„Vielleicht wird es eine Waffenruhe geben, vielleicht wird es sie nicht geben“, orakelte US-Präsident Donald Trump in seiner üblichen Art auf dem Flug von seinem Domizil in Florida nach Washington und kündigte an, am heutigen Dienstag mit Kreml-Chef Wladimir Putin sprechen zu wollen. Es ist das wichtigste Telefonat der Welt.
Die Chancen auf einen „Deal“ stünden dabei sehr gut, so der US-Präsident. Es sei bereits „sehr viel Arbeit geleistet“ worden, so Trump. Vieles sei mit beiden Seiten – also den Russen und den Ukrainern – besprochen.
Gespräche über „Land und Kraftwerke“
Man rede bereits über „die Aufteilung gewisser Vermögenswerte“ zwischen den beiden Seiten, erklärte Trump. Im Mittelpunkt stünden auch Gespräche über „Land“ und „Kraftwerke“ – also wohl über den Donbass und die Krim, die Russland annektiert hat, sowie über das Atomkraftwerk Saporischschja, das Moskau wohl gerne behalten würde.
Tatsächlich haben US-Außenminister Marco Rubio und sein russischer Amtskollege Sergej Lawrow, die einander jüngst in Saudi-Arabien getroffen hatten, am Samstag lange miteinander telefoniert. Dabei haben sie wohl das angekündigte Telefonat zwischen ihren beiden Chefs vorbereitet. Üblicherweise werden Gespräche von Staatsoberhäuptern so geplant, dass es danach auch Ergebnisse zu präsentieren gibt. Und so kündigte Trump auch an, dass es am Dienstag vielleicht „Neues“ mitzuteilen geben könnte.
Rubio unterstrich am Montag gegenüber dem US-Sender CBS, dass der erste Schritt darin bestehe, die Kampfhandlungen zu stoppen. „Es ist schwer, ein dauerhaftes Ende eines Kriegs auszuhandeln, solange man sich gegenseitig beschießt“, sagte Rubio. Erst danach könnten alle Parteien an einen Tisch kommen. Es werde „Zugeständnisse von beiden Seiten“ brauchen.
EU-Außenministerrat zu Militärhilfen
Unterdessen gingen die Kämpfe mit unverminderter Härte weiter. Und die Europäer versuchten, sich auf ein neues milliardenschweres Hilfspaket für die Ukraine zu einigen – auf freiwilliger Basis, damit Ungarn kein Veto einlegen kann. EU-Außenbeauftragte Kaja Kallas schlug beim EU-Außenministerrat am Montag vor, dem von Russland angegriffenen Land in diesem Jahr Hilfen im Wert von 20 bis 40 Milliarden Euro zur Verfügung zu stellen. Dafür sollen Mitgliedsstaaten entsprechend ihrer Wirtschaftskraft Beiträge leisten.
Meinl-Reisinger: „Ball liegt jetzt bei Russland“
Außenministerin Beate Meinl-Reisinger, die ihren ersten EU-Ministerrat absolvierte, sagte, sie halte es für wichtig, die Ukraine in ihrer Verhandlungsposition zu stärken. Die wichtigste Garantie für ihre Sicherheit sei „die gute Ausstattung des ukrainischen Heeres“, erklärte sie zu Kallas‘ Vorschlag. Sie begrüße auch den von der Ukraine und den US-Amerikanern in Dschidda erzielten Durchbruch in den Verhandlungen für eine Waffenruhe. Die Ukraine sei zu Frieden bereit: „Die Ukraine will Frieden, der Ball liegt jetzt bei Russland.“
Baerbock an Trump: „Keine unabgesprochenen Zugeständnisse“
Die deutsche Außenministerin Annalena Baerbock appellierte an Trump, in seinem geplanten Gespräch mit Putin keine unabgesprochenen Zugeständnisse zulasten der Ukraine zu machen. Es sei nun dringend, dass Europäer und Amerikaner gemeinsam und geschlossen agierten, sagte sie. So müsse die territoriale Integrität der Ukraine die Grundlage aller Verhandlungen sein, und es dürften im Vorfeld keine Optionen vom Tisch genommen werden.
Wie bereit ist die russische Seite?
Der Kreml betont immer wieder die Bereitschaft zum Dialog und zu einer diplomatischen Lösung des Konflikts – allerdings zu Putins Bedingungen. Russland will, wie Vizeaußenminister Sergej Rjabkow sagte, eine eiserne Garantie, dass die Ukraine niemals NATO-Mitglied wird. Zu Moskaus Grundforderungen gehören auch weitgehende Rechte für den verbleibenden russischsprachigen Teil der ukrainischen Bevölkerung.
Klar ist zudem, dass die Ukraine aus russischer Sicht mindestens auf die bisher besetzten Teile der Regionen Donezk, Luhansk, Cherson und Saporischschja und auf die bereits 2014 annektierte Schwarzmeer-Halbinsel Krim verzichten müsste. Ein Kompromiss könnte laut der russischen Zeitung „Nesawissimaja Gaseta“ aber darin bestehen, dass Putin von seiner Forderung abrückt, dass die Ukraine diese Gebiete komplett aufgibt.
Selenskyj will als Sicherheit NATO- und EU-Mitgliedschaft
Offiziell wird die Ukraine kaum auf ihre von Russland besetzten Gebiete verzichten. Die Forderungen, dass die Russen aus allen besetzten Gebieten abziehen, sind aber praktisch verstummt. Präsident Selenskyj spricht weniger von einem Sieg als von einem gerechten und dauerhaften Frieden sowie von Sicherheitsgarantien für das Land.
Die entscheidende Frage ist, wie die Ukraine nach einem Ende der Kämpfe geschützt werden kann vor neuen russischen Angriffen. „Die Ukraine kann nicht unter der Drohung eines erneuten Angriffs leben“, sagte Selenskyj. Er will als Sicherheit eine Kombination von NATO- und EU-Mitgliedschaft, die Stationierung von europäischen Truppen und eine starke eigene Armee.
Kommentare
Willkommen in unserer Community! Eingehende Beiträge werden geprüft und anschließend veröffentlicht. Bitte achten Sie auf Einhaltung unserer Netiquette und AGB. Für ausführliche Diskussionen steht Ihnen ebenso das krone.at-Forum zur Verfügung. Hier können Sie das Community-Team via unserer Melde- und Abhilfestelle kontaktieren.
User-Beiträge geben nicht notwendigerweise die Meinung des Betreibers/der Redaktion bzw. von Krone Multimedia (KMM) wieder. In diesem Sinne distanziert sich die Redaktion/der Betreiber von den Inhalten in diesem Diskussionsforum. KMM behält sich insbesondere vor, gegen geltendes Recht verstoßende, den guten Sitten oder der Netiquette widersprechende bzw. dem Ansehen von KMM zuwiderlaufende Beiträge zu löschen, diesbezüglichen Schadenersatz gegenüber dem betreffenden User geltend zu machen, die Nutzer-Daten zu Zwecken der Rechtsverfolgung zu verwenden und strafrechtlich relevante Beiträge zur Anzeige zu bringen (siehe auch AGB). Hier können Sie das Community-Team via unserer Melde- und Abhilfestelle kontaktieren.