Der Politstreit um eine geplante Stromleitung im Mühlviertel beschäftigt jetzt die Justiz: Die Neos haben Strafanzeige wegen Amtsmissbrauchs gegen den Leiter des Verfahrens zur Umweltverträglichkeitsprüfung (UVP) eingebracht. Im Regierungsprogramm haben sie sich aber womöglich selbst ein Ei gelegt.
Als „zweites Ohlsdorf“ bezeichnen die Neos das geplante 110-kv-Strom-Freileitungsprojekt zwischen Rohrbach und Rainbach im Mühlviertel – weil dafür, ähnlich wie beim Betriebsbaugebiet im Bezirk Gmunden, großflächig Wald gerodet werden müsse. Wie berichtet, pochen die Neos gemeinsam mit Bürgerinitiativen auf die Verlegung eines Erdkabels parallel zur im Bau befindlichen WAG-Loop-Gasleitung.
Anwalt ist Neos-Gründungsmitglied
Nach zahlreichen politischen Debatten spitzt sich der Streit um das Projekt jetzt zu: Rechtsvertreter von Neos und Bürgerinitiativen, die im laufenden UVP-Verfahren „Behördenwillkür“ orten, haben gegen den Verfahrensleiter Strafanzeige wegen Amtsmissbrauchs bei der Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft (WKStA) eingebracht. Die Vorwürfe: einseitige Verfahrensführung und politische Interventionen, zudem seien Fristen gezielt verletzt und die Erdkabel-Variante sei systematisch ausgeblendet worden. Politisch nicht unbrisantes Detail: Der Anwalt der Neos, Wolfram Proksch, der von „systematischen Rechtsverletzungen und mangelnder Transparenz“ im Verfahren spricht, ist selbst Gründungsmitglied der Neos.
Nur ein Projekt eingereicht
Im Ressort von Umweltlandesrat Stefan Kaineder (Grüne), wo das UVP-Verfahren abgewickelt wird, weist man die Vorwürfe scharf zurück: Es sei bisher nur ein Projekt eingereicht worden – jenes der Freileitung -, und dieses werde vom Verfahrensleiter professionell abgewickelt.
1,3-mal oder 3,2-mal so teuer?
Klar ist: Eine Erdkabellösung wäre teurer als eine Freileitung – die Frage ist nur, um wie viel. Deutsche Energieexperten sagen im Auftrag von Neos und Bürgerinitiativen: um den Faktor 1,3. Der Netzbetreiber Netz OÖ hat indes im Zuge der UVP-Verhandlung ein Gutachten der Wirtschaftsprüfungsgesellschaft Ernst & Young vorgelegt, in dem es heißt: „Die Kosten für ein Erdkabel übersteigen jene einer Freileitung um ca. den Faktor 3,2.“ Sollte sich herausstellen, dass dieser Wert stimmt, hätten sich die Neos womöglich selbst ein Ei gelegt – denn auf Seite 54 im Programm der Bundesregierung hält die Koalition aus ÖVP, SPÖ und Neos Folgendes fest: „Der Mehraufwand der Kosten gegenüber einer Freileitung darf den Faktor 1,8 nicht überschreiten.“
Ungeachtet dessen geht der politische Schlagabtausch unvermindert weiter. Am Montag kündigten die Neos eine schriftliche Anfrage zum „willkürlichen Verfahren“ an die Landesregierung an.
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