Angst vor mehr Chaos
Gericht in Ägypten: Mubarak kommt in Hausarrest
Zunächst hatte es geheißen, dass Mubarak noch am Mittwoch das Gefängnis verlassen könne, da es keine rechtliche Handhabe für eine weitere Inhaftierung gebe. Der Anwalt des früheren Präsidenten erklärte jedoch, er rechne damit, dass der 85-Jährige erst am Donnerstag freikomme.
Ein Justizbeamter sagte nach dem Richterspruch, der 85-Jährige könne für die weitere Dauer der gegen ihn laufenden Prozesse zu Hause wohnen. Auch das Staatsfernsehen berichtete unter Berufung auf die Führung des Landes, dass Mubarak unter Hausarrest gestellt werde. Grundlage für den Beschluss sei der geltende Ausnahmezustand.
Die Staatsanwaltschaft kann Einspruch gegen die Haftverschonung einlegen - dann könnte es sein, dass Mubarak ins Gefängnis zurückkehren muss. Schon in drei anderen Verfahren hatten Gerichte Mubaraks Freilassung unter Auflagen angeordnet. Dabei ging es ebenfalls um Korruptionsvorwürfe sowie um die Tötung von Demonstranten. Vor einem Jahr war der Ex-Staatschef wegen der Mitschuld am Tod von über 800 Demonstranten zunächst zu lebenslanger Haft verurteilt worden. Im Jänner gab die Justiz aber seiner Berufung statt und kassierte das Urteil wegen Formfehlern. Der neue Prozess ist noch nicht abgeschlossen.
Beobachter fürchten Ausweitung des Chaos
Während des Aufstands gegen die damalige ägyptische Staatsführung waren im Jänner 2011 Hunderte Menschen getötet worden. Das juristische Verfahren gegen Mubarak spaltet Ägypten seit Langem in vehemente Anhänger und Kritiker des ehemaligen Staatschefs, wird in diesen Wochen aber vom Chaos um den Sturz seines Nachfolgers Mohammed Mursi durch die Armee überschattet. Die nunmehrige Freilassung Mubaraks hat angesichts der angespannten Lage in Ägypten eine besondere Brisanz, Beobachter befürchten ein noch größeres Chaos als in den vergangenen Wochen.
Mubarak hatte jahrzehntelang die Macht in den Händen. Fast 30 Jahre lang regierte der Sohn eines Beamten das bevölkerungsreichste arabische Land. Als der Druck der Straße zu groß wurde und Unruhen das Wirtschaftswachstum gefährdeten, drängten ihn seine Generäle zum Rücktritt. Ohne die Demonstranten, die Anfang 2011 auf dem Tahrir-Platz in Kairo, in Alexandria und in Suez tagelang Parolen gegen den Staatschef schrien, wäre er vermutlich wie seine Vorgänger bis zu seinem Tod Präsident geblieben. Am 11. Februar 2011 schließlich gab Mubarak die Macht ab.
Sein moderater außenpolitischer Kurs und seine ständigen Bemühungen als Vermittler im Nahost-Konflikt hatten Mubarak einst zu einem verlässlichen Partner für den Westen gemacht. Dafür drückten die Verbündeten in den USA und Europa auch gerne ein Auge zu, wenn die Führung in Kairo Menschenrechte verletzte, Wahlen manipulierte und andere undemokratische Praktiken zuließ.
Über Militärkarriere an die Spitze des Staates
Wie seine Vorgänger Gamal Abdel Nasser und Anwar as-Sadat gelangte auch Mubarak, der im Krieg gegen Israel 1973 die Luftwaffe befehligte, über eine militärische Karriere an die Spitze des Staates. 1975 ernannte ihn Sadat zum Vizepräsidenten. Daher fiel Mubarak nach dessen Ermordung 1981 das höchste Staatsamt zu.
Innenpolitisch fuhr Mubarak einen Zickzackkurs. Gegen islamistische Extremisten, die in den 1990er-Jahren Intellektuelle, ausländische Touristen, koptische Christen und Staatsdiener töteten, ging er mit harter Hand vor. Später machte er aber große Zugeständnisse an die weniger radikalen Islamisten, als er sah, dass deren Einfluss in der Bevölkerung kontinuierlich zunahm.
Seinen Prozess erlebte Mubarak als kranker Mann. Die Haftzeit verbrachte er abwechselnd in einem Militärkrankenhaus und in einer Gefängnisklinik. Obwohl er im Gefängnis einige Male seelische Krisen durchgestanden haben soll, setzte er im Gerichtssaal mehrfach ein trotziges Gesicht auf oder lächelte überlegen - als wolle er sagen: "Wer zuletzt lacht, lacht am besten".
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