Entlarvende Chats

„Erbärmlich“: So sehr verachtet Washington Europa

Außenpolitik
25.03.2025 17:13

Ein schwerwiegendes Sicherheitsleck innerhalb der US-Regierung hat nicht nur heikle Militärgeheimnisse offengelegt, sondern auch schonungslose Aussagen über Europa ans Licht gebracht. US-Verteidigungsminister Pete Hegseth (44) und Vizepräsident JD Vance (40) ließen in einer Chatgruppe tief blicken – und offenbarten eine Haltung, die in Europa für Entsetzen sorgt.

Hegseth hatte in einer nicht-gesicherten Chatgruppe militärische Details über geplante US-Angriffe auf die jemenitische Huthi-Miliz geteilt. Neben hochrangigen Regierungsvertretern befand sich dort auch versehentlich Jeffrey Goldberg, Chefredakteur des Magazins „The Atlantic“, der den Chatverlauf später enthüllte.

Vance: „Ich teile Ihre Abscheu“
Noch brisanter als das Sicherheitsleck selbst: Die Kommunikation zwischen Hegseth und Vance zeugt von einer wachsenden Distanz der US-Regierung zu Europa. In der Diskussion über die Militärstrategie schrieb Vance: „Ich hasse es einfach, Europa schon wieder aus der Patsche zu helfen.“ Hegseth stimmte zu: „Ich teile Ihre Abscheu gegenüber der europäischen Trittbrettfahrerei voll und ganz. Es ist ERBÄRMLICH.“

USA sieht Europa als ideologische Bedrohung
Die Äußerungen werfen ein Licht auf die Haltung der Trump-Regierung gegenüber Europa. Die transatlantische Allianz, einst ein Grundpfeiler der US-Außenpolitik, scheint zunehmend an Stellenwert zu verlieren. „Die Trump-Regierung sieht Europa nicht nur als Konkurrenten, sondern auch als wirtschaftliche und ideologische Bedrohung“, analysierte Nathalie Tocci, Direktorin des italienischen Instituts für Internationale Angelegenheiten, in der „New York Times“.

US-Vizepräsident JD Vance hält mit seiner Meinung zu Europa ohnehin nicht hinter dem Berg – nun untermauern dies auch interne Chats. (Bild: AFP/TING SHEN)
US-Vizepräsident JD Vance hält mit seiner Meinung zu Europa ohnehin nicht hinter dem Berg – nun untermauern dies auch interne Chats.

Auch Donald Trump selbst hat in der Vergangenheit kein Geheimnis aus seiner Skepsis gegenüber Europa gemacht. „Die Europäische Union wurde gegründet, um die Vereinigten Staaten zu ärgern“, soll er in einer Kabinettssitzung gesagt haben. Der Handelsstreit mit der EU und seine ständige Forderung nach höheren NATO-Militärausgaben haben bereits zu Spannungen geführt. Nun liefern die geleakten Chat-Nachrichten einen neuen Beweis für das zunehmend angespannte Verhältnis.

Trump und Hegseth wiegeln ab
US-Präsident Donald Trump spielte das Datenleck herunter. „Ein Ausrutscher“, sagte er in einem Interview mit NBC. „Der einzige in zwei Monaten.“ Hegseth, der sich gegenüber Reportern in Hawaii zu den Vorwürfen äußerte, bestritt den Bericht des „Atlantic“ vehement: „Niemand hat Kriegspläne getextet.“ Stattdessen attackierte er Goldberg persönlich als „betrügerischen und diskreditierten sogenannten Journalisten“.

Goldberg hielt dagegen und bekräftigte gegenüber CNN: „Nein, das ist eine Lüge. Er hat Kriegspläne im Chat geschrieben.“ Der Sprecher des Nationalen Sicherheitsrats, Chris Hughes, bestätigte die Authentizität des Chatverlaufs als „höchstwahrscheinlich echt“.

Europa muss selbst auf die Beine kommen
Die Enthüllungen zeigen, dass sich die USA unter Trump weiter von Europa abwenden. „Mehr als die Hälfte der Europäer hält Donald Trump mittlerweile für einen Feind Europas“, berichtet „Politico“. Die Denkfabrik „European Council on Foreign Relations“ sieht die Situation pragmatisch: Europa sei für Trump schlicht geopolitisch bedeutungslos.

Ob sich das verändert, liege nicht an den USA, sondern an den Europäern selbst. Die Herausforderung: mehr Eigenständigkeit in Verteidigungspolitik und Wirtschaft – und ein geeinter Kurs in einer Welt, in der die USA ihren einst engsten Verbündeten immer weiter distanzieren.

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