(Bild: KMM)

Ende der „offenen Tür“

Wann die USA die leichte Einwanderung beendeten

Zwischen 1896 und 1914 kam es zur größten Einwanderungswelle in der Geschichte der USA. Ihre Auswirkung führten zu neuen, scharfen Einwanderungsbestimmungen. Ab nun wurden bestimmte Einwanderer bevorzugt. Im Mai 1921 verabschiedete der Kongress dann ein neues, strenges Quotengesetz. 

In den Jahrzehnten nach der Unabhängigkeitserklärung der Vereinigten Staaten von Amerika im Jahr 1776 herrschte noch die sprichwörtliche „open door policy“. Die junge und bisher spärlich besiedelte Demokratie benötigte Zuwanderung, und jeder, der „weiß und guten Charakters“ war („Naturalization Act von 1790“) konnte US-Bürger werden – aus Afrika verschleppte Zwangsarbeiter und amerikanische Ureinwohner wurden nicht einmal erwähnt.

Dennoch war die Einwanderung moderat, in manchem Jahr kamen gerade einmal einige tausend Migranten. Das änderte sich zur Mitte des 19. Jahrhunderts: Der Höhepunkt der Industriellen Revolution, das Ende der Sklaverei, die Erschließung des Westens, der Bau eines Eisenbahnnetzes führten in den USA zu einer nie da gewesenen Nachfrage nach Arbeitskräften. Die Einwanderungswilligen kamen zu dieser Zeit noch vorwiegend aus Großbritannien, Deutschland, Irland, Holland, Norwegen und Schweden.

Die USA bevorzugten protestantische Westeuropäer als neue Bürger
Und es gab das erste Gesetz, das eine bestimmte Nationalität von der Einwanderung ausschloss – der „Chinese Exclusion Act“. Ab 1882 durften keine Chinesen mehr einwandern, denn im Kampf um Arbeitsplätze an der Westküste der USA wurden chinesische Arbeiter für Lohndumping verantwortlich gemacht.

Zwischen 1896 und 1914 kam es zur größten Einwanderungswelle in die USA. Ihre Auswirkungen sollten zu den schärfsten Einwanderungsbestimmungen in der US-Geschichte führen. Jährlich wanderten damals eine Million Menschen in die USA ein, nun aber vorwiegend aus Mittel- und Südosteuropa, konkret aus Russland, Österreich-Ungarn, den Balkanstaaten, Polen und Italien. Diese neuen Einwanderer unterschieden sich deutlich von den „alten“ Einwanderern: Sie waren noch ärmer, hatten eine wesentlich höhere Analphabetenrate und einen anderen religiösen Hintergrund. Statt der protestantischen Westeuropäer (Ausnahme waren die Iren) kamen jetzt die katholischen, orthodoxen und jüdischen Mittel- und Osteuropäer in die Staaten.

Um 1900 versuchten zahlreiche Familien aus Osteuropa ein Visum zu bekommen.  (Bild: akg-images / picturedesk.com)
Um 1900 versuchten zahlreiche Familien aus Osteuropa ein Visum zu bekommen. 

Die neuen Einwanderer seien zu radikal und nur schwer zu integrieren
Aus Angst, dass das religiös-ethnische Gefüge der US-Gesellschaft kippen könnte, wurde die Einwanderung nun – auf massiven Druck der Bevölkerung, der „alten“ Einwanderer – stark beschränkt und auch gezielt gelenkt. Die Gesetze, die nun folgten, hatten einen gemeinsamen Nenner: Sie sollten den Einwandererstrom aus Süd- und Osteuropa drosseln. Der allgemeine Tenor lautete, dass diese „neuen“ Zuwanderer kaum zu assimilieren, radikal und gefährlich seien, die russischen Revolutionen von 1905 und 1917 schienen diese Ängste nur zu bestätigen.

Dies war das Ende der Ära der uneingeschränkten Einwanderung in die USA. Den Anfang machte damit der „Immigration Act of 1917“. Erstmals wurden Lese- und Schreibtests eingeführt. Wer über 16 Jahre alt war und in seiner Muttersprache einen Text von 30 Wörtern nicht vorlesen konnte, wurde postwendend mit dem nächsten Schiff zurückgeschickt. Zudem wurde die Einwanderung von Personen untersagt, die „der Öffentlichkeit zur Last fielen“.

Der Migration aus bestimmten Ländern wurde ein Riegel vorgeschoben
Dann kamen die Quoten. Im Mai 1921 verabschiedete der Kongress das lange erwartete Quotengesetz, die Zahl der Zuwanderung pro Herkunftsland wurde massiv beschränkt: Pro Jahr durften maximal drei Prozent Neuzuwanderung von jeder in den USA lebenden Nationalität erfolgen, gerechnet anhand der Volkszählung von 1910. Die nächste Verschärfung im Jahr 1924 machte vollends deutlich, welche Einwanderer man haben wollte. Der „Immigration Act of 1924“ setzte die Quote auf zwei Prozent herab.

Eine Migrantin trägt ihr gesamtes Hab und Gut. Ellis Island, 1905 (Bild: akg-images / picturedesk.com)
Eine Migrantin trägt ihr gesamtes Hab und Gut. Ellis Island, 1905

Die Verschärfung lag allerdings besonders in der Berechnungsgrundlage. Denn diese war nun die Volkszählung von 1890, und damals stellten noch die besagten protestantischen Westeuropäer den Großteil der Bevölkerung. Zuwanderungswillige, die diesen Kriterien entsprachen, erhielten nun die meisten Visa, die legale Einwanderung aus Südosteuropa war auf ein Minimum beschränkt.

„Windhundprinzip“: Wer zuerst einen Antrag stellt, hat größere Chancen
Die öffentliche Meinung war lange geschlossen gegen jede Aufhebung des Quotensystems, selbst in besonderen Notlagen. Zwar wurden den Verfolgten des NS-Regimes und später auch Flüchtlingen aus dem kommunistischen Teil Europas Aufnahme gewährt, jedoch stets ausschließlich auf Basis von „besonderen Gnadenwegen“.

Erst im Jahr 1965 wurde die US-Einwanderungspolitik unter dem Druck der Bürgerrechtsbewegung noch einmal grundlegend verändert. Der „Immigration and Naturalization Services Act of 1965“ beendete die Quotenregelung und die Bevorzugung von Westeuropäern. Pro Jahr wurden damals 120.000 Visa für Nord-, Mittel- und Südamerika und 170.000 Visa für Afrika, Europa, Asien, Australien erteilt, insgesamt sollte kein Land mehr als 20.000 Visa erhalten. Besonders berücksichtigt wurde jetzt die Familienzusammenführung, ansonsten herrschte das „Windhundprinzip“: Wer zuerst einen Antrag stellte, hatte die größeren Chancen. 

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