ADHS gehört zu den Top 10 der meistgesuchten Gesundheits-Hashtags in den sozialen Medien. Doch auf TikTok beinhalten viele Videos zur Aufmerksamkeitsdefizit-/Hyperaktivitätsstörung (ADHS) Fehlinformationen. Eine Studie zeigt, dass die Hälfte der Videos sogar inhaltlich irreführend ist.
Von den knapp 100 meistgesehenen TikTok-Videos zu ADHS enthielten 52 Prozent fehlerhafte Angaben, wie ein Forschungsteam im Fachjournal PLOS One berichtet. Nur rund jedes fünfte Video stuften die Expertinnen und Experten als nützlich ein. Und kein einziges Video bewerteten sie als uneingeschränkt empfehlenswert.
Jugendliche überschätzen Zahl der ADHS-Betroffenen
In den sozialen Medien kursieren viele Videos zu ADHS – und das hat Auswirkungen: Gerade Jugendliche, die sich selbst mit ADHS diagnostiziert haben, überschätzen die Verbreitung der Störung in der Bevölkerung deutlich. Durch die Videos fühlen sie sich außerdem in ihrer Annahme bestätigt, ADHS zu haben.
Die Aufmerksamkeitsdefizit-/Hyperaktivitätsstörung (ADHS) hängt mit einem gestörten Stoffwechsel des Botenstoffs Dopamin im Gehirn zusammen – in der Regel von der Kindheit an. Vererbung spielt nach heutigem Forschungsstand die größte Rolle.
Kennzeichnend für die psychische Störung sind drei Hauptsymptome:
Erste ADHS-Probleme sind bereits im Kleinkindalter zu beobachten, gut erkennbar werden sie meist im Alter von fünf bis sechs Jahren.
Zahl der Menschen mit ADHS konstant
Die Medizin geht davon aus, dass konstant zwei bis drei Prozent der Bevölkerung ADHS haben. Die Zahl steigt nicht, allerdings wird die Störung heute stärker wahrgenommen als früher. Das zeigt sich unter anderem an der verstärkten Suche nach Selbsttests im Internet. Viele Menschen informieren sich vor allem über soziale Medien wie TikTok.
ADHS wird verharmlost
Doch Nutzerinnen und Nutzer sollten vorsichtig mit Informationen in den sozialen Medien umgehen. „Auf TikTok werden ADHS-Betroffene oft als quirlig, liebenswert und fast schon unterhaltsam dargestellt – eine ,süße Störung‘, die in kurzen, humorvollen Clips inszeniert wird“, erklärt Kathrin Karsay von der Universität Wien.
Viele der für die Studie untersuchten Inhalte zeigten Alltagssituationen und setzten auf unterhaltsame Vorurteile. „Dadurch entsteht ein positives, manchmal auch verharmlosendes, romantisierendes Bild der Erkrankung“, kritisiert die Expertin.
Eigene Erfahrungen statt Therapiemöglichkeiten
Von den untersuchten Videos thematisierten fast alle ausschließlich ADHS-Symptome mit Aussagen wie „Mein ADHS bringt mich dazu, das zu tun“ – Therapiemöglichkeiten wurden jedoch kaum erwähnt. Gut die Hälfte der Angaben zu Symptomen stuften die Psychologinnen und Psychologen zudem als nicht ADHS-bedingt ein. Großteils handelte es sich einfach um normale menschliche Erfahrungen.
„Anekdoten und persönliche Erfahrungen sind sehr wirkungsvoll, aber wenn der Kontext fehlt, können sie zu Missverständnissen über ADHS und psychische Gesundheit im Allgemeinen führen“, erklärt Vasileia Karasavva von der University of British Columbia in Vancouver.
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