Die Europäische Union will ihre Verteidigungsfähigkeit deutlich ausbauen. Die EU-Kommission legte am Mittwoch in Brüssel konkrete Pläne zur Stärkung der militärischen Zusammenarbeit, Rüstungsproduktion und Verteidigungsfinanzierung vor. Besonders bei Luftverteidigung, Raketenabwehr, Drohnensystemen und elektronischer Kriegsführung sieht die Kommission dringenden Handlungsbedarf.
Kernpunkt der Strategie ist die gemeinsame europäische Beschaffung militärischer Güter sowie verstärkte Kooperationen mit Drittstaaten. Um die Finanzierung sicherzustellen, sollen die EU-Schuldenregeln gelockert werden: Bis zu 1,5 Prozent des Bruttoinlandsprodukts (BIP) dürfen für Verteidigungsausgaben verwendet werden, ohne ein Defizitverfahren auszulösen.
Die Kommission betonte in ihrem Weißbuch, dass Europa angesichts der geopolitischen Lage „gerüstet für eine Konfrontation mit Russland“ sein müsse. Russland sei mittlerweile eine „grundlegende Bedrohung für die Sicherheit Europas“ und betreibe eine Kriegswirtschaft. Sollte Moskau in der Ukraine erfolgreich sein, könnten seine territorialen Ambitionen weiter wachsen.
Gemeinsame Waffenbeschaffung
Um die Verteidigungsbereitschaft zu erhöhen, setzt die EU auf einen gemeinsamen Waffeneinkauf. Dadurch soll nicht nur der europäische Verteidigungsmarkt gestärkt, sondern auch die militärische Mobilität innerhalb der Union verbessert werden. Geplant ist zudem eine verstärkte Sicherung der Außengrenzen, insbesondere zu Russland und Weißrussland.
Gleichzeitig soll die militärische Unterstützung der Ukraine intensiviert werden, etwa durch zusätzliche Munitionslieferungen. EU-Außenbeauftragte Kaja Kallas betonte, dass die Ukraine eine wichtige Rolle spiele, da man „viel von der ukrainischen Erfahrung am Schlachtfeld lernen“ könne.
800 Milliarden Euro für Aufrüstung – neuer SAFE-Fonds
Bereits Anfang März hatten die Staats- und Regierungschefs der EU die Aufrüstungspläne der Kommission grundsätzlich begrüßt. Mit dem „ReArm Europe Plan“ soll es den Mitgliedstaaten ermöglicht werden, neue Schulden für Verteidigungsausgaben aufzunehmen, ohne Sanktionen zu riskieren.
Darüber hinaus ist ein neuer SAFE-Fonds mit einem Volumen von 150 Milliarden Euro vorgesehen, der günstige Kredite für Verteidigungsinvestitionen bereitstellt. Die Gelder sollen den EU-Staaten helfen, dringend benötigte Systeme wie Luft- und Raketenabwehr, Artillerie, Munition, Drohnen und Cyberabwehr gemeinsam zu beschaffen.
Für Österreich könnte die Neuregelung von Vorteil sein. Das Land entging Anfang des Jahres nur knapp einem Defizitverfahren und könnte durch die neuen Ausnahmeregelungen mehr finanzielle Spielräume für Verteidigungsausgaben erhalten.
Schwieriges Verhältnis zu den USA
Ein heikles Thema bleibt die Abhängigkeit von den USA. Während frühere Entwürfe des Weißbuchs explizit davor warnten, dass Washington militärische Schlüsselkomponenten kontrollieren oder einschränken könnte, fiel die endgültige Fassung zurückhaltender aus. Die Vereinigten Staaten verlagerten ihren sicherheitspolitischen Fokus zunehmend auf andere Weltregionen, dennoch bleibe das transatlantische Bündnis für Europa essenziell.
Mit den neuen Maßnahmen setzt die EU ein klares Signal: Europas Sicherheit soll nicht mehr als selbstverständlich angesehen werden. Die „Zeit der Friedensdividende“ sei vorbei, betonte Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen. Die kommenden Jahre werden zeigen, ob die ambitionierten Pläne umgesetzt werden können – und wie die Mitgliedstaaten auf die neuen finanziellen und strategischen Herausforderungen reagieren.
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