(Bild: KMM)

Faszination Untote

Wann und warum entstand der Dracula-Mythos ?

Berichte über die jahrhundertealte Angst vor Wiedergängern, überlieferte Vampirlegenden und die Okkultismusbewegung des 19. Jahrhunderts inspirierten den irischen Schriftsteller Bram Stoker zur Idee seines übermächtigen, aristokratischen Vampirs „Dracula“. Bis heute boomen Vampire auf der Leinwand.

Wie konnte der historische Vlad Tepes zur – anfangs literarischen – Figur des legendären Blutsaugers Dracula werden? Zunächst einmal: Vlad Tepes’ Geschichte, mitsamt der dazugehörigen Gräuelpropaganda, ist nur eine der Quellen, die den irischen Schriftsteller Bram Stoker zur Idee seines übermächtigen, aristokratischen Vampirs „Dracula“ inspirierten. Alles in allem konzentrieren sich in der Figur des untoten Dracula, der seinen Opfern das Blut aussaugt, mindestens 400 Jahre alte, kollektive Fantasien und Ängste.

Friedhöfe, Untote und jede Menge Grusel eroberten die Literatur und die Leinwände (Bild: akg-images / picturedesk.com)
Friedhöfe, Untote und jede Menge Grusel eroberten die Literatur und die Leinwände

Die Furcht vor Wiedergängern aus dem Totenreich ist weit verbreitet und in vielen Regionen der Welt zu finden. Ihr liegt der Glaube zugrunde, dass Tote unter bestimmten Bedingungen aus dem jenseitigen Reich ins Diesseits der Lebenden zurückkehren – etwa bei unnatürlichen Todesfällen, wenn der Tote ohne die üblichen Rituale bestattet wurde oder auch das Opfer eines Verbrechens war. Man glaubte etwa, dass ein Wiedergänger erscheine, um sich für früher erlittenes Unrecht zu rächen. Archäologen haben vor allem im osteuropäischen Raum Beweise für diese uralte Angst gefunden: Leichname, die im Sarg auf dem Bauch gelegt, dort angebunden oder festgenagelt worden waren. Allerdings schrieb man den Wiedergängern noch kein blutsaugerisches Verhalten zu.

„Dracula“ erschien 1897 und wurde sofort zum Bestseller
Seit dem 16. und 17. Jahrhundert beflügelte eine weitere historische Gestalt die Fantasien: die „Blutgräfin“ Elisabeth Bathory, die der Legende nach das Blut junger Mädchen trank, um dadurch ihre Schönheit zu bewahren. Der Mythos des Blutes, seiner verjüngenden Wirkung und seiner magischen Eigenschaften, stand jetzt im Mittelpunkt des allgemeinen Interesses und man begann Menschen, denen grausame – und auf irgendeine Weise mit Blut verbundene – Taten zugeschrieben wurden, als Vampire zu bezeichnen.

„Blutgräfin“ Elisabeth Bathory (Bild: Roger Viollet / picturedesk.com)
„Blutgräfin“ Elisabeth Bathory

Der Vampirmythos, wie wir ihn heute kennen, entsteht erst im 19. Jahrhundert. Der Spiritismus kommt auf, Geisterbeschwörungen und „gothic novels“, also romantische Schauergeschichten boomen. Vor dieser Kulisse hat der irische Schriftsteller namens Bram Stoker (1847-1912) die Idee zu seinem Roman „Dracula“. Das Buch erscheint 1897 und wird zum Bestseller. Bram Stoker verbindet darin Motive aus ihm bekannten Vampirgeschichten mit Reiseberichten seiner Zeit über den Balkan sowie mit den Geschichten über Vlad Drăculea: Im rückständigen, gruseligen Transsilvanien geht der untote Graf (statt Fürst) Dracula umher und saugt seinen Opfern das Blut aus den Adern.

Bram Stoker, der literarische Vater des Dracula-Mythos (Bild: Personalities / TopFoto / picturedesk.com)
Bram Stoker, der literarische Vater des Dracula-Mythos

Die PR-Kampagne des Verlags suggerierte, dass es Vampire gab
Den Hinweis auf den vor 400 Jahren verstorbenen Vlad Drăculea, der in den bisherigen Vampirerzählungen niemals vorgekommen war, erhielt Bram Stoker vom ungarischen Orientalisten Ármin Vámbéry. Der Erfolg von Bram Stokers Werk verdankt sich unter anderem seinem Anschein von Authentizität. Da Stoker den Roman in Form von Tagebucheinträgen und Berichten gestaltet hat – sogar die Reiserouten seiner Figuren sind nachvollziehbar – erweckt er den Eindruck, dass das Erzählte auf Tatsachen beruhen könnte. Eine breit angelegte, moderne PR-Kampagne des Verlags, die suggerierte, dass es in Transsilvanien tatsächlich Vampire geben könne, tat ein Übriges.

Stokers literarische Figur Dracula wird im 20. Jahrhundert durch das neue Medium Film modernisiert: mit viel Blut und jeder Menge Erotik. Der erste Film-Dracula sieht zwar noch nicht wie der blutsaugende Verführer späterer Jahre aus, dafür gilt der glatzköpfige „Nosferatu“ aus dem gleichnamigen, 1922 in die Kinos kommenden, deutschen Stummfilm von Friedrich Wilhelm Murnau als Filmjuwel.

„Nosferatu“ in gleichnamigen deutschen Stummfilm (Bild: akg-images / picturedesk.com)
„Nosferatu“ in gleichnamigen deutschen Stummfilm

Hollywoods erster Film-Vampir glaubte, dass er tatsächlich einer sei
Die erste Hollywood-Verfilmung des Dracula-Stoffs im Jahr 1931 mit dem gebürtigen Ungarn Bela Lugosi in der Rolle des Blutsaugers setzte dann Maßstäbe: magnetischer Blick, schwarzer Fledermausmantel und dramatische Musik bei jedem Biss. Bela Lugosi wurde durch seine Darstellung des Dracula weltberühmt. Gegen Ende seines Lebens identifizierte er sich angeblich so sehr mit seiner Rolle – immerhin hatte er den Supervampir auch rund 5000 Mal auf der Bühne gespielt –, dass er sich manchmal selbst für Dracula hielt. Auf Wunsch seiner Familie wurde er schließlich in seinem schwarz-roten Filmkostüm begraben.

Bela Lugos mimte Dracula in den 1930er-Jahren (Bild: Courtesy Everett Collection / Everett Collection / picturedesk.com)
Bela Lugos mimte Dracula in den 1930er-Jahren

Einen weiteren Popularitätsschub für den Übervampir brachten die TV-Filme der Londoner „Hammer-Productions“ aus den 1960er Jahren. Christopher Lee biss sich hier als Graf Dracula durch unzählige Filme. Die literarische Vorlage war zwar nicht mehr erkennbar, dafür gab es jede Menge Kunstblut und Frauen, die anlässlich der sexuellen Anziehungskraft Draculas dahinsanken, noch ehe er seine Reißzähne in ihre Hälse versenken konnte – der Dracula-Hype hatte einen Höhepunkt erreicht.

Christopher Lee als Graf Dracula in einer der vielen  „Hammer-Productions“ (Bild: Ronald Grant Archive / Mary Evans / picturedesk.com)
Christopher Lee als Graf Dracula in einer der vielen  „Hammer-Productions“

1967 zeigte Roman Polanski mit seinem „Tanz der Vampire“, dass sich der Dracula-Stoff bestens für Komödien eignet, und schuf damit einen zeitlosen Klassiker. Das gleichnamige Musical wurde 1997 in Wien uraufgeführt. 1992 brachte der Star-Regisseur Francis Ford Coppola eine Filmversion von „Dracula“ heraus, die sich erstmals genau an Bram Stokers Roman orientierte.

„Tanz der Vampire“ aus den 1960er-Jahren (Bild: Impress / United Archives / picturedesk.com)
„Tanz der Vampire“ aus den 1960er-Jahren

Jetzt ist der Leinwand-Vampir sensibel, nett und will nicht mehr beißen
Seit einigen Jahren erleben Vampire wieder ein Revival. Stephanie Meyers hat mit ihren„Twilight“-Bestsellern samt dazugehörender Hollywood-Blockbuster einen völlig neuen Typ Vampir erschaffen.

Dracula als Teenageridol: Szenenfoto aus „Twilight“. (Bild: Milestone / PA / picturedesk.com)
Dracula als Teenageridol: Szenenfoto aus „Twilight“.

Der Blutsauger ist jetzt blutjung, gutaussehend und gesellschaftlich bestens integriert. Er hat ein großes Herz und zeigt seine wilde Seite nur, wenn es gilt, seine Lieben zu verteidigen. In diesen Vampirfilmen gibt kaum Blut, keinen Sex, dafür jede Menge Romantik und Weichzeichner. Dracula ist zum Teenager-Idol aufgestiegen.

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