders.
Die Vorarlberger haben bekanntlich ihre Eigenarten. Das gilt ganz besonders für das Gemeindewahlgesetz, welches wohl weltweit einzigartig ist. Was es ebenfalls ist: ein wenig kompliziert. So wird am Sonntag nach drei verschiedenen Modi gewählt: In 13 Kleingemeinden kommt das sogenannte Mehrheitswahlrecht zur Anwendung. Das bedeutet, dass in diesen Orten kein Wahlvorschlag abgegeben wurde und in den Wahlkabinen leere Stimmzettel aufliegen. Auf diese können die Wähler die Namen ihrer Wunschkandidaten eintragen. In 22 Gemeinden treten eine oder mehrere Listen an, mangels Anmeldung aber kein Bürgermeister-Kandidat. Für diese insgesamt 35 Gemeinden gilt: Der Ortschef muss von der neuen Gemeindevertretung gewählt werden. Überspitzt formuliert: Irgendwer muss die Kröte schlucken.
In 61 Gemeinden wird der Ortschef direkt gewählt
In den übrigen 61 Kommunen wird der Bürgermeister hingegen direkt gewählt. Schafft bei der Direktwahl kein Kandidat die absolute Mehrheit, müssen die Wahlberechtigten in einer Stichwahl am 30. März erneut entscheiden. Durch die Trennung von Gemeindevertretung- und Bürgermeisterwahl kann es zu durchaus kuriosen Konstellationen kommen: 2020 lag etwa die ÖVP in Bregenz rund zehn Prozent vor der Liste von Michael Ritsch (SPÖ), die Bürgermeisterwahl entschied Ritsch aber dennoch für sich – seitdem gilt in der Landeshauptstadt „das Spiel der freien Kräfte“.
Parteipolitik und Ideologie nur Nebendarsteller
Ein weiteres Spezifikum der Ländle-Wahlen ist, dass neben den Landtagsparteien ÖVP, FPÖ, Grüne, SPÖ und Neos zahlreiche Namenslisten antreten. Insgesamt stehen am Sonntag landesweit 198 Parteilisten bei der Gemeindevertretungswahl auf den Stimmzetteln. In den Gemeindestuben werden in Summe 1839 Mandate vergeben.
sind am Sonntag in Vorarlberg wahlberechtigt, darunter immerhin 36.505 ausländische EU-Bürger. Das erste Wahllokal öffnet um 6.45 Uhr, um 13 Uhr ist Wahlschluss. Die Ergebnisse aus den Städten werden am frühen Abend vorliegen, die Kleingemeinden sind schon weit früher ausgezählt.
Zur Bürgermeister-Direktwahl sind 129 Kandidaten angemeldet. Genau in der Hälfte der 96 Kommunen regieren aktuell ÖVP-Bürgermeister, weitere 25 gelten als „ÖVP-nahe“. Fünf Gemeindeoberhäupter stellen die Freiheitlichen, vier die SPÖ, zwei kommen von den Grünen. Der Frauenanteil ist bescheiden: Lediglich in acht Gemeinden haben derzeit Frauen das Sagen – und daran dürfte sich auch am Sonntag nichts Grundlegendes ändern.
Erobert die ÖVP die Landeshauptstadt zurück?
Während die Verhältnisse in den Seitentälern meist klar sind, versprechen die Urnengänge in den Städten und Großgemeinden Spannung. Gerade im urbanen Rheintal hat die ÖVP viel von ihrer einstigen Dominanz eingebüßt. Eines der primären Ziele der Schwarzen ist die Rückeroberung des Bürgermeistersessels in Bregenz, wo sich Amtsinhaber Ritsch (SPÖ) mit Roland Frühstück (ÖVP) matcht.
Völlig offen ist das Rennen auch in Bludenz, Bürgermeister Simon Tschann (ÖVP) muss sich SPÖ-Landesparteichef Mario Leiter erwehren. Ebenfalls ein spannender Wahlsonntag wird in Feldkirch erwartet, wo Bürgermeister Manfred Rädler (ÖVP) und Herausforderin Andrea Kerbleder (FPÖ) als chancenreichste Anwärter gelten. Eine Stichwahl dürfte es weiters in Lustenau geben, wobei in der Marktgemeinde mit Patrick Wiedl (ÖVP), Martin Fitz (FPÖ) und Simon Vetter (Grüne) gleich drei Kandidaten realistische Chancen haben. Bleibt noch Vorarlbergs größte Kommune, die Stadt Dornbirn: Julian Fässler (ÖVP) geht als Topfavorit in die Wahl, Christoph Waibel (FPÖ) hat aber zumindest gute Aussichten, eine Stichwahl zu erzwingen.
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