Erste Verurteilung

Fall Anna (12): 15 Monate bedingt für Ex-Freund

Gericht
24.03.2025 13:17

Dritter Prozess im Missbrauchsdrama um die damals zwölfjährige Anna aus Wien-Favoriten. Dieses Mal steht ihr 18-jähriger Ex-Freund vor der Richterin. Ihm wird unter anderem schwerer sexueller Missbrauch Unmündiger vorgeworfen. Er wird verurteilt, nicht rechtskräftig. 

Der Baulärm im Saal 303 im Wiener Landesgericht stört den Prozess zu Beginn massiv. Weder der Angeklagte, noch weitere Prozessbeteiligte, sind zu verstehen.

Zusammenfassend die Fragmente, die verständlich sind: Laut Staatsanwältin teilte Anna (Name geändert) ihrem nun angeklagten Ex-Freund zu Beginn der Beziehung im August 2023 mit, dass sie 13 ist. Er selbst sei 16 beziehungsweise 17 Jahre alt gewesen, ist mehr als 36 Monate älter – das überschreite die zulässige Altersgrenze um mehrere Monate: schwerer sexueller Missbrauch Unmündiger. 

„War meine erste Liebe“
„Anfangs hab ich nicht gewusst, dass sie 12 war. Sie hat mir gesagt, dass sie 14 ist“, führt der junge Mann aus. „Das erste Mal war an ihrem Geburtstag“, sagt er. Später habe er dann aber schon gewusst, dass sie nicht 14, sondern erst 13 geworden ist: „Ich habe ihren Schülerausweis gefunden und sie darauf angesprochen.“ 

Der Verteidiger des Afghanen spricht am Montag von einem „Irrtum“ betreffend die Alterstoleranzklausel. Das sehe man auch in der Anklage. Auch dort sei laut dem Verteidiger betreffend das Alter ein Fehler drin. Sein Mandant habe sich im Internet erkundigt und damals auch mit einer Sozialarbeiterin darüber gesprochen, ob es „ok sei, wenn er mit ihr was hat?“ Diese hätte geantwortet: „Wenn es freiwillig ist, dann ist es erlaubt.“ – „Das war mein erstes Mal. Und auch meine erste Liebe“, sagt er und ergänzt: „Ich habe mich geirrt. Ich war der festen Überzeugung, dass es erlaubt ist.“ Zwei Sozialarbeiter der WG, wo der Jugendliche damals untergebracht war, bestätigen als Zeugen die geführten Gespräche. Ein Betreuer sagt: „Ich habe damals sogar Rücksprache mit der Rechtsabteilung gehalten und da wurde uns kommuniziert, dass freiwillige sexuelle Handlungen erlaubt sind, wenn einer 13 und der andere 16 ist.“  

Noch zehn Verfahren anhängig
Der heute 18-Jährige war es, der den Fall ins Rollen gebracht hat, indem er sie laut seinem Verteidiger dazu bewegt hat, die Übergriffe durch andere Jugendliche zur Anzeige zu bringen. Anna soll von rund einem Dutzend Burschen missbraucht worden sein, unter anderem in einem Hotelzimmer. Gegen zehn Personen wird deswegen noch ermittelt. Zwei Prozesse um Vergewaltigung, die allerdings noch nicht die Vorgänge in dem Hotel betrafen, endeten mit einem Freispruch.

Zur Nötigung geständig
Gegenüber der Familie seiner damaligen Freundin habe er sich jünger gemacht. Er sagte, dass er 15 sei: „Anna hat gesagt, dass ich das machen soll.“

Auch Nötigung mit einem Ring, wo der Afghane ihr mit der Veröffentlichung von Sex-Videos drohte, wenn sie das Schmuckstück nicht zurückgebe, ist angeklagt. Er hatte es ihr „als Liebesbeweis“ geschenkt und nach der Trennung zurückgefordert.

Dazu kommen Missbrauchsdarstellungen Unmündiger, die auf dem Handy des 18-Jährigen in einem Zwischenspeicher gefunden wurden. „Er hat diese nicht aktiv abgespeichert“, berichtet der Gutachter. Ob er diese geöffnet hatte, sei nicht mit Sicherheit feststellbar. Der Datenforensiker spricht auch einen neuen Aspekt an: „Sie haben Videos von sexuellen Handlungen mit Anna im Internet zum Verkauf angeboten“, hält er dem jungen Mann vor, der eigenen Angaben zufolge beruflich mit „Vintage-Kleidung“ handle. „Ich habe aber keine Videos verkauft“, antwortet dieser.  

Schon wieder 100 Euro
Die kontradiktorische Vernehmung des von Anwalt Sascha Flatz vertretenen Opfers läuft unter Ausschluss der Öffentlichkeit. Flatz fordert 2000 Euro Schmerzensgeld für das traumatisierte Mädchen. Der Verteidiger des unbescholtenen Afghanen, der in der Flüchtlingskrise mit seiner Familie nach Österreich kam, erkennt nur 100 Euro davon an. Schon im letzten Prozess hatte der freigesprochene Angeklagte dem Opfervertreter im Prozess 100 Euro in bar auf den Tisch geknallt, was für Aufregung - insbesondere bei Annas Mutter - sorgte. 

Die falsche Beratung durch die Betreuer wertet das Gericht als strafmildernd. Doch es kommt zur ersten Verurteilung in dem verstörenden Fall: 15 Monate bedingt für den 18-Jährigen, nicht rechtskräftig. Dem Opfer muss er 800 Euro zahlen. 

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