Die spinnen, die Gallier! Werfen ihren R5 in den Zaubertrank und schauen zu, wie er über sich hinauswächst. Wie der Hulk, wenn er wütend wird. Aufgeblasene Backen an einem Carbon-Chassis, 800 Volt, Blitzladung, dazu Radnabenmotoren mit 540 PS und 4800 Nm in den Hinterrädern. Und nennen das Ding Renault 5 Turbo 3E. Beim Teutates!
1980 war’s, vor exakt 45 Jahren. Da brachte Renault den ersten 5 Turbo heraus, 1983 den Turbo 2. Der 5er Turbo war seinerzeit das erste französische Serienfahrzeug mit Turbo-Benzinmotor: 160 PS, von 0 auf 100 km/h in 6,9 s. Der Renault 5 Turbo wurde zum Kultauto mit seinen fetten hinteren Radkästen.
Das alles ist aber nichts gegen den neuen elektrische Hot-Hot-Hot-Hatch, das Renault jetzt in seinem Werk in Flins-sur Seine bei Paris vorstellte. Der Renault 5 Turbo 3E ist kein Derivat des neue Elektro-5ers, sondern wird auf einer eigenen Plattform maßgeschneidert.
270 km/h Höchstgeschwindigkeit
Im Unterschied zu seinem Urahn verfügt der E-Turbo über einen 400 kW/540 PS starken Elektroantrieb. Die Kraft verteilt sich auf die beiden Hinterräder, die mit je einem 200 kW starken Radnabenmotor bestückt sind – erstmalig in der Automobilhistorie, wie Renault sagt. Das ergibt ein Fabel-Drehmoment von 4800 Nm und eine Höchstgeschwindigkeit von 270 km/h auf der Rennstrecke. Von 0 auf 100 km/h soll’s in weniger als 3,5 Sekunden gehen. Mit Vollgas reiche die Energie „ein paar Runden“, so Renault. Wobei sie sicher nicht von der Nordschleife gesprochen haben. Im Alltag soll die Reichweite 400 km betragen.
All das sind noch Projektionen, keine überprüfbaren Fakten. Vorgestellt wurde einzig die Karosserie des Fahrzeugs sowie eine visualisierte Vorschau auf den möglichen Innenraum. Bestellbar ist der Elektro-Exot schon ab April, ausgeliefert wird allerdings erst 2027 – so der Plan.
Und der Preis?
Sandeep Bhambra, Chefdesigner in der Fahrzeugentwicklung, windet sich ein wenig: „Ich kann dazu noch nichts sagen, erst im April, wenn wir die Auftragsbücher öffnen. Aber so viel ist sicher: Es wird das mit Abstand beste Preis-Leistungs-Verhältnis geben, das bei einem Supercar möglich ist.“ Das lässt zumindest einen Einstiegspreis unter 100.000 Euro vermuten. Für Investoren wäre das immer noch ein Schnäppchen. Denn für den Urvater R5 Turbo in Top-Zustand (Originalpreis in Deutschland: 44.600 Mark) werden um die 170.000 Euro geboten.
Ein Gesicht wie früher
Schaut man dem Renault 5 Turbo 3E in die Augen, so erkennt man sofort die Designsprache des Oldtimer-Vorbilds. Schmale Rechtecke in einer – trotz der auch vorn gewaltigen Schweller – kleinen Front sorgen für den historisch leicht verkniffenen Gesichtsausdruck des Turbo; auch die Seitenansicht und die Heckleuchten erinnern frappierend an das Vorbild. Diese Design-Zitate im Chassis des neuen Supersportlers nennt man bei Renault selbstbewusst retro-futuristisches Design.
Das Hinterteil selbst ist jedoch deutlich angeschwollen und sieht ein wenig aus wie eine expressive Comic-Zeichnung des alten Turbo. Doch für ein solches Renn-Monster ist derlei Äußeres durchaus angebracht. Schließlich wurde das Auto nicht für den Wocheneinkauf in Hamburg oder Paris konzipiert. Obwohl man bei Renault stolz darauf verweist, dass der R5 Turbo 3E durchaus einen veritablen Gepäckraum für einen Kurzurlaub zu zweit mit Hund hat. Kofferraum hin oder her; das Mini-Supercar verheißt reinen Fahrspaß in Carbon. Da dürfen die Schweller schon mal etwas präpotent wirken.
Sehr kurze Ladezeiten
Für Renault ist das Prestigeobjekt aber nicht nur ein potenziell heißbegehrtes Sammlerstück für solvente Kunden, sondern auch ein willkommenes Forschungslabor für Zukunftstechnologien, die später in andere Modelle wandern sollen. So setzt man erstmals auf eine 800-Volt-Architektur, die ultraschnelles Laden garantieren soll. Bei einer Gleichstrom-Ladeleistung von 350 kW ließe sich die Batterie in einer Viertelstunde von 15 auf 80 Prozent auffüllen, heißt es.
Zusammen mit dem Renault 5 E-Tech Electric, der Alpine A290 und dem Mini-Supercar Renault 5 Turbo 3E greift man in den mittleren 2020er-Jahren also auf das Erfolgstrio der 1980-er Jahre (Renault 5, Renault 5 Alpine und Renault 5 Turbo) zurück. Praktisch, alltagstauglich und fit für den Profisport – mit diesem Dreiklang möchte Renault auch in der Elektrowelt extrem erfolgreich werden.
Unfassbares Größenverhältnis
In der Tradition des ersten Renault 5 Turbo und Turbo 2 basiert der Renault 5 Turbo 3E auf einer neuen, speziell entwickelten Heckantriebsplattform. Im Vergleich zum Renault 5 E-Tech Electric (3,92 m Länge, 2,54 m Radstand) wurde die Windschutzscheibe nach hinten versetzt und der Radstand auf 2,57 m verlängert. Daraus ergeben sich auffällige Abmessungen: 4,08 m Länge, 2,03 m Breite und 1,38 m Höhe. Der Renault 5 Turbo 3E ist so lang wie ein Stadtauto und so breit wie ein Super-Sportwagen. Eine Ratio von 2:1 im Verhältnis Länge und Breite, das gibt es auf dem Automarkt derzeit nicht.
Das ganze Auto einschließlich der 70-kWh-Batterie wiegt nur rund 1450 Kilogramm. „Im Serienmodell wollen wir das Gewicht noch auf 1400 Kilo herunterkriegen“, sagt Sandeep Bhambra. Inkludiert ist auch eine AC-Ladefunktion. Das 11-kW-Bordladegerät schafft eine Komplettladung von null auf 100 in etwa acht Stunden. Der Wolf im Wolfspelz passt also auch an die Wallbox in der Reihenhausgarage.
Irgendwo wird dann im Garten ein Fest stattfinden. Am Rande sitzt Troubadix und darf nicht zu seiner Leier singen und es wird ein Wildschwein gegrillt. Ein veganes.
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