"Wenn man Schwänze, Sperma und andere Körperflüssigkeiten ekelhaft findet, kann man es mit dem Sex auch direkt bleiben lassen": Bei Helen Memel (Carla Juri) wird Hygiene kleingeschrieben, Hämorrhoiden sind seit jeher ihre ständigen Begleiter. Das ist aber noch nichts gegen die schmerzhafte Analfissur, die sie sich bei der verhassten – und wieder mal viel zu schnell angelegten – Intimrasur zugezogen hat.
Ihren Krankenhausaufenthalt nutzt Helen zur Reminiszenz vergangener sexueller Abenteuer und körperlicher Experimente, auch zum Flirt mit Pfleger Robin (Christoph Letkowski) und für den Masterplan, ihre Eltern an ihrem Krankenbett wieder zusammen zu bringen. Denn hinter Masturbation mit Avocado-Kernen, Periodenblut-Ritualen mit Freundin Corinna (Marlen Kruse) und der Besessenheit mit ihrer Analwunde steckt in Helen am Ende doch nur ein Scheidungskind, das sich eine intakte Familie wünscht.
Das sagt "Krone"-Kinoexpertin Christina Krisch zum Film:
Basierend auf dem titelgebenden feministischen Skandalroman von Charlotte Roche, macht sich Carla Juri den Part der unkonventionellen Helen zu eigen – voller Inbrunst und bar jeglicher Schamhaftigkeit. Regisseur David Wnendt kredenzt uns eine visuell teils heftige Popkollage, ganz dem animalischen Erleben seiner Heldin verpflichtet, und eine Art gynäkologisches Manifest gegen anerzogene Rollenmuster. Dass sich der Streifen dennoch nicht auf das Pornografische, das Eklige, das Reißerische reduzieren lässt, ist seiner Protagonistin zu danken, die hinter ihrer Wildheit, ihrem Trotz, ihrer Furchtlosigkeit eine schmerzvolle Familiengeschichte durchscheinen lässt und in ihrem Sehnen nach Liebe so gar nicht abartig ist.
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