Dumpster-Prozess

Für stibitztes Müll-Essen muss Aktivist nun zahlen

Gericht
20.03.2025 13:57

Essbares aus dem Müll stibitzen. Ist das eine Straftat? Auch diesen Donnerstag spaltet diese Frage am Wiener Bezirksgericht Leopoldstadt die Gemüter. Das hat nämlich Aktivist Christian A. getan – und wurde dafür bereits verurteilt. Nachdem der Schuldspruch aufgehoben wurde, sitzt er nun erneut vor der Richterin. Wieder mit dabei: seine lautstarken Unterstützer, wegen derer auch gleich der Saal geräumt werden musste …

Vier Wochen bedingte Haft: So lautete vergangenen Sommer das Urteil für den 51-jährigen Dumpster (Anm. Mülltonnen-Fischer) Christian A. Warum? Weil der erwerbslose Österreicher noch genießbare Lebensmittel vergangenen Mai um drei Uhr in der Früh aus dem nicht öffentlichen Müllraum einer Hofer-Filiale „gerettet“ hatte. Das Gericht sieht die besagte Rettung allerdings anders. Bereits zum dritten Mal treffen sich Justiz und Aktivisten wieder im Gerichtssaal, nachdem das Urteil Ende Jänner wieder aufgehoben wurde.

Dumpster bekennt sich nicht schuldig
Jetzt, am Donnerstag, wird neu verhandelt. Und auch dieses Mal füllte sich der eher kleine, unscheinbare Raum im Bezirksgericht mit zahlreichen Unterstützern, wo es laut Anwalt David Jodlbauer um die alles entscheidende Frage geht: „Soll es strafbar sein, wenn man Lebensmittel aus dem Müllraum fischt?“

Christian A. (li.) und sein Verteidiger David Jodlbauer vor dem Saal A im Bezirksgericht Leopoldstadt. (Bild: Bartel Gerhard)
Christian A. (li.) und sein Verteidiger David Jodlbauer vor dem Saal A im Bezirksgericht Leopoldstadt.

Christian A. ist sich auf jeden Fall sicher: Nein. „Ich bekenne mich nicht schuldig. Ich finde, dass das kein Diebstahl ist“, zeigt sich der Aktivist bestimmt. Auch sein Verteidiger ist davon überzeugt, dass der „Angeklagte freizusprechen ist“. Wer das nicht ganz so sieht, ist Richterin Manuela Turcsanyi: „Angenommen, Mitarbeiter hätten um drei Uhr in der Früh den Container mit den noch genießbaren Lebensmitteln aussortiert“ – einstimmiges Gelächter bricht im Saal aus. Doch die Reaktion stößt der Richterin bitter auf und warnt: „Der Saal wird in der Sekunde geräumt, wenn Gelächter und kindisches Verhalten nicht aufhören!“ 

Wollte entsorgte Pflanzen wieder „aufpäppeln“
Als wieder Ruhe im Saal eingekehrt war, folgte eine ethische Debatte über Müll und dessen Wert. Auch die Komplizin des Angeklagten wurde als Zeugin geladen, sie kam bereits mit einer Diversion davon. Was ihr Ziel bei der Nacht-und-Nebel-Aktion war: „Ich wollte die weggeworfene Erde verteilen, die Pflanzen wieder aufpäppeln. Das Essen wollte ich selbst verwerten.“ Doch auch das moralische Handeln der Aktivistin hielt die Richterin nicht davon ab, von ihrem Rechtspositivismus abzuweichen. 

„Dass das Entsorgen von genießbaren Lebensmitteln umweltbedingt eine Misere ist, gebe ich zu. Aber wenn die Rettung auf diese Art und Weise gemacht wird, wie Sie das getan haben, dann ist das auch strafbar.“ Es setzt wieder einen Schuldspruch: 500 Euro Strafe muss Christian A. zahlen. Er legt sofort erneut Berufung ein. Auch seine Anhänger sind von dem Urteil schockiert. Nach lautstarkem Protest wird der Gerichtssaal von den drei anwesenden Beamten geräumt. Mit den Worten „wir sehen uns wieder“, verabschiedet sich der selbsternannte Lebensmittelretter von Frau Rat. 

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