Vivi Vassileva, eine virtuose deutsche Perkussionistin, gibt im Linzer Brucknerhaus ein Konzert. Die Musikerin, die weltweit on Tour ist, schlägt zudem in Ebensee Wurzeln – und hat keine Scheu, sich ins „dörfliche“ Musikleben einzubringen, wie sie im „Krone“-Talk erzählt.
„Ich bin an knapp 200 Tagen im Jahr unterwegs. Nach einer Konzerttour nach Ebensee zurückzukommen und den Traunstein zu erblicken, erfüllt mich jedes Mal wieder mit tiefer Emotion und Demut. Ich fühle mich hier wirklich zu Hause!“, schwärmt Vivi Vassileva.
Die 31-jährige Perkussionistin, die aus Deutschland stammt, hat im Salzkammergut Wurzeln geschlagen. Ihrer Weltkarriere tut das keinen Abbruch: Vassileva – Martin Grubinger war ihr Lehrer – ist international bekannt für ihre grandiosen Auftritte, bei denen sie sowohl klassische als auch weltmusikalische Perkussionsinstrumente virtuos spielt.
Am Donnerstag, 3. April, gibt sie im Linzer Brucknerhaus gemeinsam mit dem Pianisten Frank Dupree ein Konzert.
„Krone“: Wie kommen Sie eigentlich zur Perkussion?
Vivi Vassileva: Ich habe jeden Sommer meiner Kindheit an der Schwarzmeerküste in Bulgarien verbracht und immer beobachtet, wie verschiedene Musiker auf Djembes, Darbukas oder auch selbst gebauten Sets aus alten Flaschen, Campinggeschirr und vom Meer angespültem Holz spielten. Ich brannte darauf, diese Instrumente auszuprobieren. Irgendwann im Alter von sieben, acht Jahren ist es endlich passiert: Ab dem Moment war‘s um mich geschehen!
Was fasziniert Sie an Schlaginstrumenten?
Die Perkussion erlaubt es uns, eine enorme Bandbreite an Emotionen und Stimmungen auszudrücken – von sanften, meditativen Klängen bis hin zu kraftvollen, energiegeladenen Rhythmen.
Ist ein Konzert körperlich anstrengend?
In einem Konzert verausgabt man sich völlig: mental, körperlich und vor allem emotional. Als Schlagzeugerin verbrenne ich so viele Kalorien wie eine Leistungssportlerin. Ich muss pro Mahlzeit oft drei Portionen essen, um wirklich satt zu werden und die Energie zu haben, die ich fürs Spielen brauche. Dazu kommt das tägliche Training am Instrument – und mentales Üben: Das heißt, die Visualisierungen aller Noten, die ich bei einem Konzert auswendig spiele. Das können bis zu 50.000 Noten bzw. Schläge an einem Abend sein.
Sind Frauen an der Perkussion noch eine Ausnahme? Und gibt es Vorurteile gegenüber Frauen?
Die häufigste Unterstellung ist, dass man als Frau nicht genug Kraft hat und deswegen keinen großen Klang erzeugen könnte. Das ist absoluter, misogyner Quatsch! Am Ende geht es einfach darum, als Mensch und Musiker konsequent und jahrelang genau diese Technik, Koordination, Muskeln und Kraft aufzubauen, die man spezifisch zum Schlagzeugspielen braucht. Ich sehe da die Entwicklung ähnlich wie bei Frauen in Führungsrollen oder wichtigen politischen Positionen. Es wird allmählich besser, aber es ist noch ein weiter Weg bis zur Gleichstellung.
Sie sind ja auch mit Martin Grubinger in Kontakt. Wie ist da die Verbindung?
Ich durfte bei Martin Grubinger am Mozarteum fünf Jahre lang studieren. Das war eine Zeit, in der ich meine Auffassung vom Schlagzeugspielen, von Klang und Technik einmal um 180° gewendet und komplett aufgekrempelt habe. Ich bin unglaublich dankbar, von ihm direkt gelernt haben zu dürfen. Er ist für mich musikalisch, menschlich und in Schlagzeuger-Hinsicht eine der inspirierendsten Persönlichkeiten, die ich kenne.
Sie wohnen nun ja in Ebensee im Salzkammergut.
Seit ich für mein Studium nach Salzburg gezogen bin, habe ich mich in die österreichische Lebensart verliebt und davon geträumt, in den Bergen und in der wunderbaren Natur einen Rückzugsort zu haben. Das mit Ebensee war ein glücklicher Zufall: Mein Lebenspartner Lucas Campara Diniz unterrichtet an der Landesmusikschule Ebensee, und ich habe hier einen idealen Proberaum mit viel Platz für meine Instrumente gefunden.
Haben Sie Berührungsängste mit der traditionellen Musikkultur in Ebensee oder gibt es da auch einen Austausch und gemeinsame Wege?
Letztes Jahr haben wir bei uns in Ebensee das Outreach Projekt „Zam“ in Kooperation mit dem Wiener Konzerthaus ins Leben gerufen, wo Alt und Jung, Profis und Laien miteinander musizieren, um das Miteinander zu fördern. Dieses Jahr spiele ich am 10. Mai zusammen mit der Feuerwehrmusikkapelle Langwies die Uraufführung einer Komposition von Fritz Neuböck zur 80-jährigen Befreiung des KZ in Ebensee. Solche Projekte sind mir sehr wichtig.
Im Brucknerhaus treten Sie mit Frank Dupree auf. Was verbindet Sie beide?
Für uns stehen die Spielfreude und die Energie ganz weit oben auf der Prioritätenliste. Außerdem sind wir beide klassisch ausgebildete Musiker, die dennoch viel und gerne improvisieren. Das eröffnet uns programmatisch großartige Möglichkeiten.