Ukraine-Krieg

Was die Gespräche in Riad für den Frieden bringen

Außenpolitik
24.03.2025 09:12

Trotz aller bisherigen Gespräche der US-Seite mit den Kriegsparteien Russland und Ukraine über eine zeitweilige Waffenruhe ist ein Ende der Kampfhandlungen bisher nicht in Sicht. Ändern soll sich das mit neuen Verhandlungen in Saudi-Arabien, wenn US-Vermittler mit Vertretern Russlands und der Ukraine sprechen.

Erste Unterhaltungen der Amerikaner mit den Ukrainern wurden schon am Sonntag geführt, Montagfrüh war der Austausch der US-Vertreter mit den Russen an der Reihe. Zu klären gibt es viel – mit unklarer Aussicht auf Erfolg. Zum Stand der Dinge einige Fragen und Antworten:

Worum geht es bei den Verhandlungen in Riad?
Washington erwartet von Moskau und Kiew, dass die Waffen bald schweigen. Die Ukraine bekräftigte im Voraus ihre Bereitschaft zu einer 30-tägigen Waffenruhe und will dafür vor allem die technischen Details klären. Gegenstand soll dabei zuerst eine auf Energieanlagen begrenzte Waffenruhe sein, wobei Präsident Wolodymyr Selenskyj Wert darauf legte, zivile Infrastruktur einzuschließen.

Moskau betonte nach einem Telefonat von Kremlchef Wladimir Putin und US-Präsident Donald Trump, dass von russischer Seite bereits eine Feuerpause für Luftschläge gegen Energieanlagen in Kraft sei. Das hatte Putin nach dem Gespräch am Dienstag angewiesen. Die Angriffe auf angebliche militärische Ziele in der Ukraine mit Drohnen und Gleitbomben gehen aber weiter. Für ein Ende dieser Schläge bräuchte es aus russischer Sicht weitere Gespräche – zu Moskaus Bedingungen. Kiew sieht darin die Absicht Moskaus, den Krieg in die Länge zu ziehen.

Aus russischer Sicht soll es in Riad konkret auch um eine Initiative zur sicheren Schifffahrt im Schwarzen Meer gehen, im Raum steht der US-Vorschlag einer Feuerpause für das Gewässer. Eine frühere Vereinbarung unter Vermittlung der Türkei, die den sicheren Transport von ukrainischem Getreide über das Schwarze Meer ermöglichen sollte, hatte Russland aufgekündigt. Die Ukraine will Sicherheitsgarantien, nachdem vor allem der strategisch wichtige Hafen Odessa immer wieder von den Russen beschossen wird.

Wer redet bei den Gesprächen mit wem - und wie laufen sie ab?
Der von US-Präsident Donald Trump für die Ukraine eingesetzte Sondergesandte Keith Kellogg erklärte im Vorhinein, dass verschiedene Teams die Verhandlungen führten. Neben seinem Team gebe es eines vom nationalen Sicherheitsberater der USA, Mike Waltz, und eines vom US-Außenministerium. Kellogg sagte, dass einerseits in einem Raum mit den Ukrainern gesprochen werde, in einem anderen mit den Russen. Geplant sei eine Pendelei zwischen den Seiten.

Keith Kellogg (Bild: APA/AP)
Keith Kellogg

Die Ukraine schickt etwa Verteidigungsminister Rustem Umjerow zu den Gesprächen. Seinen Kanzleichef Andrij Jermak hatte Präsident Selenskyj zum Chefunterhändler ernannt. Weder Ukrainer noch Russen entsenden diesmal Vertreter ihrer Außenministerien, wie beide Seiten mitteilten.

Russland ist in Riad laut Kreml mit dem Außenpolitiker Georgi Karassin, Chef des Auswärtigen Ausschusses im Föderationsrat, und dem Geheimdienstler Sergej Besseda vertreten. Der 70 Jahre alte Besseda ist Berater des Inlandsgeheimdienstes FSB, war in Krisenzeiten in Kiew tätig und gilt als Vertrauter von Kremlchef Putin. Beim FSB leitete er einst den Fünften Dienst, der für die Spionage und Kontrolle von Ländern der ehemaligen Sowjetunion – besonders der Ukraine – zuständig ist, wie Medien berichteten.

Mit welchen Zielsetzungen gehen US-Verhandler in Unterredungen?
Ein kurzfristiges Ziel der Amerikaner ist eine Feuerpause für das Schwarze Meer. Darüber haben Trump und Putin auch in ihrem gemeinsamen Telefonat vor einigen Tagen gesprochen und sich auf Verhandlungen darüber geeinigt. Prinzipiell geht es Washington aber darum, Putin zur raschen Beendigung des Angriffskrieges zu bewegen. Trump hatte im Wahlkampf ein rasches Kriegsende versprochen, kommt nun aber kaum voran. Wie viel Einfluss er tatsächlich auf Putin hat, bleibt ungewiss. Ebenso fraglich ist, wie genau Trumps Darstellung der Verhandlungen nach seinen Gesprächen mit Putin und Selenskyj ist. Im Anschluss gab es widersprüchliche Aussagen aller Seiten darüber, was wirklich besprochen wurde.

Den engsten Kontakt in den Kreml dürfte aktuell der US-Sondergesandte Steve Witkoff haben. Er wurde bereits zwei Mal von Putin empfangen und äußerte sich danach jeweils auffallend positiv über den Kremlchef. „Ich will nicht wie ein ewiger Optimist klingen, aber ich bin sehr, sehr optimistisch, dass wir in der Lage sein werden, die beiden Seiten zusammenzubringen“, meinte Witkoff nun mit Blick auf die Gespräche in Saudi-Arabien. Langfristig verfolgen die USA auch das Ziel, die Beziehungen zu Moskau wieder zu verbessern – nicht zuletzt wegen der wachsenden Sorge über das enge Bündnis zwischen Russland und China.

US-Präsident Trump hat im Wahlkampf versprochen, den Konflikt rasch zu beenden und steht deshalb unter Erfolgsdruck. Er stößt aber vor allem auf russischer Seite auf eine harte Verhandlungsposition. (Bild: AFP/TATYANA MAKEYEVA)
US-Präsident Trump hat im Wahlkampf versprochen, den Konflikt rasch zu beenden und steht deshalb unter Erfolgsdruck. Er stößt aber vor allem auf russischer Seite auf eine harte Verhandlungsposition.

Was bedeuten die Gespräche für die Ukraine?
Für die Ukraine geht es bei den Gesprächen um das eigene Überleben. Militärisch steht sie schwer unter Druck. Verliert das Land den Rückhalt des Westens und damit die Militärhilfen, kann es dem russischen Ansturm nicht widerstehen. Also muss Kiew dem Weißen Haus zumindest seinen guten Willen präsentieren, auch wenn die im Vorfeld gehandelten Zugeständnisse für einen Frieden – Verzicht auf einen NATO-Beitritt, aber auch auf große eigene Gebiete zugunsten des Angreifers Russland – die Führung innenpolitisch unter Druck setzen. Umfragen zufolge ist immer noch die Hälfte der Bevölkerung strikt gegen die Aufgabe eigener Gebiete.

Für die Ukraine ist es wichtig, dass sie im Gegenzug für eigene Zugeständnisse Sicherheitsgarantien erhält. Das Vertrauen in den Kriegsgegner Russland ist dabei gering. Daher setzt Kiew auf internationale Friedenstruppen.

Last night in Kyiv, tragically, 3 people were killed by Russian drones, including a father and his five-year-old daughter. A day earlier in Zaporizhzhia, a Russian strike took the lives of an entire family—a mother, a father, and their daughter. My condolences to all the families and loved ones.

— Volodymyr Zelenskyy / Володимир Зеленський (@zelenskyofficial.bsky.social) 23. März 2025 um 22:41

Wie verhält sich Russland?
Russland spielt angesichts seiner Erfolge an der Front bei der Einnahme von Gebieten auf Zeit und will so den Druck auf die Ukraine erhöhen, um immer größere Zugeständnisse zu erzwingen. Dabei ist in russischen Kommentaren die Rede davon, dass Kremlchef Putin ein politischer Neuanfang in dem Land mit einer russlandfreundlichen Führung am liebsten wäre.

Moskau gibt sich in den Gesprächen mit den Amerikanern zwar bereit zu Verhandlungen über eine friedliche Lösung. Zugleich hat der Kreml eine zunehmende Militarisierung in Europa im Blick und wirft vor allem der EU vor, mit ihren Waffenlieferungen und der „Finanzierung des Kiewer Regimes“ an einer Fortsetzung der Kampfhandlungen interessiert zu sein.

Immer wieder machte Putin deutlich, dass es ohne ein Ende der westlichen Waffenlieferungen an die Ukraine und ohne einen Stopp der Mobilmachung in dem Nachbarland kein Ende der Kampfhandlungen geben könne. Er besteht zudem weiter darauf, dass die Ukraine auf einen NATO-Beitritt und mindestens auf ihre von Russland kontrollierten Gebiete verzichtet, was etwa ein Fünftel des Landes ausmacht.

Welche Aussichten auf Erfolg gibt es?
Eine schnelle Lösung ist in diesem komplexen Konflikt nicht in Sicht. US-Präsident Trump hat im Wahlkampf versprochen, den Konflikt rasch zu beenden und steht deshalb unter Erfolgsdruck. Er stößt aber vor allem auf russischer Seite auf eine harte Verhandlungsposition. Auf die von den USA vorgeschlagene und von der Ukraine befürwortete Waffenruhe für 30 Tage will sich Russland bisher nicht einlassen, um Kiew keine Atempause in dem Krieg zu verschaffen.

Kremlchef Putin, der nach mehr als 25 Jahren an der Macht, als gewiefter Verhandler gilt, dürfte Trump weiter mit kleinen Zugeständnissen bei Laune halten. Ihm geht es vor allem, wie er sagt, um eine Wiederaufnahme der Beziehungen zu den USA und um ein Ende der Sanktionen, damit der Handel zwischen beiden Ländern wieder blüht und die Wirtschaft gewinnt.

Eine vollwertige Waffenruhe sei aber äußerst unwahrscheinlich, solange etwa Europa seine militärische Unterstützung der Ukraine fortsetze, sagt die russische Politologin Tatjana Stanowaja. Moskau wäre zufrieden, wie sie meint, wenn Trump als nächstes Europa dazu brächte, die Hilfen für die Ukraine einzustellen. Putin gehe es nicht um eine vollständige Eroberung der Ukraine, wozu er auch keine Reserven habe. „Seine Strategie ist, auf eine Kapitulation der Ukraine zu warten über ihre Selbsterkenntnis, dass der Widerstand keine Perspektive hat“, meint Stanowaja. Bisher aber sei auch das unwahrscheinlich.

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