Der Kanzler außer Dienst war der erste EU-Staatsmann, mit dem der russische Präsident Wladimir Putin nach Kriegsbeginn persönlich redete. In der „Krone“ schildert Karl Nehammer drei Jahre danach die Kriegslogik, Mimik, und warum die Reise nach Moskau richtig war.
„Kein Handschlag, keine Bilder, keine Freunde.“ So titelte die „Krone“ am 12. April 2022 nach Karl Nehammers Besuch in Putins Residenz in Nowo-Ogarjowo am Rande Moskaus. War Putin zunächst komplett isoliert, häufen sich nun nach Jahren des Krieges die Stimmen, man müsse mit dem russischen Präsidenten verhandeln. Nach Donald Trumps groß angekündigtem Telefonat, das nicht die erhoffte komplette Waffenruhe mit der Ukraine ergab, sprach die „Krone“ mit Karl Nehammer über seine Eindrücke vom April 2022, als er als erster EU-Staatschef nach Moskau reiste, um Putin zu treffen.
„Krone“: Wie spricht man mit Putin?
Karl Nehammer: Das Gespräch hat mit einer Höflichkeitsfloskel auf Deutsch begonnen, ausgemacht waren: keine Öffentlichkeitsarbeit und Vertraulichkeit. Es war hart und direkt. Ich habe Putin die Schrecken des Krieges (Anmerkung: Nehammer war zuvor in der Ukraine, unter anderem auch beim Massengrab in Butscha) und auch die russischen Verluste nähergebracht. Es gab immer wieder Mutmaßungen, dass er krank sei oder nicht Herr der Lage. Mein Eindruck war: Er ist bestens über den Kriegsverlauf informiert und Herr der Lage. Seine Mimik war klar und bestimmt. Erst als es um EU-Sanktionen und wirtschaftliche Aspekte ging, veränderte sich die Sprache.
Sie sprechen von Vertrauen. Als Sie am berühmten langen Tisch saßen, hatten Sie dieses Gefühl?
Mein Ziel war es, ihm zu vermitteln, dass Frieden hergestellt werden muss und dass die Waffen schweigen. Da war ein Moment da, wo ich den Eindruck hatte, dass ihm das auch wichtig sei. Es liefen damals die Istanbuler Friedensgespräche, Präsident Erdoğan hat hier eine wesentliche Rolle gespielt. Leider haben diese Gespräche nicht zum Ziel geführt.
Ihre Reise ist scharf kritisiert worden. Würden Sie wieder nach Moskau fliegen?Ja, die Reise war richtig und mit den EU-Partnern abgestimmt. Man muss jede noch so kleine Chance nutzen. Österreich ist ein neutrales Land, das vermitteln kann. Diplomatie ist immer essenziell, auch wenn sie manchmal scheitert.
Ihre persönliche Meinung: Wie kann das gehen?
Ich glaube, dass die BRICS-Staaten viel mehr eingebunden gehören, um ein Gleichgewicht herzustellen. Es gilt einfach: Weitermachen, weitermachen und niemals aufhören, eine Gesprächsbasis mit Russland herzustellen.
Trump hat sein Telefonat mit Putin groß angekündigt, viele Beobachter sagen, die Erwartungen sind nicht erfüllt worden.
Solche Gespräche sollten nie zu große Erwartungshaltungen enthalten. Wichtig ist es, auf allen Kanälen ein enges Netzwerk aufzubauen, um eine Waffenruhe zu erreichen. Aber klar ist auch: Frieden geht nur mit der Ukraine. Dieser Krieg kann nur am Verhandlungstisch gelöst werden, nicht auf dem Schlachtfeld.
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