Der Bericht des Innsbrucker Stadtrechnungshofs über BM Anzengrubers „House of Cards“-Affäre liegt vor: Hitzige Debatten im Gemeinderat sind garantiert – auch wegen der Enteignungspläne für Grundbesitzer. Diese könnten für die Stadt ein teures Nachspiel haben.
Etliches an Brisanz birgt diese politische Woche in Innsbruck. Denn der Gemeinderat debattiert nicht nur rot-grüne Enteignungsfantasien von Vize-BM Georg Willi und SP-Vize Elisabeth Mayr, die nun ausgerechnet ÖVP-Bürgermeister und Wirtschaftsbündler Johannes Anzengruber exekutieren soll – was viel über die wahren Kräfteverhältnisse in dieser Stadtregierung aussagt. Zumal Anzengruber als Klubobmann der Stadt-ÖVP, der er ja auch einmal war, noch eine andere Meinung vertreten hatte.
Die Vergangenheit holt Anzengruber auch bei einem anderen Thema ein – und das ist die von der „Krone“ bis in die kleinste Verstrickung aufgedeckte „House of (Erlebnis)Cards“-Affäre.
Großzügig Freizeitkarten verteilt
Anzengruber hatte ja ein halbes Jahr vor der Innsbrucker Gemeinderats- und Bürgermeisterwahl nicht verkaufte Erlebnis Cards im Tausender-Pack an Innsbrucker Feuerwehren (er selbst war ressortzuständig), Seniorenheime und Mitarbeiter der Sozialen Dienste verschenkt, sich aber entgegen seiner eigenhändigen Unterschrift im Begleitschreiben („Gerne schenke ich euch…“) nur auf eine Vermittlerrolle berufen.
Gerne schenke ich euch eine Karte, mit der die vielen verschiedenen sportlichen, kulinarischen, touristischen und kulturellen Abenteuer noch bis Ende des Jahres erlebbar sind.
Damaliger Vize-BM Johannes Anzengruber
Geschäftsbeziehung mit Kartenfirma
Zwei Jahre zuvor hatte Anzengruber als ressortzuständiger 2. Vize-BM begonnen, derselben Beratungsfirma mit Sitz in Innsbruck Aufträge zur Entwicklung von Lern-Apps zu erteilen: Brandschutz-Microtraining, Gemeinsam im Naturraum und Defibrillator-Microtraining. Die Aufträge stückelte er, um unter der stadtsenatspflichtigen Grenze von 25.000 Euro zu bleiben, und ließ die zuständigen Fachdienststellen die Abwicklung durchführen.
Korruptionsstaatsanwaltschaft konnte nichts erkennen
Prompt konnte die von Teilen des Gemeinderates eingeschaltete Korruptionsstaatsanwaltschaft keine Geschäftsbeziehung erkennen: Es gebe keine Hinweise, „dass der damalige Vizebürgermeister Aufträge erteilte oder eine Geschäftsbeziehung bestand (kein Konnex zwischen Vorteil und Amtsgeschäft)“, hieß es nach Anzengrubers Wahlsieg. Die Ermittlungen wurden im Juli 2024 eingestellt.
Stadtrechnungshof rekonstruierte Aktion – sofern möglich
Dafür deckt nun der Stadtrechnungshof das Zustandekommen der Apps bis ins Detail auf. Auf 42 Seiten dokumentiert der Stadtrechnungshof eine Fülle kurioser Einzelheiten. Dass bei diesem Geschäft sämtliche Compliance-Richtlinien der Stadt mit Füßen getreten wurden, das gaben sogar die betroffenen Dienststellen in ihren Stellungnahmen zu.
Wartungsvertrag für mausetote Apps
Anzengrubers Lern-Apps gibt es längst nicht mehr: Wegen Datenschutz-Bedenken verfügte die Magistratsdirektion die sofortige Löschung. Die Stadt-Kohle in Höhe von 47.000 Euro ist futsch. Dafür existiert noch ein Wartungsvertrag für die mausetoten Apps, der mit 15.000 Euro jährlich dotiert ist. Das ist nur ein Aspekt aus dem bislang unter Verschluss gehaltenen Bericht des Stadtrechnungshofes über diese Vorgänge, der seit kurzem vorliegt und der ebenfalls am kommenden Donnerstag im Gemeinderat debattiert wird.
Enteignungspläne als Kontrapunkt
Dass Bürgermeister Anzengruber die aufsehenerregenden Enteignungspläne für Privatgrundstücke gerade jetzt auf die Tagesordnung einer Gemeinderatssitzung hievt, wird von so manchem Beobachter nicht als Zufall, sondern als Ablenkungsmanöver gedeutet. Eines, das sehr teuer werden könnte. Denn die Prozesslawine betroffener Grundeigentümer kommt so sicher wie das Amen im Gebet.
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