(Bild: KMM)

Kaiser als Kind

Warum Franz Josephs Kindheit so glücklich war

Seit dem Tag seiner Geburt war sein Schicksal vorgezeichnet: Franz Joseph musste Kaiser von Österreich werden. Die Erziehung zum künftigen Monarchen war hart, doch trotz des höfischen Zwangs und der hohen Erwartungen seiner Dynastie hatte Franz Joseph eine außergewöhnlich glückliche Kindheit.

Die Geburt dauert bereits 43 Stunden, schließlich hat der Arzt keine Wahl: Er muss die Zange einsetzen. Doch dann, in den Morgenstunden des 18. August 1830, ist es endlich so weit: Der heiß ersehnte Knabe ist auf der Welt. Es ist ein kerngesundes, kräftiges Kind, das den Namen Franz erhält – seinen zweiten Namen Joseph wird er erst bei seiner Thronbesteigung achtzehn Jahre später annehmen.

Die Zeit, in die der kleine Erzherzog hineingeboren wird, ist die des Vormärz. Jene Zeitspanne zwischen dem Wiener Kongress (1815) und dem Ausbruch der Revolution (1848), in der strenge Zensur, Versammlungs- und Redeverbot herrschen, in der das Spitzelwesen blüht und politische Gegner verfolgt und weggesperrt werden. Das Kaiserreich ist ein Überwachungsstaat geworden, dessen Auswüchse nur durch die sprichwörtliche österreichische „Schlamperei“ gemildert werden.

Die kaiserliche Familie im Jahr 1831. Der knapp 14 Monate alte Franz Joseph sitzt bei dem Kindertischchen in der Mitte des Bildes. Während Franz Josephs Kindheit herrschte große Geselligkeit in der kaiserlichen Familie. (Bild: Gerhard Trumler / brandstaetter images / picturedesk.com)
Die kaiserliche Familie im Jahr 1831. Der knapp 14 Monate alte Franz Joseph sitzt bei dem Kindertischchen in der Mitte des Bildes. Während Franz Josephs Kindheit herrschte große Geselligkeit in der kaiserlichen Familie.

Der Mastermind hinter diesem Überwachungsstaat ist Staatskanzler Klemens Wenzel Lothar von Metternich, der mächtigste Mann im Staat, der auf dem Wiener Kongress Österreichs Großmachtstellung sichern konnte. Er genießt das volle Vertrauen von Kaiser Franz I., dem Großvater des neugeborenen Erzherzogs. Die politische Devise Metternichs lautet: Die aufkeimenden Forderungen der Bürger nach Mitbestimmung müssen als Vorboten der gefürchteten Revolution gesehen werden. Kritische Bürger werden zu Staatsfeinden erklärt, alle progressiven Strömungen mit Gewalt unterdrückt.

Franz Joseph hat hingebungsvolle Eltern und eine besondere Kinderfrau
Die Kindheit der kleinen Erzherzogs Franz Joseph hingegen kann kaum harmonischer sein. Der prägende Elternteil ist seine Mutter, Erzherzogin Sophie. Die bayrische Königstochter ist eine hochintelligente, durchsetzungsstarke und pragmatische Frau. Sie besitzt die ausgeprägte Fähigkeit, sich mit bestehenden Verhältnissen zu arrangieren und selbst schwere Schicksalsschläge mit Haltung zu ertragen – eine Eigenschaft, die Franz Joseph von ihr übernehmen wird.

Erzherzogin Sophie war die Mutter des ersehnten Erben. (Bild: Bridgeman Art Library / picturedesk.com)
Erzherzogin Sophie war die Mutter des ersehnten Erben.

Der Vater, Erzherzog Franz Karl ist ein gutmütiger, aber intellektuell bescheidener Mann. Doch so unterschiedlich Mutter und Vater auch sein mögen – sie ergänzen einander dennoch ideal als hingebungsvolle Eltern. Der kleine „Franzi“, ein hübsches, heiteres Kind, wächst so in einer liebevollen Umgebung auf: Für seine Mutter ist er der geliebte „petit chou“, der kleine Schuh, und sein Großvater, der Kaiser, ist vernarrt in ihn, so wie die gesamte kaiserliche Familie. Selbst die Wahl seiner Kinderfrau war ein Glücksfall, denn Baronin Luise Sturmfeder, eine praktische Frau mit gesundem Hausverstand und außergewöhnlichem pädagogischen Talent, liebt ihren Schützling wie ein eigenes Kind.

Kaiser Franz mit seinem Enkel Franz Joseph, dessen kleinem Bruder Maximilian und einem weiteren Enkel. (Bild: Gerhard Trumler / brandstaetter images / picturedesk.com)
Kaiser Franz mit seinem Enkel Franz Joseph, dessen kleinem Bruder Maximilian und einem weiteren Enkel.

Auf dem Kind Franz Joseph ruhen alle Hoffnungen der Dynastie
Der kleine Knabe ist aber nicht nur der Liebling des kaiserlichen Familienclans, sondern auch dessen größte Hoffnung – denn er wird eines Tages Kaiser werden. Um die unmittelbare Zukunft der Dynastie steht es dagegen schlecht. Der Thronfolger Ferdinand, der Sohn Kaiser Franz I., leidet an einem Wasserkopf, an schwerer Epilepsie und Rachitis, außerdem ist er phlegmatisch und willensschwach. Ob er jemals heiraten und Nachwuchs zeugen könnte, ist fraglich.

Umso mehr richtet sich das Augenmerk auf jenen gesunden und intelligenten Knaben, der – als der Sohn von Ferdinands jüngerem Bruder – eines Tages seinem Onkel auf den Thron folgen soll. Dementsprechend viel Wert wird auf seinen Unterricht gelegt. Er lernt Tschechisch, Ungarisch, Französisch, Italienisch und wird diese Sprachen später fließend beherrschen. Mit sechs Jahren erhält der Erzherzog – ganz in der Tradition der habsburgischen Knabenerziehung – einen eigenen kleinen, rein männlichen Hofstaat.

Franz Joseph und seine Brüder im Schlossgarten von Schönbrunn. Jeder der Knaben verfügte über eine eigene kleine Hütte, ein Stück Garten und jede Menge Tiere. Ihre freie Zeit verbrachten die Kinder so oft wie möglich im Freien. (Bild: Gerhard Trumler / brandstaetter images / picturedesk.com)
Franz Joseph und seine Brüder im Schlossgarten von Schönbrunn. Jeder der Knaben verfügte über eine eigene kleine Hütte, ein Stück Garten und jede Menge Tiere. Ihre freie Zeit verbrachten die Kinder so oft wie möglich im Freien.

Im gleichen Alter hat er bereits einen Stundenplan, der von sieben Uhr morgens bis acht Uhr abends ausgefüllt ist. Seine Lernstunden umfassen neben den Sprachen noch Geschichte, Staats- und Diplomatiekunde, Naturgeschichte, Physik und Religion sowie Exerzieren, Gymnastik, Fechten, Schwimmen und Reitstunden. Sein großes Interesse an allem Militärischen bekundet er bereits als kleiner Knabe: Er liebt die Wachablösen in der Hofburg, und mit drei Jahren kennt er alle Rangabzeichen der Armee.

Bemerkenswert: Das Kind liebt militärischen Drill
Mit fünf Jahren erhält er seinen ersten militärischen Drill – und ist hellauf davon begeistert. Auch auf seine spätere Rolle als Repräsentant seiner Dynastie und des Staates wird Franz Joseph behutsam vorbereitet. Schon als Kleinkind begleitet er seine Eltern auf Hofbälle und Hoffeste – er sitzt dabei auf der Galerie. Je älter er wird, desto häufiger werden seine öffentlichen Auftritte.

Mehrmals täglich ein Gebet war Pflicht bei Hof, das galt auch für die Kleinsten. Hier zu sehen: Franz Joseph mit seinen Geschwistern beim Gebet. (Bild: akg-images / picturedesk.com)
Mehrmals täglich ein Gebet war Pflicht bei Hof, das galt auch für die Kleinsten. Hier zu sehen: Franz Joseph mit seinen Geschwistern beim Gebet.

Trotz aller Pflichten und Lehrpläne erlebt Franz Joseph ein beglückendes Familienleben – später wird er sich stets danach sehnen. Seine engsten Spielgefährten sind seine beiden jüngeren Brüder Maximilian, genannt „Maxi“, und Karl Ludwig. Seine ganze Liebe gilt seiner kleinen Schwester Anna, die jedoch mit nur vier Jahren an schweren Krampfanfällen stirbt – der damals Neujährige kommt über ihren Tod nur langsam hinweg. Später wird noch der Nachzügler Ludwig Victor die Familie vergrößern.

Franz Joseph wird ein fleißiger, pflichtbewusster junger Mann 
Mutter Sophie versucht, den Kindern einen Ausgleich zu ihrer harten Ausbildung zu ermöglichen: Im Schönbrunner Schlossgarten entsteht so, auf ihr Geheiß hin, eine kleine Kinderwelt mit eigenem Garten, Hütten sowie Vogel- und Kleintiermenagerien. Auch Ausflüge, Zirkusbesuche und Kinderfeste unterbrechen den streng organisierten Alltag. Eine kleine Auflockerung des Lernprogramms stellt auch die wärmste Zeit des Jahres in Aussicht: Den Sommer verbringt die Familie, samt Bediensteten und Professoren der Kinder, regelmäßig im idyllischen Kurort Ischl. Später, ja bis an sein Lebensende soll es Franz Joseph immer wieder hierher ziehen. In seinen 86 Lebensjahren wird es schließlich nur drei Sommer gegeben haben, die er nicht in Ischl verbrachte.

Faszination Militär seit der frühesten Kindheit: Der dreijährige Franz Joseph wird von seinem Großvater, Kaiser Franz, in die Höhe gehoben, so dass er einem Gardisten einen Geldschein in die Patronentasche stecken kann. Diese oft erzählte Episode aus der Kindheit Kaiser Franz Josephs wurde von dem bekannten Maler Peter Fendi festgehalten. (Bild: akg-images / picturedesk.com)
Faszination Militär seit der frühesten Kindheit: Der dreijährige Franz Joseph wird von seinem Großvater, Kaiser Franz, in die Höhe gehoben, so dass er einem Gardisten einen Geldschein in die Patronentasche stecken kann. Diese oft erzählte Episode aus der Kindheit Kaiser Franz Josephs wurde von dem bekannten Maler Peter Fendi festgehalten.

Franz Joseph entwickelt sich bald zu einem fleißigen, pflichtbewussten jungen Mann mit großem Ordnungssinn. Auch seine später legendäre Selbstdisziplin fällt bereits früh auf: Er erfüllt alle Aufgaben, die ihm gestellt werden, obwohl es ihm nicht immer leicht fällt und er oft unter seinem übervollen Stundenplan leidet.

Franz Joseph als Knabe (Bild: akg-images / picturedesk.com)
Franz Joseph als Knabe

Als der Unterricht beendet ist, folgen zur Vervollständigung und Übung des Gelernten sogenannte Bildungsreisen, innerhalb und außerhalb der Monarchie. Kaum ein Habsburger hat je eine sorgfältigere Ausbildung erhalten und wurde auf seine künftige Aufgabe gründlicher vorbereitet als Franz Joseph.

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