Jede Generation hat ihre Jugendsprache und verwendet Begriffe wie „Oida“ auch dann, wenn sie nicht zum Kontext passen. Auf Social Media ist das ähnlich. Grenzwertig wird es nur, wenn ausgerechnet Österreichs größter Familienfreizeitpark auf diesen Trend aufspringt und mit „Kokain“ um Gäste wirbt.
Wirbel herrscht derzeit um den „Familypark“ in St. Margarethen, der nach der Winterpause am 5. April wieder in die neue Saison startet. Um Kinder und Jugendliche gezielt anzusprechen, ist Österreichs größter Freizeitpark auch auf der Social-Media-Plattform „TikTok“ vertreten. Regelmäßig werden auf dem Kanal Videos in eigener Sache gepostet – etwa über neue Attraktionen und Angebote.
Vor einiger Zeit ging auf TikTok ein Video viral, bei dem es sich um einen Auszug aus einer deutschen Nachrichtensendung handelt. Dabei kommentiert die Moderatorin einen zuvor gezeigten Beitrag mit „Aww wie schön“ und geht mit ernstem Tonfall nahtlos zum nächsten Beitrag über. Dieser gedankliche Umschwung und die stark gegensätzlichen Aussagen wurden auf der Plattform prompt zu einem sogenannten „Trend-Sound“. Genutzt wird dieser seither nicht nur von vielen privaten Usern, sondern auch von Unternehmen, die auf ihren TikTok-Accounts starke Kontraste gegenüberstellen.
Eltern sind außer sich
Auch der Familypark sprang nun auf diesen schrägen Trend auf und stellte vor Kurzem ein Video im gleichen Stil nach. Dabei zu sehen ist eine Marketing-Mitarbeiterin, die lächelnd in die Kamera meint: „Kokain … Aww wie schön“. Dabei werden Worte wie „Achterbahnen“, „G-Kräfte“ oder „Log-Flume“ (deutsch: Wildwasserbahn) eingeblendet.
Bei besorgten Eltern sorgt das freilich für Bestürzung. So auch bei Natascha Juhasz (Name geändert, Anm.) aus dem Bezirk Neusiedl am See. Die 40-Jährige ist selbst TikTok-Nutzerin und mit ihren vier Kindern regelmäßig im Familypark unterwegs. Doch die jüngste Werbeaktion des Vergnügungsparks geht ihr definitiv gegen den Strich: „Welche Leute, bitteschön, sollen damit angesprochen und angelockt werden?“, fragt sie kopfschüttelnd.
Mutter fordert Kündigung
Um ihrem Ärger Luft zu machen, wandte sie sich mit einer schriftlichen Beschwerde an den Freizeitpark: „Ich kritisiere dieses grenzwertige Video nicht nur als Mutter, sondern auch als Kinder- und Jugendbetreuerin, weil ich weiß, wie anfällig pubertierende Mädchen und Burschen für solche Dinge sein können. Seit der Pandemie sind ohnehin schon viele psychisch instabil. Die Bildungseinrichtungen im Land versuchen alles, um dieser Negativentwicklung entgegenzuwirken, und dann kommt ausgerechnet von einem Familienfreizeitpark so eine Nachricht daher. Das versteht kein Mensch!“ Und weiter:
Die Personen, die für dieses Video verantwortlich sind, gehören sofort aus dem Familypark entfernt. Wer so wenig Gespür für Kinder und Jugendliche hat, hat in einem Familienfreizeitunternehmen nichts verloren.
Eine empörte Mutter
Die Reaktion des Vergnügungsparks
Und was sagt der Familypark zu der harschen Kritik? „Ein Trend wird in den sozialen Medien gerade deshalb zum Trend, weil viele User die Idee gut finden und auch nachmachen. Dass Nichtuser diese Trends nicht immer nachvollziehen können, weil sie nicht zur Zielgruppe gehören, kann natürlich vorkommen. In keiner Weise war es in unserem Sinne, Drogenkonsum zu verherrlichen oder zu verharmlosen. TikTok-Nutzern ist dies klar, da es tausende Videos zu diesem Sound gibt und auch bisher keinen einzigen negativen Kommentar unter dem Beitrag zu finden ist.“
„Seltsames Signal“
„Den Kindern und Jugendlichen zu vermitteln, dass es sich dabei nur um einen Trend handelt, ist ja noch schlimmer. Denn damit signalisiere ich ja jungen Menschen und auch Erwachsenen mit Suchtvergangenheit, dass am Kokain-Konsum nichts dabei ist“, kontert Juhasz echauffiert. Ihre Kinder seien wegen des Videos jedenfalls ziemlich verstört gewesen: „Mein älterer Sohn, der bereits weiß, dass Drogen etwas Schlechtes sind, fragte mich: ‘Mama, was ist denn das für ein Blödsinn? Und was hat das mit dem Familypark zu tun?‘ Dieses Gespräch bekam auch meine siebenjährige Tochter mit. Ihr musste ich dann erklären, was Kokain ist. Sie dachte, es sei etwas Tolles!“
Video ist verschwunden
Um weiteren Missverständnissen und entsprechendem Ärger vorzubeugen, hat der Familypark in einem ersten Schritt in der Beschreibung des Videos ergänzt, dass man sich ausdrücklich von Drogenkonsum distanziere. Inzwischen wurde das polarisierende Werbefilmchen ganz gelöscht.
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