Die Schlacht um Gallipoli während des Ersten Weltkrieges war die bis dato größte gemeinsame Operation von See-, Land- und Luftstreitkräften und kostete 100.000 Männern das Leben. Für Australien und Neuseeland hat der Kampf um die türkische Halbinsel bis heute eine besondere Bedeutung.
Auf der türkischen Halbinsel Çanakkale fand eine der blutigsten Schlachten des Ersten Weltkriegs statt. Diese Schlacht hat eine besondere Bedeutung in Australiens Geschichte. Für die australischen ANZAC-Soldaten war es der erste große Kampfeinsatz eigenständiger Truppenformationen, nachdem der Kontinent 1907 die de-facto Unabhängigkeit von Großbritannien erlangt hatte. Diese ANZAC-Truppen (= Australian and New Zealand Army Corps) erlitten extrem hohe Verluste, gleichzeitig gilt Gallipoli in der Geschichte von Down Under aber auch als jener Zeitpunkt, als Australien zur Nation reifte.
Zuerst kämpfte man noch für das britische Mutterland, im Lauf des Krieges entwickelte sich jedoch ein eigenes Nationalbewusstsein. Die ANZAC-Soldaten waren Freiwillige mit hoher Kampfmoral, berühmt für ihren Mut und ihre Kameradschaft. Sie werden bis heute in ihrer Heimat verehrt. Jede australische Stadt hat ihren ANZAC-Park, ihr ANZAC-Denkmal und Australiens Nationalfeiertag, der „ANZAC-Day“, ist der 25. April, der Tag, an dem vor 100 Jahren die australischen Truppen auf Gallipoli landeten.
Churchill wollte Bewegung wegen des Schützengrabenkriegs im Westen
Im Frühjahr 1915 startete der britische Marineminister Winston Churchill eine umstrittene militärische Operation: Die Einnahme der türkischen Dardanellen, der engen, 65 Kilometer langen Meeresstraße zwischen der Halbinsel Gallipoli (türkisch: Çanakkale) und Kleinasien – die Verbindung zum Schwarzen Meer. Warum? Es war die wichtigste Seeverbindung zwischen den Westmächten Großbritannien und Frankreich und ihrem Verbündeten Russland, jedoch vom Osmanischen Reich kontrolliert.
Als Russland 1914/15 in eine Munitionskrise geriet, konnte Großbritannien wegen der deutschen Sperre der Ostsee keinen Nachschub liefern. Über das Schwarze Meer könnte man Russland allerdings mit Munition und Nachschub versorgen. Deshalb versuchte Churchill, die Dardanellen unter die Kontrolle der Entente zu bringen. Außerdem hoffte Churchill durch diese Offensive wieder Bewegung in den Krieg zu bekommen, denn an der Westfront war die Front im Schützengrabenkrieg zum Stehen gekommen.
Der Plan des britischen Marineministers reichte aber noch weiter. Nach den Dardanellen sollten die Westmächte Konstantinopel erobern und damit einen Zusammenbruch des Osmanischen Reiches herbeiführen. Geplant wurde nun die bis dato größte gemeinsame Operation von See-, Land- und Luftstreitkräften – mit katastrophalen Folgen: Sie sollte auf beiden Seiten 100.000 Tote und 250.000 Verwundete und Churchill das Amt des Marineministers kosten.
Die türkische Meerenge ist fast uneinnehmbar
Churchills Plan scheiterte folgenschwer: Zuerst sollte ein britisch-französisches Marinegeschwader die türkischen Küstenforts angreifen, danach angelandete Infanterie das Hinterland einnehmen. Doch die Schlachtkreuzer gerieten in ein Minenfeld, die Flotte erlitt große Verluste. Auch der Einsatz der Landkräfte wurde zur Katastrophe. Die türkische Meerenge galt immer schon als uneinnehmbar, denn dieses Terrain ist schwierig für einen Angriff. Es gibt nur einen schmalen Küstenstreifen, dahinter steigt sofort Gebirge auf. Hier kann sich keine größere Armee festsetzen. Die Truppen, darunter die 30.000 ANZAC-Soldaten, blieben an der Küste hängen. Die Männer, die hier eingesetzt wurden, hatten kaum Kampferfahrung, sie waren alle frisch angeworben, die Masse der britischen Berufsarmee war ja in Westeuropa im Einsatz.
Churchill unterschätzte die kampferprobten türkischen Truppen
Dazu kam noch eine fatale Unterschätzung der osmanischen Truppen. Diese waren exzellent ausgebildet und kampferprobt. Einer ihrer herausragenden Offiziere war übrigens Mustafa Kemal der spätere Staatsgründer der Türkei, bekannt als Atatürk.
Churchills Operation scheiterte am erbitterten Widerstand der Verteidiger. Die osmanischen Truppen wehrten die britisch-französische Großoffensive erfolgreich ab und konnten den Besitz der Dardanellen behaupten.
Österreich-Ungarn, neben dem Deutschen Kaiserreich Bündnispartner des Osmanischen Reiches, hatte seinen türkischen Verbündeten mit zwei modernen Artilleriebatterien unterstützt. Die strategische Bedeutung dieses Sieges darf nicht unterschätzt werden. Wäre Gallipoli gefallen, wären die bis dato neutralen Balkenstaaten sofort auf Seite der Entente in den Krieg eingetreten.
Die Schlacht um Gallipoli, in der Türkei als „Krieg von Çanakkale“, im englischen Sprachraum als „Dardanellenfeldzug“ bekannt, gilt bis heute als markantes Beispiel einer Marine-Land-Operation und hatte auch noch Auswirkungen auf die Landung der Alliierten in der Normandie 1944.
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