US-Regierung blamiert

Wilde Sicherheitspanne: Ist Inkompetenz strafbar?

Außenpolitik
25.03.2025 22:23

Kann Inkompetenz kriminell sein? Genau das will die Opposition in den USA nun untersuchen, nachdem die Trump-Regierung in einem zivilen Messengerdienst und in Anwesenheit eines Journalisten Kriegsszenarien durchgespielt hat. Der Vorfall sorgt aktuell für Fassungslosigkeit.

Es ist eine der größten Sicherheitspannen in der US-Geschichte. Hochrangige Regierungsvertreter fügten einen Journalisten in eine zivile Chatgruppe hinzu, um einen Angriff auf die Houthis im Jemen zu diskutieren. Der Reporter dokumentierte den Chatverlauf und offenbarte ein besorgniserregendes Sicherheitsverständnis der aktuellen US-Führung.

Der Minderheitsführer der Demokraten im Senat, Chuck Schumer, sprach auf der Plattform X von „amateurhaftem Verhalten“ und forderte eine umfassende Aufarbeitung.

US-Medien zitierten ihn mit den Worten, es handle sich um „eine der unglaublichsten Verletzungen“ militärischer Geheimnisse, die ihm je untergekommen sei. Ein Sprecher des Nationalen Sicherheitsrates, Brian Hughes, bestätigte, dass der Chatverlauf authentisch sei.

Vorgehen blamiert US-Politik
Üblicherweise gibt es strenge Regeln, wie die US-Regierung mit vertraulichen und streng geheimen Informationen umzugehen hat, die die nationale Sicherheit betreffen. Das gilt umso mehr für konkrete Pläne zu Militäreinsätzen im Ausland, da hierbei viele Leben auf dem Spiel stehen. Im Normalfall werden für die Kommunikation interne Kanäle verwendet oder der sogenannte „Situation Room“ im Weißen Haus genutzt. Die Signal-App, die in diesem Fall eingesetzt wurde, ist dafür nicht vorgesehen.

Journalist Jeffrey Goldberg, der aus unbekannten Gründen in die Gruppe aufgenommen wurde, beschreibt in seinem Artikel detailliert den Austausch zwischen den Beteiligten im Chat – mit exakten Uhrzeiten und Originalzitaten. Seine Anwesenheit blieb offenbar über mehrere Tage unbemerkt. Als die beteiligten Personen die ersten Explosionen im Jemen mit Bizeps-Emojis und Flammen-Symbolen feierten, saß Goldberg in seinem Auto auf einem Supermarktparklatz und rieb sich die Augen.

US-Verteidigungsminister Pete Hegseth muss unangenehme Fragen beantworten. (Bild: AFP/ANNABELLE GORDON)
US-Verteidigungsminister Pete Hegseth muss unangenehme Fragen beantworten.

Besonders peinlich: Ex-Fox-Moderator und US-Verteidigungsminister Pete Hegseth ließ seine Kollegen zuvor vollmundig wissen, dass „OPSEC“ im Chat sichergestellt sei. Also „operative Sicherheit“, um Dinge von besonderer Brisanz zu besprechen. Die Republikaner betonen nun, dass immerhin der Umgangston professionell gewesen sei. Für die Soldaten, die ihr Leben riskieren, ist das wohl ein schwacher Trost.

Wann ist Inkompetenz strafbar?
Der skurrile Vorgang könnte noch Gerichte beschäftigen. Hegseth soll zwei Stunden vor Beginn der Attacken am 15. März im Chat detaillierte Angaben zu Zielen, Waffensystemen und dem zeitlichen Ablauf der Operation gemacht haben. Die Gruppe diskutierte demnach sowohl die militärische Taktik als auch die politische Kommunikation rund um den geplanten Schlag.

Laut Bundesgesetz ist es eine Straftat, wenn eine Person durch grobe Fahrlässigkeit Informationen, die sich auf die nationale Verteidigung auswirken, preisgibt. Die Terminkalender der teilnehmenden Personen legen nahe, dass sie sich in der Öffentlichkeit bewegt haben, als sie über höchst sensible Dinge schrieben. Was, wenn jemand sein Handy verloren hätte?

„Es gibt keinen lebenden Offizier, dessen Karriere einen solchen Sicherheitsverstoß überleben würde. Normalerweise würde dies sofortige Konsequenzen nach sich ziehen (z.B. Entlassung aus dem Dienst), gefolgt von einer umfassenden Untersuchung und möglicherweise einer strafrechtlichen Anklage“, schrieb „New York Times“-Kolumnist David French, der als Jurist im US-Militär gedient hat.

JD Vance zieht über europäische Partner her
Der Chatverlauf zeigt zudem, wie sehr sich die Trump-Regierung mittlerweile von Europa entfernt hat. US-Vize JD Vance stellte die Notwendigkeit der Militär-Aktion infrage. Seine Begründung: Wenn der Suezkanal von den Houthis befreit wird, würde das vor allem europäischen Handelsschiffen helfen. Er sei sich nicht sicher, ob Trump verstanden hätte, wie sehr dies im „Widerspruch zu seiner derzeitigen Botschaft“ über Europa steht.

„Ich hasse es einfach, Europa wieder aus der Patsche zu helfen“, so Vance. Hegseth pflichtete ihm bei: „VP, ich teile deine Abscheu gegenüber dem europäischen Trittbrettfahren in jeder Hinsicht. Es ist ERBÄRMLICH.“ In einer ersten Reaktion ruderte Vance zurück. Er hätte die außenpolitische Kompetenz seines Chefs „natürlich“ nie angezweifelt. Seine Abneigung gegenüber Europa entschärfte er wiederum nicht.

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Wenn das leakt, sehen wir zögerlich aus.

(Bild: AFP/ANNABELLE GORDON)

Pete Hegseth

Diskussionen soll es auch über den Zeitpunkt der Attacke gegeben haben. Vance plädierte dafür, die Operation und Trumps Anweisung, die Handelsroute am Roten Meer zu „säubern“, einen Monat aufzuschieben. Es würde mehr Zeit benötigen, der Öffentlichkeit den Schritt zu erklären – und die Vorgängerregierung für die Houthi-Blockade am Roten Meer zu diskreditieren. Schlussendlich entschied man sich für das Bombardement, bei dem mehr als 50 Personen gestorben sein sollen.

„Wenn das leakt, sehen wir zögerlich aus“, begründete ironischerweise Hegseth den Schritt. Dann flogen amerikanische Bomben auf den Jemen. 

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