Den Durchbruch als Musiker hatte Adrian Tillmann aka Ritter Lean erst vor knapp eineinhalb Jahren – seitdem steigt die Karriere des Berliner Rappers wie eine Rakete empor. Sein Konzert im Wiener Flex diese Woche ist restlos ausverkauft, 2026 kommt er wieder. Der „Krone“ erzählt der 27-Jährige über sein Leben und die Wichtigkeit der Musik.
Ritalin ist ein verschreibungspflichtiges Medikament, das vorwiegend bei ADHS-diagnostizierten Patienten zur Beruhigung eingesetzt wird. Ritter Lean ist ein deutscher Künstler mit ADHS-Symptomen und Hummeln im Hintern, der seit zwei Jahren als Rapper reüssiert und zunehmend große Hallen füllt. Dabei hat Adrian Julius Tillmann, wie er im echten Leben heißt, ursprünglich eine andere künstlerische Karriere eingeschlagen. Nach einem Schauspielstudium an der Filmuniversität Babelsberg überzeugte er in der Hauptrolle des Jasper in der Netflix-Serie „Biohackers“. Es folgten Nebenrollen in Produktionen wie „World On Fire“, „Tatort“, „Alarm für Cobra 11“ oder zwei deutschen „SOKO“-Ablegern, bis kurz vor Weihnachten 2023 der Durchbruch mit „Huso“ kam. Dabei war vor allem der Zeitpunkt goldrichtig – es war ein Gemeinschaftsprodukt mit dem gehypten Skibrillen-Rapper Ski Aggu, der seinerseits mit „Friesenjung“ den Sommerhit des Jahres ablieferte.
Kein Platz für Misogynie
Weil Timing vieles, aber nicht alles ist, macht Tillmann die Leidenschaft zum Beruf und feuert seither einen Track nach dem anderen in den Orbit. Zuletzt konnte man sich beim Frequency 2024 von den Livequalitäten des hyperaktiven Rappers überzeugen, der in Interviews und Songtexten zwar gerne aneckt, aber alles andere als ein sexistisches oder misogynes Bild vermittelt. „Ich versuche mich in meinen Songs ein bisschen selbst auf die Schippe zu nehmen und Humor zu vermitteln“, erzählt uns Tillmann im „Krone“-Talk, „wenn jemand aus ganzem Herzen und ohne Ironie einen Song übers Saufen schreibt, dann hat er ein dickes Problem. Ich bin auch kein Fan davon, wenn sich die Leute im Publikum zu sehr die Kante geben. Im Moshpit sind dann zu 90 Prozent Männer, die herumgrölen, schubsen und Frauen mit dämlichen Sprüchen anmachen. Ich prangere das an und wenn solche Typen dann beim nächsten Mal nicht mehr kommen, habe ich gewonnen.“
Ritter Lean ist in seinen Aussagen genauso deutlich wie in seiner Grundhaltung. Mit rechten Umtrieben fängt er wenig an. „Ich würde mit keinem Künstler die Bühne teilen wollen, der nicht klar ,fick die AfD‘ sagen kann. Als Musiker, dem andere Leute zuhören und zusehen, habe ich eine große Verantwortung und diese Verantwortung verlange ich auch von anderen. Mir fällt es bei vielen großen Stars immer wieder auf, dass sie ihre Plattform nicht nützen, um eine Message zu verbreiten, sondern lieber schwammig bleiben und herumlavieren. Gibt es zum Beispiel irgendeinen linken oder grünen Schlagerkünstler? Ich kenne keinen, denn die Leute, die Schlager machen und hören, sind meist konservative weiße Stereotype.“ Mit Songs wie „Lachs“, „Rummel“, „Dua Lipa“ oder „Bienenstich“ hat sich Ritter Lean längst in die Herzen seiner Fans gespielt. Die Schauspielerei wurde zugunsten der Musik stark zurückgefahren – hier fühlt sich der Berliner zurzeit einfach wohler.
Musik als Lebensretter
„Die Musik gibt mir wieder einen Grund, in der Früh aufzustehen“, zeigt sich der Künstler offen und ehrlich, „den gab es nämlich lange nicht und es tut unglaublich gut, diese Veränderung zu merken. Viele Leute fragen mich, wann ich welchen Song live spielen könnte oder wann ein neuer Track auf Spotify landet. Die Nachfrage motiviert mich und dann möchte ich den Leuten gerne etwas geben.“ Tillmann litt lange und leidet noch heute mitunter an depressiven Schüben. „Früher war ich oft down. Vielleicht war es das ständige Feiern, der Alkohol oder die Drogen – ich weiß es nicht. Irgendwann kam dann die Musik, sie war einfach da. Seitdem muss ich, wenn ich morgens aufwache und eine Idee habe, die Zeile sofort niederschreiben und so schnell wie möglich musikalisch umsetzen.“ Im Gegensatz zu vielen anderen Künstlern schreibt Ritter Lean seine Texte selbst. „Wenn ich andere mit meiner Emotionalität berühre, ist das ein Geschenk für mich. Ich will offen sein und Gefühle teilen, um einen bestimmten Vibe zu erfassen.“
Besagten Vibe erfasst Ritter Lean auch mit seinem ersten richtigen Album „Stell dir vor“, das vor wenigen Wochen auf den Markt kam und die verschiedenen unterschiedlichen Facetten des Künstlers in den Vordergrund rückt. Alltagssituationen, eigene Schwächen und Kapitalismuskritik gehen Hand in Hand und erwischen die Sorgen und Nöte einer ganzen Generation auf niederschwelliger Ebene. „Ich habe mal irgendwo ein Interview mit Tim Bendzko gelesen, wo er sagte, dass das Songschreiben für ihn wie Therapie wäre. Ich finde das Menschen mit echten Psychosen gegenüber extrem asozial. Du kannst nicht einfach einen Song schreiben und dich damit von Depressionen heilen. Das geht nicht und das ist mir zu sehr von oben herab betrachtet.“ Ritter Lean geht erst jetzt so richtig in die Vollen. „Adrian ist ein liebenswerter und stabiler Typ. Als Adrian gehe ich abends ins Bett, stehe morgens auf, verliebe mich und treffe mich mit Freunden. Aber dazwischen ziehe ich mir den Schuh von Ritter Lean an und reiße auf der Bühne ab. Dort muss ich funktionieren.“
Zweimal live in Wien
Sein neues Album „Stell dir vor“ stellt Ritter Lean am 27. März im Wiener Flex vor – das Konzert ist aber schon seit geraumer Zeit restlos ausverkauft. Ein Wiedersehen gibt es am 18. Februar 2026 in der größeren Wiener Simm City. Unter www.oeticket.com gibt es auch noch Karten für den Gig – besser schnell sein.
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