Am Freitag zerschlug eine groß angelegte Polizei-Razzia ein vermutlich rechtsextremes Netzwerk, das homosexuelle Männer in die Falle lockte, teils schwer verletzte und sogar einen Mordversuch unternahm. Die Szene ist erschüttert, zeigt sich jedoch erleichtert über das Eingreifen der Exekutive. Innenminister Gerhard Karner (ÖVP) betonte, die Ermittlungen mit Hochdruck weiterführen zu wollen.
„Wir sind froh, dass sich etwas tut“, sagt Joe Niedermayer, Vorsitzender der RosaLila PantherInnen, einem LGBTQ-Verein in Graz. Denn was die Öffentlichkeit heute erfuhr – nämlich dass Täter aus dem vermeintlich rechtsextremen Milieu homosexuelle Männer zu Treffen lockten, sie dann verletzten und erniedrigten – ist in der Schwulen-Szene schon seit Monaten bekannt. „Allerdings wussten wir nicht, welches Ausmaß das hat.“
Zwei Opfer sind bei den RosaLila PantherInnen in Beratung. „Schon im Juli vergangenen Jahres kam ein Mann zu uns, der mit einem Dating-Profil an einen Treffpunkt im Süden von Graz gelockt wurde. Dort hat eine Gruppe ihn geschlagen. Einem Bekannten ist das Gleiche passiert“, schildert Niedermayer. „Wir haben beide ermutigt, zur Polizei zu gehen.“
Betroffene sollen sich melden
„Das sind keine stolzen, offenen Queers, die das betrifft“, sagt der Tuntenball-Organisator. „Das sind oft schüchterne, ruhige Menschen, die sich dafür und auch für ihre Sexualität generell schämen.“ Die RosaLila PantherInnen appellieren nun an alle von Hasskriminalität Betroffenen, sich zu melden. „Jeder, der die Kraft hat, sich nicht einschüchtern zu lassen, kann etwas bewirken!“
Hass wird salonfähiger
Dass der Hass salonfähiger wird, merkt Niedermayer auch im Alltag. Ins Vereinslokal der PantherInnen kommen immer wieder immer jüngere Teenager, „pöbeln“ und beschimpfen ihn. Teilweise werden die Täter auch körperlich. „Wichtig ist, das alles anzuzeigen. Die Polizei lernt in dem Bereich viel dazu und wird immer sensibler, was Hass-Kriminalität betrifft.“ Wenn Politiker wie Donald Trump, Wladimir Putin oder Viktor Orbán gegen Homosexuelle hetzen, „ermutigt das die Leute – und das ist ein neues Phänomen“.
Was kann man sonst noch tun? Niedermayer setzt auf Bildungsprojekte an den Schulen. „Mit Queerfacts zum Beispiel reden wir mit Schülern ganz offen über ihre Meinungen und Gedanken. Wir geben keine Meinung vor, sondern versuchen, zu enttabuisieren. Queere Menschen sind ganz normale Leute wie du und ich.“
SPÖ, Grüne und NEOS empört
Auch aus der Politik gab es am Freitagnachmittag erste Reaktionen. SPÖ-Gleichbehandlungssprecher Mario Lindner zeigte sich schockiert. Für ihn sei es nur die „traurige Spitze eines Eisbergs“. Das zeige „einmal mehr, dass die Lage für queere Personen auch in Österreich immer bedrohlicher wird“, sagte David Stögmüller, LGBTIQ+-Sprecher der Grünen. Auch NEOS-LGBTIQ+-Sprecherin Henrike Brandstötter verurteilte den Fall. „Diese Gewalt ist nicht nur ein Angriff auf Einzelpersonen – sie ist ein Angriff auf die Freiheit, auf die Menschenrechte und auf unsere offene Gesellschaft.“
Der österreichischen Polizei ist ein schwerer Schlag gegen ein nationales Verbrecher-Netzwerk gelungen. Eine, nach derzeitigem Ermittlungsstand, überaus brutale und menschenverachtende Tätergruppe wurde damit aus dem Verkehr gezogen.
Innenminister Gerhard Karner (ÖVP)
Karner: „Ermittlungen mit Hochdruck weiterführen“
Ähnlich äußerte sich Innenminister Gerhard Karner (ÖVP) und betonte, die Ermittlungen mit Hochdruck weiterführen zu wollen. Bei jenen Verbrechen – auch „Hate-Crime“ genannt – werden laut Karner oft homosexuelle Menschen bedroht, gefoltert, erniedrigt und auch ausgeraubt. Das Ziel sei es, auch diese „schnellstmöglich aus dem Verkehr zu ziehen“.
Die Polizei geht allerdings davon aus, dass die Dunkelziffer der Straftaten noch weit höher ist als bisher bekannt. Betroffene werden deshalb ersucht, sich beim LKA Steiermark unter 059133/60-3333 zu melden.
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