Vor dem Final 4 der Austrian Women’s Hockey League ab Freitag in Linz bat die „Krone“ Antonia Matzka (26) zum Talk über Frauen-Eishockey und bekam von der 26-Jährigen, die im Rahmen einer Kampagne für mehr Sichtbarkeit des Frauensports kämpft, teils regelrecht Desillusionierendes zu hören.
„Krone“: Frau Matzka, ehe wir über die Sichtbarkeit von Frauensport und darüber reden, warum für Sie ein Sieg, den keiner sieht, eine Niederlage ist: Was war bisher Ihr größter sportlicher Erfolg?
Antonia Matzka: Individuell oder auf Team-Ebene?
Egal!
Ich bin seit 2015 Teil des Eishockey-Frauen-Nationalteams, habe acht oder neun Weltmeisterschaften gespielt und drei Olympia-Qualifikationen.
Wie würden Sie sich als Spielerin charakterisieren?
Als aggressive Verteidigerin, die sich auch an der Offensive beteiligt.
Stichwort aggressiv! Wie physisch betont ist Eishockey bei Frauen?
Schon sehr, auch wenn es bei uns weniger Fight’s gibt.
Aber es gibt sie!
Ja, aber kaum! Trotzdem ist die Physis auch bei uns in wichtiger Teil des Spiels, das kommt bei uns immer mehr. In den Ligen in Schweden und Amerika sind nun auch Checks erlaubt.
In Österreich ist das aber noch nicht der Fall!
Noch nicht, auch wenn mit viel Körperkontakt gespielt wird.
Ist es im Kampf um Gleichstellung nicht ein Nachteil, dass Männer und Frauen nicht dieselben Regeln haben?
Das Problem ist eher, dass Frauen-Eishockey deshalb anders betrachtet wird und es gleich heißt, die kämpfen gar nicht. Deshalb wird die Regel-Änderung auch aktiv gefördert. Ich finde gut, dass sie kommt. Umgekehrt sehe ich im Ist-Zustand nichts Negatives – wir können dafür spielerisch andere Qualitäten zeigen.
Viele meiner Tage dauern aufgrund von Arbeit und den Trainings von 6.30 Uhr in der Früh bis Mitternacht.
Antonia Matzka über die hohe Belastung
Wie reagiert eigentlich Ihr Umfeld, wenn Sie erzählen, dass Sie Eishockey spielen?
Oft überrascht und verwundert. Manche sagen dann: ,Boah, du hast ja noch alle Zähne!’ Viele scheinen auch genaue Vorstellungen zu haben, wie eine Frau, die Eishockey spielt, auszusehen hat. Aber viele finden es dann cool, wenn ich davon erzähle.
Obwohl laut Ihnen viele Ihrer Erfolge unsichtbar sind – sprich: Ihre Leistungen öffentlich nicht wahrgenommen werden. Was Sie im Rahmen einer win2day-Kampagne für Frauensport als Niederlage bezeichnen!
Es ist einfach schade, wie viel Arbeit und Leidenschaft meine Kolleginnen und ich in den Sport stecken, dies aber keiner mitkriegt. Wie professionell wir sind, dafür aber kein Geld bekommen. Wir nehmen Sport so ernst wie das Nationalteam der Männer, arbeiten teils härter, aber wir sitzen am Tag vorm Match in der Kabine und reden, wie viele Zuseher kommen könnten. Da heißt es dann, von mir kommen drei Freunde, von mir der Cousin und dass wir deshalb vielleicht auf hundert Zuseher kommen könnten.
Haben es Frauen in der klassischen Männerdomäne Eishockey noch schwieriger?
In anderen Sportarten ist es auch schwer, im Fußball vielleicht etwas besser, weil da kommen die Rapid-Fans auch mal, um die Rapid-Frauen zu sehen. In Wahrheit hat es aber keine Frauensportart leicht, Aufmerksamkeit zu erhalten.
Wie sieht bei Ihnen ein typischer Tag aus?
Um 6.30 Uhr aufstehen, dann geht’s für 1:15 Stunden in die Kraftkammer, von dort fünf bis acht Stunden in die Arbeit. Am Abend von Wien mit dem Zug nach St. Pölten zum Training. Vor dem wir oft Video-Analysen oder Taktik machen. Von 21 bis 22.30 sind wir am Eis, danach geht’s zurück.
Die Schläger mussten wir uns nicht kaufen – aber ich finanziere mir das Klimaticket zum Training und die ganze Ausrüstung.
Antonia Matzka über den für den Sport nötigen finanziellen Aufwand
Wann sind Sie dann daheim?
Um Mitternacht! Aber natürlich ist nicht jeder Tag so. Nach zwei solchen Tagen brauch’ ich immer einen ruhigeren.
Erhalten Sie für das eine Aufwandsentschädigung?
Nein, aber wir haben seit dieser Saison erstmals einen Essenssponsor, der uns Mahlzeiten für die Auswärtsfahrten bereits stellt.
Das heißt, Sie sind Teamspielerin, gehen aber auch arbeiten, um sich den Sport leisten zu können!
Wir mussten uns zwar heuer die Schläger nicht selbst kaufen, aber ich finanziere das Klimaticket für die Fahrt zum Training und zurück und bezahle auch die ganze Ausrüstung.
Wir können die Ausrüstung nach dem Training nicht zum Trocknen aufhängen, ziehen sie am nächsten Tag meist noch feucht an.
Antonia Matzka über die Infrastruktur ihres Vereins
Dazu kommt, dass ihr nicht einmal richtige Kabinen habt.
Wir haben schon Umkleiden, müssen die aber täglich räumen. Deshalb gibt’s zur Lagerung der Ausrüstung nur einen abgesperrten Bereich. Der so klein ist, dass wir unsere feuchte Ausrüstung nicht einmal zum Trocknen aufhängen können. Wir geben sie in Taschen und ziehen sie am nächsten Tag meist noch feucht an, da der Lagerraum nicht beheizt ist.
Für alle, die wissen, wie verschwitzt die Schutzausrüstung ist, für den klingt das schlimmer als schlimm!
Wir schauen aber, dass wir immer etwas früher beim Training sind, damit unsere Sachen in der Kabine Zimmertemperatur kriegen.
Apropos kriegen: Gibt es in Österreich Spielerinnen, die auch Geld bekommen?
Ja! Einige, ein bisschen etwas. Es kommt darauf an, bei welchem Klub sie spielen. Bei uns bekommen die Kanadierinnen ein Taschengeld und dazu eine Wohnung zur Verfügung gestellt.
Sie sagten kürzlich auf KroneTV, dass Sie sich das alles auch deshalb antun, um es den nächsten Spielerinnen-Generationen einfacher zu machen.
Das stimmt absolut! Dennoch gehe ich nicht davon aus, dass in den nächsten fünf Jahren eine Frau in Österreich vom Eishockey leben kann. Das werden auch dann weiter nur Männer können.
Kommentare
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