Die landesweiten Proteste in der Türkei weiten sich aus. Hunderttausende sind bereits auf die Straße gegangen, mehr als 1400 Menschen festgenommen worden. „In jede Stadt, in die wir kommen, werden wir die größten Kundgebungen in ihrer Geschichte abhalten“, sagte der Chef der Partei CHP, Özgür Özel.
Die Proteste würden so lange fortgesetzt, bis entweder vorgezogene Präsidentschaftswahlen angesetzt würden oder Istanbuls Ex-Bürgermeister Ekrem Imamoglu aus dem Gefängnis entlassen werde. Der Glaube an Imamoglu und an die Demokratie werde die Demonstrationen gräßer und stärker machen. Er sei verhaftet worden, um zu verhindern, dass er der nächste Präsident der Türkei werde.
Tatsächlich gilt Imamoglu als Erdogans potenziell aussishctsreichster Herausforderer bei der Präsidentschaftswahl in drei Jahren. Er wurde am 19. März wegen Korruptions- und Terrorvorwürfen festgenommen und am Sonntag als Bürgermeister abgesetzt. Imamoglu bestreitet die Vorwürfe und wirft der Regierung politische Motive vor.
Viel Frust bei jungen Menschen
Getragen werden die Proteste vor allem von jungen Menschen. Studentinnen und Studenten organisieren sich zum Beispiel über Telegram-Gruppen und boykottieren Vorlesungen. Viele beklagen eine immer schlechter werdende Qualität an den Universitäten, die die Regierung gegründet hat und deren Rektorinnen und Rektoren Präsident Recep Tayyip Erdogan auswählt. Kritisiert werden eine Günstlingswirtschaft und fehlende Chancengleichheit.
Zudem sorgen Erdogans konservative Kulturpolitik und eine Wirtschaftskrise für Unmut. Die Inflation in der Türkei lag im Februar bei knapp 40 Prozent. Seit Jahren wandern hoch qualifizierte Fachkräfte wie Ärztinnen und Ärzte aus.
Unter die Protestierenden mischen sich aber auch viele ältere Menschen, die das Land noch ohne Erdogan kennen. Er regiert seit 2003, zunächst als Ministerpräsident. „Kann man sein Leben mit nur einem Mann verbringen?“, ist immer wieder zu lesen. Laut Politikwissenschaftlerinnen und Politikwissenschaftlern ist der Präsident durch keine Gewalt im Staat mehr zu stoppen.
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